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BISCHOF DR. ENDRE HAMVAS / EINER FÜR VIELE

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I den Tage vor Beginn des ökumenischen Konzils war vorübergehend auch Wien Treffpunkt von Konzilvätern aus nah und fern. Für Kenner der Geschichte erschien es als seltsame Wiederkehr historischer Reminiszenzen: tschechische, ungarische, polnische und kroatische Bischöfe begaben sich auf die Reise nach Rom, wie einst, vor beinahe neunzig Jahren-, aber die Geschichte wiederholt sich nicht: Es sind andere Sorgen als damals, welche die Konzilväter von heute aus den einstigen Ländern der Donaumonarchie nach Rom begleiten.

Als einer für viele stand wohl nur einige Viertelstunden lang der ungarische Diözesanbischof Doktor Endre Hamvas während seines kurzen Zwischenaufenthalts in Wien einer Gruppe von westlichen Pressevertretern gegenüber. Die Gelegenheit war kurz und ging rasch vorüber. Die Bischöfe von „drüben44 fuhren weiter. Sie gaben jenen, die von ihnen etwas „Bestimmtes44 zu erfahren hofften, nur neue Rätsel auf.

Hierzu einige Tatsachen: Von den fünf Bischöfen, die heute in Ungarn noch im Amt sind, erhielten nur die Bischöfe von Csanäd und Szombathely, Endre Hamvas und Sändor Kovdcs, die Ausreisebewilligung für das Konzil. Der dritte, der mit ihnen fuhr, ist der apostolische Administrator von Eger, Prälat Pdl Brezanöczy, der erst vor nicht langer Zeit dem kommunistischen Nordvietnam einen Besuch abstattete. Er wurde in Rom als „Konzilsachverständiger44 akzeptiert. Ein anderer apostolischer Administrator, der von Esztergom, Prälat Schwarz-Eggenhof er, erhielt die Ausreisebewilligung nicht.

Bischof Hamvas ist heute der Doyen des ungarischen Rumpfbischofskollegiums, denn von den drei Erzbischöfen des Landes ist nur noch einer, Kardinal Mindszenty, am Leben, und er befindet sich bekanntlich im „Exil44. Hamvas' Diözese, Csanäd, an der jugoslawischrumänischen Grenze, ist eine der ersten Gründungen des Königs St. Stephan aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts.

Der Bischof von Csanäd ist heute 72 Jahre alt. Er wurde als Sohn eines Dorfschmiedes im Komitat Esztergom am 27. Februar 1890 geboren. Seine Theologiestudien absolvierte er in Wien in den Jahren 1909 bis 1913 als Zögling des ehrwürdigen Pazmaneums, einer Gründung des großen Peter Päzm&ny. Seine Karriere war von Anfang an geradlinig. Der Theologieprofessor Hamvas wurde 1930 Sekretär des Kardinalprimas von Esztergom, Seridi. In schwerer Zeit, am 7. März 1944, wurde er zum Bischof von Csanäd ernannt. Während des Krieges nahm er sich in besonderer Weise der Verfolgten an.

Das. Weitere ist Gegenwartsgeschichte, und das heißt in diesem Fall, die Quellen werden rar und unbestimmt, die Auskünfte unverbindlicher. Über Bischof Hamvas erfährt man folgendes: Er ist Vorsitzender nicht nur der ungarischen Bischofskonferenzen, sondern auch des sogenannten Katholischen Ausschusses des Landesfriedensrates und einer katholischen Auffangorganisation für „Friedensfreunde44 namens Opus Pacis. In dieser seiner Eigenschaft sprach er in den letzten Jahren bei zahllosen „Friedensversammlungen44 vor katholischen Priestern über Weltfriede und Abrüstung, seine Worte waren immer sorgfältig der in kommunistischen Ländern geltenden Sprachregelung zu ' diesen weltbewegenden Problemen angepaßt. Er nahm im vergangenen Sommer an der großen Moskauer Friedenskonferenz teil. Als er dort im halbbeleuchteten riesigen Konferenzsaal zu sprechen anfing, wurde er, laut Zeugnis eines österreichischen Beobachters, von der anwesenden bunten Schar internationaler „Friedenskämpfer“ nur sehr wenig beachtet...

Jetzt ist Bischof Hamvas in Rom. Er vertritt dort ein Land, dessen Bischöfe einst stolz ihr „Regnum Marianum44 zu repräsentieren wußten. Der alte Bischof von Csanäd wird diese Tradition bestimmt nicht fortsetzen. Er wird wohl in Rom vor allem ein Empfangender sein müssen. Vielleicht wird für ihn und seine Begleiter der Aufenthalt am Konzil eine größere Zäsur bedeuten, als man es heute ahnt.

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