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Arbeit und Dienst statt Karriere

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Der Papst ge it aber weit über die Wünsche des Konzils hinaus:

• Er stärkt den Einfluß der Bischofskonferenzen: alle von dort kommenden Äußerungen müssen unverzüglich behandelt und beantwortet werden (Art. 8).

• Die Berichte der Bischöfe über den Stand der Diözesen müssen so schnell wie möglich untersucht und beantwortet, die dort enthaltenen Daten dem Statistischen Amt mitgeteilt werden.

• Von den Inhabern von Kurienämtern wird nicht nur Sachverständnis, sondern auch Integrität der Lebensführung, echte Frömmigkeit und absolute Uneigennützigkeit verlangt. Ämterhäufung wird grundsätzlich ausgeschlossen. Das Strebertum wird ausgerottet, denn eine Berufung in die Kurie ist Dienst, nicht Beginn einer Karriere. Aus der Berufung auf einen bestimmten Posten ist kein Recht auf Beförderung abzuleiten.

• Die wichtigste Bestimmung ist schließlich die Begrenzung aller Kurienämter — sowohl der Mitgliedschaft der Kardinäle in den Kongregationen wie auch der Amtsdauer der Sekretäre und der Dauer der Berufung der Konsultoren — auf fünf Jahre; sie kann dann allerdings jeweils um weitere fünf Jahre verlängert werden. Diese Bestimmung bringt der Kurie nicht nur durch die periodische „Rotation“ der Mitglieder ständig „frisches Blut“, sondern löst auch auf elegante Weise das

vieldiskutierte Problem der Altersgrenze.

• Schließlich gibt der Papst jedem I seiner Nachfolger die Möglichkeit, ! eine „Wachablösung“ durchzuführen und Männer seiner Wahl an die Kurie zu holen, denn künftig erlöschen alle Kurienämter beim Tod eines Papstes und müssen vom neuen Papst innerhalb von drei Monaten nach seiner Wahl neu be- '. stätigt werden.

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Neue Namen tragen geänderten Verhältnissen Rechnung

Auf der zweiten Ebene, den speziellen Vorschriften für die einzelnen Kurienämter, konnte Paul VI. den ' unter dem Stichwort „Zahl“ verbor- . genen Wunsch des Konzils nach einer Verringerung nicht erfüllen. Man dachte zwar anfangs an eine ! drastische Reduzierung, doch ist man angesichts der Fülle und der Vielschichtigkeit der anfallenden Arbei- j ten wieder davon abgekommen. So ist zwar die Zahl der Kongregationen von zwölf auf neun zurückgegangen, doch haben nur zwei als Kongregationen aufgehört zu bestehen: die Zeremonialkongregation, die in der neugeschaffenen Präfektur : des Apostolischen Palastes aufgegangen ist, und die Kongregation der ] Dombauhütte von St. Peter, die nun i des sicher zu hoch gegriffenen Titels einer Kongregation entkleidet wurde und als „einfache“ Dombauhütte weiterbesteht. Die dritte, die Kongregation für die außerordentlichen

Angelegenheiten der Kirche, mit ihrem Amtsapparat bisher in der 1. Sektion des Staatssekretariats verankert, besteht als „Rat für die öffentlichen Angelegenheiten der Kirche“ weiter. Sie ist das eigentliche „Außenministerium“ des Papstes, das sich um die Beziehungen zu den Regierungen und um die,unerläßlichen diplomatischen Beziehungen kümmern wird. Völlig verschwunden sind nur einige kleinere Büros, wie die Apostolische Datarie, die Brevenkanzlei (bisherige 3. Sektion des Staatssekretariats), die Büros für die Breven an die Fürsten und für die lateinischen Briefe. Auch den Wunsch des Konzils

nach treffenderen Bezeichnungen ha1 Paul VI. durch zahlreiche Namensänderungen weitgehend erfüllt. So beschäftigt man sich nun nicht mehr mit „außerordentlichen Angelegenheiten“, sondern mit „öffentlichen Angelegenheiten“. Die Ostkirchenkongregation ist nicht mehr nur „für die orientalische Kirche“ allgemein, sondern „für die orientalischen Kirchen“ zuständig, eine Namensänderung, die auch dem Wunsch nach Berücksichtigung der Riten entspricht. Konsistorialkongregation und Konzilskongregation haben Namen bekommen, die das umreißen, was dort getan wird: Kongregation für die Bischöfe beziehungsweise für den Klerus. Bei der Kongregation für die Ordensleute kommt auch die Erweiterung der Zuständigkeit in dem Namenszusatz „und für die Säkularinstitute“ zum Ausdruck. Nicht ganz verschwunden, doch wenigstens in eine zweitrangige Stellung zurückgedrängt, ist der bei vielen Nicht-katholiken Unbehagen verursachende Name der „Propaganda Fide“; sie heißt nunmehr „Kongregation für die Evangelisation der Völker“ und erst in zweiter Linie „oder für die Glaubensverbreitung“.

Die inneren Strukturen der Kongregationen wurden vereinheitlicht; an der Spitze aller Ämter steht ein Kardinalpräfekt, dem ein Sekretär und ein Untersekretär unterstehen; der Papst erscheint nicht mehr als Präfekt einer Kongregation, und infolgedessen sind die Propräfekten verschwunden. Wo die Beschaffenheit der Arbeiten es erforderlich machte, sind die Ämter in „Sektionen“ oder „Büros“ untergliedert worden. Dies wird besonders deutlich in der Ritenkongregation, vor allem in deren Sektion für die Kanonisationsprozesse; von der dort durchgeführten umfassenden Reorganisation erhofft man sich eine wesentliche Beschleunigung für die Abwicklung der Aktenberge.

Ein modernes Regierungssystem

Besondere Aufmerksamkeit

schenkte der Papst auch der vom Konzil gewünschten seelsorglichen Ausrichtung, am deutlichsten erkennbar in der Kongregation für den Klerus, die sich fortan sowohl um die Hebung der Spiritualität der Priester und das Funktionieren der Priesterräte als auch um die Hebung des Niveaus der Verkündigung, um Initiativen für den Religionsunter-

rieht für alle Schichten und Altersstufen und um die Seelsorge sowohl bei der Arbeit wie in der Freizeit (Tourismus, Sport, Erholung usw.) kümmern solL Auch das leibliche Wohl der Priester ist nicht vergessen: ein eigenes Büro der Kleruskongregation wird sich um die Besoldung der Priester sowie um die Schaffung von Kranken- und Inva-lidenversicherungen und Pensionskassen kümmern.

Auch auf dem Gebiet der speziel len Vorschriften für die einzelnen Kongregationen ist der Papst weit über die Wünsche des Konzils hinausgegangen, als er in der Ansicht, die Leistunsfähigkeit seines Regierungsapparates zu stärken, drei neue Organe errichtete. Uberragende Bedeutung kommt dabei der neuen Wirtschaftspräfektur zu, die endlich einen Überblick über die gesagte Wirtschaftslage des Heiligen Stuhls bringen wird. (Ob auch für die Öf-

fentlichkeit, ist sehr fraglich.) Sie tritt nicht an die Stelle der bishe: bestehenden Administration des Heiligen Stuhls, sondern ist ihnen übergeordnet, faßt deren Geschäftsbericht in einer Generalbilanz zusammen und trägt Sorge für ein seriöses Geschäftsgebaren. Eine Bedeutung eigener Art wird das neue Statistische Büro erlangen, eine Neugründung, mit der der Vatikan seine Entschlossenheit zur Modemisieruni unter Beweis stellt, ist doch schor seit geraumer Zeit ein größeres Unternehmen ohne eine ähnlich« Einrichtung nicht mehr denkbar. Es ist zu wünschen, daß dieses Orgar auch die breite Öffentlichkeit mit regelmäßigen Informationen übel die Situation der Kirche auf den laufenden hält. Von der dritter Neuschöpfung schließlich, dem als 2. Sektion bei der Apostolischer Signatur errichteten Verwaltungsgerichtshof erwarten sich die Fachleute — ähnlich wie vom Verwaltungstribunal des Konzils, das ihn als Vorbild diente — auf innerkirch-lichem Gebiet segensreiche Auswirkungen.

Zusammenfassend darf man feststellen, daß Paul VI. mit der Konstitution „Regimini Ecclesiae“ sich und der Kirche ein modernes, leistungsfähiges Regierungsinstrumenl geschaffen hat. Es ist am Vorbild moderner Staatsführungen orientierl und weist zahlreiche Parallelen mit diesen auf: Vom „Päpstlichen Sekretariat“, einer Art „Präsidialamt“, angefangen, über das „Außenministerium“ (Rat für die öffentlichen Angelegenheiten), die verschiedenen „Ministerien“ (Kongregationen), und den Obersten Rechnungshof (Wirt-schaftspräfektur) bis hin zur Geschäftsordnung, bei der vor allem die zeitliche Begrenzung der Ämter und die etwa als „Kabinettssitzungen“ zu bezeichnenden Versammlungen der Kurienpräfekten beim Kardinalstaatssekretär herausragen.

Es beginnt nun eine Zeit des „Namensratens“: Wen wird der Papst für die erste Fünfjahres-periode in die Kurienämter berufen? Große Überraschungen dürften dabei ausgeschlossen sein, denn nirgends steht, daß die bisheringen Ämter beim Inkrafttreten der Konstitution erlöschen. Es sei denn, daß sich das Gerücht bewahrheitet, alle Kurienpräfekten würden dem Papst zum Ende dieses Jahres ihren Rücktritt anbieten.

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