6783704-1970_03_09.jpg
Digital In Arbeit

Befriedung durch Falken?

Werbung
Werbung
Werbung

Die Politik von Sicherheitsminister Mosche Dayan in den besetzten Gebieten wurde mit Erstarken der arabischen Propaganda sowie mit dem Überhandgreifen der Terrororganisationen in den letzten Wochen und Monaten des öfteren von links und rechts angegriffen. Es handelt sich um politische Beschlüsse, die von dem ganzen israelischen Kabinett angenommen wurden und von General Mosche Dayan in seiner Funktion als Sicherheitsminister durchgeführt werden. Doch nehmen wir einmal die Tatsachen, wie sie von Dayan persönlich am 15. Dezember im israelischen Parlament, der Knesseth, veröffentlicht wurden.

Insgesamt wurden bisher 516 arabische Häuser seit dem Sechstagekrieg im Juni 1967 zerstört. 265 davon in Cis-Jordanien, 227 im Gazastreifen und 24 in Ost-Jerusalem und Umgebung. Von den letzteren wurden 14 nicht in die Luft gesprengt, sondern Fenster wie Türen völlig zugemauert, um eventuelle Beschädigungen der Nachbarhäuser zu verhüten oder auch, um weitere politische Komplikationen zu vermeiden. Die arabische Propaganda spricht von 7500 Häusern, die zerstört wurden, eine Zahl, die bestimmt übertrieben ist. Auf derselben Parlamentssitzung erklärte Ministerpräsident Golda Meir: „Die Politik der Demolierung von Häusern, in denen sich Terroristen aufhielten, wird auch weiter fortgesetzt werden. Die israelische Regierung ist immer noch fähig, festzustellen, ob es sich um friedliebende Bürger handelt oder um Terroristen und ihre Anhänger. Wir werden diese Politik nicht ändern...“

Die „offenen Brücken

Die Politik der Besetzung, wie sie durch Israel durchgeführt wird, hat sich seit dem Sechstagekrieg nicht

geändert. General Dayan schlug damals vor, die administrative Verwaltung weiterhin beizubehalten und die Brücken über den Jordan nach Jordanien offenzulassen, um auch, weiterhin die Kontakte zur arabischen Welt zu ermöglichen. Hier ist zu betonen, daß die administrative Verwaltung von den jordanischen

und ägyptischen Behörden eingesetzt wurde und diesen auch weiterhin verpflichtet ist. Teilweise handelt es sich um vornehme Familien, die Kontakte zum Königshaus in Jordanien haben oder zu Persönlichkeiten, die dem ägyptischen Regime besonders nahestehen.

Es zeigte sich, daß diese Politik nicht immer die richtige war. Durch die offenen Brücken kann- zwar Cis-Jordanien seine landwirtschaftlichen Produkte auch weiterhin an die arabischen Länder verkaufen, doch

dienen die Lastwagen, die das Gemüse befördern, des öfteren auch dazu, Waffen und Sprengstoff nach Israel einzuschleusen. Die freien Passagen in beiden Richtungen geben aber auch den Terroristen die Möglichkeit, von den Hauptquartieren in Jordanien aus Terroraktionen in Israel zu leiten. Doch General Mosche Dayan ist der Ansicht, daß trotz allem die Vorteile der Politik der offenen Brücken überwiegen und ihre Schließung nicht genügen würde, die für Israel ungünstigen Kontakte mit den arabischen Staaten völlig zu unterbrechen. Zu Beginn der israelischen Okkupation wurden viele arabische Stimmen in den besetzten Gebieten laut, die mit Israel kooperieren und einen arabischen Staat in Cis-Jordanien gründen wollten. Allerdings war es ihnen klar, daß Israel wenigstens für die nächsten Jahre eine militärische Präsenz an den strategisch wichtigen Punkten fordern würde. Der Kontakt mit Jordanien, Ägypten und Syrien, der durch die offenen Brücken gefördert wurde, ließ diese Stimmen schnell verstummen. Mordbuben wurden ausgesandt, um diese Sprecher mit dem Tode zu bedrohen. Einige wurden getötet, andere zogen es vor, zu verstummen, so wie sie zur Zeit König Husseins und Nassers geschwiegen hatten.

Zwei Seelen in seiner Brust Derselbe General Dayan, der die Demolierung von Häusern der Verdächtigten befiehlt, ist auch der Ansicht, daß man das Lebensniveau der besetzten Gebiete so schnell wie möglich heben muß. Gleich nach der Besetzung kamen israelische landwirtschaftliche Experten nach Cis-Jordanien und if>rp. Gazsstreifen und unterrichteten die Fellachen (Bauern) in der modernen Bestellung ihrer Felder. Schon heute konnte die Produktivität um 100 Prozent ver-

größert werden. Israel richtete auch manuelle Fachkurse für arabische Jugendliche ein. Beide Tatsachen zeigten sich so erfolgreich, daß die jordanische Regierung ihre Gewährsleute nach den besetzten Gebieten schickte, um den Israelis abzugucken, was man lernen kann. In vielen Dörfern in Cis-Jordanien wurden Wasserleitungen und elektrische Stromnetze gelegt. Dieselben Dörfer hatten vorher jahrelang vergebens auf beides gewartet. Traktoren und landwirtschaftliche Maschinen wurden von Israel in die besetzten Gebiete gebracht, und die chronische Arbeitslosigkeit wurde um vieles vermindert, nachdem bis heute bereits 20.000 Bewohner der besetzten Gebiete in Israel beschäftigt werden konnten. Die hohen israelischen Löhne führten dazu, daß viele ehemalige Tabus zerstört wurden. Der Facharbeiter verdient heute oft mehr als ein arabischer Advokat oder Arzt. Dadurch wird die Position der intellektuellen Schicht in Cis-Jordanien und Gazastreifen untergraben, und es besteht für viele junge Akademiker ein weiterer Grund, um gegen Israel tätig zu werden.

General Mosche Dayan hat es aber nicht verstanden, eine Gesellschaftsschicht für sich zu gewinnen. Vielleicht hätte sich, wenn durch ihn eine neue Administration eingesetzt worden wäre, diese ihm verschrieben. Er erklärte erst dieser Tage wieder: „Keine Okkupation ist eine gute. Man kann nicht verlangen, daß wir geliebt werden, doch müssen wir versuchen, uns so menschlich wie möglich zu verhalten...“ Mit der Bildung der neuen Koalitionsregierung wurde die Politik Mosche Dayans in den besetzten Gebieten erneut bestätigt In der neuen Regierung stehein ihm drei Minister in ihren Ansichten besonders nahe. Es handelt sich um Minister ohne Portefeuille Simon Peres (Arbeiterpartei, der auch Mosche Dayan angehört), Führer der Cherut-Partei und Minister ohne Portefeuille Menahem Begin (Gahal) sowie Transportminister General Ezer Weizmann (Gahal), Neffe des ersten Staatspräsidenten und Schwager von Mosche Dayan, der seinerzeit Kommandant der israelischen Luftwaffe war und erst bei Ernennung zum Minister das Militär verlassen hatte. Durch die Verstärkung der Falken innerhalb der Regierung hat sich die Position Dayans weiter gefestigt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung