Archäologie: Ausgrabungen in Niederösterreich
In Carnuntum, Mautern und bei Ruprechtshofen wurden in den letzten Jahren wertvolle Ergebnisse über die Lebensweise unserer Vorfahren gewonnen.
In Carnuntum, Mautern und bei Ruprechtshofen wurden in den letzten Jahren wertvolle Ergebnisse über die Lebensweise unserer Vorfahren gewonnen.
An drei Stellen konnten im vergangenen Jahre in Niederösterreich durch Ausgrabungen wertvolle neue Ergebnisse über die Vergangenheit unserer Heimat und die Lebensweise unserer Vorfahren gewonnen werden. Daß dies bei der sorgenvollen und schweren Lage unserer Heimat möglich war, verdankt die Wissenschaft nicht nur der staatlichen Unterstützung, sondern auch der Hilfe von privater Seite. Carnuntum, die alte Römerfeste östlich von Wien, Mautern bei Krems und die kleine Rotte Koth bei Ruprechtshofen waren die Schauplätze der Grabungstätigkeit des österreichischen Archäologischen Instituts in Niederösterreich.
In Carnuntum wurde das erste Amphitheater zwischen Petronell und Deutsch-Altenburg, das bereits zur Zeit der Monarchie durch A. Hauser aufgedeckt worden war, einer neuerlichen Untersuchung unterzogen. Die nicht unbeträchtlichen Kosten der sechs- und dreißigtägigen Grabung wurden von Dipl.-Ing. L. Klima getragen. Neben einer genauen Grundrißaufnahme wurden auch die Fundamente der einzelnen Mauern aufgegraben und auf ihre Tragfähigkeit untersucht. Durch Profilschnitte wurden die Niveauverhältnisse vor und nach Errichtung des Steinbaues festgestellt. Alle diese Arbeiten zielten darauf ab, die Grundlagen für eine vollständige Rekonstruktion des Baues zu schaffen.
Diese Rekonstruktion; von Dipl.-Ing. Klima ausgeführt, liegt jetzt vor. Als wichtigstes Ergebnis sei hervorgehoben, daß der Bau entgegen der bisherigen Annahme auf Grund einer genauen Konstruktion der antiken Techniker errichtet worden ist. Auch in der schwierigen Frage des Aufbaues, der Zugangsmöglichkeiten konnte Klarheit geschaffen werden. Als erfreulichstes Nebenergebnis ist aber die Feststellung des vor Errichtung des Steinbaues bestehenden Holzamphitheaters , zu verzeichnen. Aus Vitruvs „De architectura” (X, praef. 3), dem antiken Handbuch für Architektur, wissen wir, daß ursprünglich zur Befriedigung der Schaulust hölzerne Bauten in amphitheatralischer Form errichtet wurden. Bisher war es aber noch nicht möglich gewesen, Überreste von solchen nachzuweisen.
Im Nordteil des Amphitheaters gelang es nun, ungestörte Lagerung anzutreffen. Wir fanden außerhalb der Caveamauer die antike Oberfläche und innerhalb des Zuschauerraumes des Steintheaters den rampenartigen Auf- und Zugang des Holzbaues, der zur Höhe des unteren Umganges geführt hat. In bestimmten Abständen von 3,2 Meter fanden wir die Pfostenlöcher, in denen einst die Piloten gesteckt haben, die das Holzgerüst trugen. Eine mächtige Aschenschicht lag über dieser Rampe, sie stammt vom Holzaufbau, als dieser in den Wirren der Märkomannenkriege (168 bis 180 n. Chr.) abbrannte und sich die Asche und der Schutt über die Rampe lagerten.
Die Funde sind so eindeutig, daß auch eine Gesamtrekonstruktion ausgeführt werden konnte. Sie zeigt einen Holzbau, dessen Außenhöhe 11,5 Meter betrug. Unter dem optimalen Sehwinkel von 30 Grad stiegen von der Höhe der inneren Caveamauer sechzehn Sitzreihen nach oben. Rund um die ovale Arena führte in 3,5 Meter Höhe ein etwa 1,90 m breiter Umgang, dem nach der 16. Sitzreihe ein gleich breiter entsprach. Als Gerüst ist ein doppeltes Hängfewerk als wahrscheinlich anzunehmen.
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