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Auf dem Wege zur Einheit

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So merkwürdig es klingen mag: Die dritte Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Minneapolis ist ein Meilenstein auf dem Wege der Christenheit zu der im apostolischen Glaubensbekenntnis geglaubten und bekannten Einheit. Der Lutherische Weltbund hat sich auch in Minneapolis zu der Oekumene bekannt. Für ihn ist der Glaube an die eine heilige christliche Kirche keine leere Formel, sondern eine im Glauben erfaßte Wirklichkeit und darum eine heilige Verpflichtung für das Leben und Handeln der Kirche. Aber eben gerade deshalb nimmt er es ernst mit der Zusammenfassung der lutherischen Kirchen zu einer großen Familie. Sich auf die Eigenart und auf die besondere Aufgabe des Luthertums zu besinnen, war der Sinn auch der 3. Vollversammlung des Lutherischen. Weltbundes in Minneapolis in Minnesota.

Die Tagung in Minneapolis konnte auf zehn Jahre gemeinsamer Besinnung und Arbeit zurückschauen. In Lund in Schweden wurde 1947 nach dem losen Verband, den durch Jahrzehnte die Lutherische Weltkonvention

dargestellt hatte, der seine Mitgliedkirchen straffer zusammenfassende Lutherische Weltbund gegründet. Dr. Nygren, damals Professor an der berühmten Lunder theologischen Fakultät, heute der Bischof der Diözese Lund, wurde der erste Präsident. — Lund hat dem Lutherischen Weltbund seine Verfassung geschenkt. Die 2. Vollversammlung in Hannover im Jahre 1952 bestätigte die inzwischen erfolgte Aufgliederung in eine Reihe wichtiger Arbeitsgebiete, so zum Beispiel die Lutherische Welthilfe, die theologische Abteilung, weitere Abteilungen, die sich mit Erziehung, mit der Jugend- und Studentenarbeit beschäftigen usw. Die Nachfolge des auf Grund der Verfassung zurückgetretenen Präsidenten Bischof Nygren übernahm der Landesbischof von Hannover, der eine der ökumenischen Persönlichkeiten der lutherischen und der protestantischen Kirchen überhaupt ist. Er war es vor allem, der in den fünf Jahren seiner Präsidentschaft dem Lutherischen Weltbund sein Gepräge gab: Seine konfessionelle Bindung, die der ökumenischen Weite diente, seinen festen Platz in der öku

menischen Bewegung und zuletzt die bewußte Zusammenfassung aller lutherischen Kirchen der Welt, die sich nicht nach dem Bekenntnis unterscheiden, sondern nur nach den Verhältnissen der Länder oder nach ihrem äußeren Aufbau oder nach der Herkunft der Mehrheit ihrer Glieder.

So gehören zum Lutherischen Weltbund, der mehr als 50 Millionen Lutheraner in sich vereinigt, die lutherische Kirche in Schweden, die Staatskirche ist und seit den Tagen der Reformation die kultischen Gewänder der alten Kirche beibehalten hat, ebenso aber die kleine Diasporakirche in Oesterreich, die sich dankbar ihrer presbyterial-synodalen Verfassung rühmt. Die Vielzahl der lutherischen Kirchen in Amerika ergibt sich einfach daraus, daß die aus dem lutherischen Schweden kommenden

Einwanderer und Siedler sich zur Augustana- Synode zusammenschlossen, während die Evangelisch-lutherische Kirche zumeist Glieder umfaßt, deren Vorfahren aus Norwegen kamen.

Die Hauptsäulen des Luthertums und darum auch des Lutherischen Weltbundes sind die' lutherischen Kirchen Deutschlands, des Mutterlandes der Reformation, die skandinavischen Kirchen von Island bis Finnland und die luthe- rischen Kirchen anf dem amerikanischen Kontinent, Wo die lütherische KifčFre nicht nur in den Vereinigten Staaten und Kanada stetig wächst, sondern auch in den südamerikanischen Staaten. Es entspricht daher nicht nur der Verfassung, sondern auch der großen Bedeutung des Luthertums in Amerika, wenn die 3. Vollversammlung einmütig den Präsidenten der Vereinigten Lutherischen Kirche in Amerika, Doktor Franklin Fry, für die nächsten fünf Jahre zum Präsidenten gewählt hat. Uns Oesterreicher freut dabei besonders, daß Präsident Fry 1955 von unserem Bundespräsidenten mit dem Großen Silbernen Ehrenzeichen mit Stern für Verdienste um die Republik Oesterreich ausgezeichnet wurde. Damit hat Bundespräsident Körner die großen Verdienste anerkannt, die sich der Lutherische Weltbund und in ihm vor allem die lutherischen Kirchen der Vereinigten Staaten um die Betreuung von durch den Krieg hilfsbedürftig gewordenen Oesterreichern und der nach Oesterreich gekommenen volksdeutschen Flüchtlinge erworben hat. In Minneapolis wurde der lutherischen Kirche in Oesterreich und damit zugleich dem Land und Volk Oesterreich der Dank für die große Hilfsarbeit an den nach Oesterreich geflüchteten Ungarn ausgesprochen.

Die Vollversammlung faßte die 700 Abgeordneten und offiziellen Besucher für zehn Tage zu einer wirklichen Arbeitsfamilie zusammen. Neben die Verhandlungen, die zu einer Vollversammlung gehören, Rechenschaftsberichte und Wahlen, traten fünf groß angelegte einführende Vorträge, v#a denen übrigens drei von deutschen Lutheranern gehalten wurden, und 20 Aussprachegruppen, die die Arbeit der Vortragenden weiterführten. Für die Tausende von Besuchern, die das große Auditorium der Stadt Minneapolis mit seinen mehr als 12.000 Sitzplätzen tag lieh füllten, gab es ausgezeichnete Abend Veranstaltungen, bei denen führende Männer nicht nur des Luthertums, sondern der ganzen Oekumene zu Worte kamen, wie Bischof Dibe lius, Dr. Vissert Hooft, Dr. von Thadden Trieglaff und andere. — Im Eröffnungsgottes dienst, an dem über 20.000 Menschen teil nahmen, predigte Bischof Ordass aus Budapest Am letzten Sonntag der Tagung fand vor dem Regierungsgebäude in St. Paul eine große feier liehe Schlußkundgebung statt, bei der an die 120.000 Teilnehmer gezählt wurden.

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