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Arzt und Christ

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Die vor mehr als zehn Jahren gegründete Zeitschrift „Arzt und Christ”, die sich einer wenn auch zögernden, so doch unaufhaltsam zunehmenden Verbreitung erfreut, stellt sich der Kritik. Die Frage, ob es notwendig war, die Zeitschrift zu gründen, kann man jetzt schon bejahen. Ein paar Ärzte und Theologen wagten es, einen Acker zu bestellen, der bis dahin brach lag. Man dachte natürlich nicht daran, nur jene Ärzte anzusprechen, die als „christliche Ärzte” ohnehin in vorderster Front stehen, oder diejenigen, die politisch engagiert oder studentisch gebunden ihren Beruf ausüben. Man suchte von Anfang an klar herauszustellen, daß die richtige Beziehung dann hergestellt ist, wenn der einzelne beides — Arzt und Christ — ganz ist. Mit anderen Worten, der möglichst tüchtige Arzt und der möglichst treue Christ sollen eins werden. Eine Aufgabe, die vieler Helfer bedarf. Die großen Lehrer der Zeit müssen dazu im Rahmen der besonderen Problematik zu Wort kommen. Die Schriftleitung muß es verstehen zuständige Autoren zu veranlassen, ihre Gedanken auszusprechen.

Es war ferner von allem Anfang an gefordert, die Grundsatztreue mit einer zeitgemäßen Offenheit zu verbinden und immer mit beiden Füßen im Leben zu stehen. Auch galt es, mehrere beklagenswerte Lücken zu schließen. Denn weder der Student noch der Arzt erfahren irgendeinen Unterricht in der allgemeinen Lehre vom Menschen, der Anthropologie. Die gänzlich unvergleichbare Situation des ärztlichen Berufes wird nach wie vor ungenau gesehen, und die Ärzte selbst sind in überwiegender Mehrzahl immer noch der Ansicht, sie praktizierten eine angewandte Naturwissenschaft allein. Natürlich ist es Pflicht des modernen Arztes, ein Höchstmaß naturwissenschaftlicher Kenntnisse zu erstreben, er hat’ aber genauso für eine größtmögliche Schulung in der Erfassung seelischer Belange zu sorgen.

Die Lehre von einer „natürlichen” mit dem Wesen des Menschen verbundenen Ethik nicht nur in Bruchstücken und mühsamer Kleinarbeit, sondern als Ganzheit zu erfahren, wird dem werdenden Arzt nicht mitgegeben. Daß diese Ethik auch noch zu einer spezifischen ärztlichen Ethik durchgeformt werden muß, bedeutet einen weiteren, durchaus nicht selbstverständlichen Schritt. Schließlich sollen alle Ärzte aufgefordert werden, dies alles in lebendiger und moderner Weise mit der Lehre des Christentums zu konfrontieren. Neben diesen grundsätzlichen Aufgaben von „Arzt und Christ” sind noch andere zu erwähnen: Eine Berichterstattung der Zeitereignisse, ich möchte sagen: ein Sammeln jener Früchte, die so verstreut geerntet werden, daß der einzelne nie in der Lage ist, von dieser Ernte zu profitieren. Ferner geht es um die Bereitstellung eines „Vademecums” für alle Interessenten; es ist ganz erstaunlich, welch vielseitige Verwendbarkeit diese Jahrgänge für jeden haben, der Unterlagen für Vorträge, Kurse und eigene Arbeiten benötigt.

Innerer Reichtum

Es sei erlaubt, aus dem Inhaltsverzeichnis der ersten zehn Jahrgänge einigle Titel zu nennen. Schon beim, Durchlesen dieses Inhaltsverzeichnisses muß man staunen, wie aktuell einzelne Themen sind und auch bleiben werden, wie „Arzt und alternder Mensch”, „Der Hausarzt” oder „Grenzen ärztlicher Entscheidungen”, „Moderne Arbeit und menschliche Gesundheit”, „Medizin und Kybernetik”. Neben diesen mehr allgemeinen Problemen sind viele spezielle Fragen behandelt, wie die „Geplante Elternschaft”, „Die künstliche Befruchtung”, „Die Schweigepflicht des Arztes”, „Sucht und Seligkeit”, „Medizin und Wunder”, „Uber den Schmerz”. Dann gibt es Arbeiten aus den Grenzgebieten zwischen Theologie, Philosophie und Medizin, wie „Das Gewissen im ärztlichen Raum”, „Der Arzt als Erzieher”, „Ordnung des Lebendigen”, „Die personelle Medizin”, „Der medizinische Eingriff und die ärztliche Aporie”. Schließlich muß man Hefte hervorheben, die sozusagen einen Liebhaberwert darstellen, wie das über „Die ärztlichen Gelöbnisse”. In jedem Heft findet man auch noch Rubriken über das aktuelle Buch, Tagungsberichte, Zuschriften und Referate über wichtige Ereignisse. Ich glaube auch annehmen zu können, daß durch eine Zeitschrift von solchem Format eine Gemeinde gebildet wird, die keinen anderen Bindungen folgt, als Leser von „Arzt und Christ” zu sein.

Schriftleitung und Herausgeber waren sicher nicht imstande, in diesen Jahren aus kleinen Quellen große Ströme zu formen. Man hat aber den bestimmten Eindruck, daß der Weg richtig ist und daß man der Zeitschrift aus aufrichtigem Herzen einen weiteren Aufstieg wünschen muß. Für Tausende von Ärzten wäre es schon im Sinne einer erweiterten Standesbildung wertvoll, sich mit „Arzt und Christ” regelmäßig auseinanderzusetzen.

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