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Briefe an den Herausgeber der „furche-“

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Iran und das Erdöl

Geehrter Herausgeberl Die Verteidigungen Irans durch, den Ministerpräsidenten Dr. Mossadegh vor dem Sicherheitsrat erwähnend, erklärt Dr. E. von Hofmannsthal in seinem kürzlich in der „Furche“ erschienenen Artikel: „... dazu hat nun ein armes Land einen kranken Greis um die halbe Welt geschickt, damit er mit matter Stimme zwanzig Minuten lang wohlbekannte Schlagworte zum besten gibt...“ Die als wohlbekannte Schlagworte bezeichneten Argumente sind der Presse leider so wenig bekannt gewesen, der iranische Standpunkt war immer so mit Schweigen übergangen worden, daß im Sicherheitsrat selbst mehrere Mitglieder vorgeschlagen hatten, Iran einzuladen, seine Meinung vor der Weltöffentlichkeit darzulegen. Die Tatsache, daß die britische Resolution im Sicherheitsrat nicht angenommen wurde, beweist, daß die Darlegungen der iranischen Delegation die Zustimmung c'er Mehrzahl der Mitglieder des Sicherheitsrates gefunden hatten. In dem Artikel wird gefragt, ob es nicht besser gewesen wäre, „ ... für die Kosten dieser Reise Traktoren anzuschaffen oder ein paar hundert Hektar Wüstenboden zu bewässern...“. Es sei ein allzu kostspieliger Aufwand gewesen, gemessen an dem bescheidenen Effekt. Hier ist nicht ganz klar, was damit gesagt werden will. Bekanntlich hatte der Sicherheitsrat Iran eingeladen, an den Sitzungen teilzunehmen und die britischen Anschuldigungen zu beantworten. Als Mitglied der Vereinten Nationen und bei der Achtung, die Iran dieser Organisation entgegenbringt, war es wohl selbstverständlich, daß es der Einladung folgte.

Interessanterweise wird die Berechtigung Irans, seine Erdölproduktion zu nationalisieren, von Dr. Hofmannsthal bestritten, nachdem sie bereits seit geraumer Zeit von britischer und amerikanischer Seite anerkannt worden war. Iran hat die Ablösung der Anlagen der AIOC von vorneherein als selbstverständlich betrachtet und setzte sich unmittelbar bei Verstaalichung der Erdölgesellschaft mit der ehemaligen AIOC wegen Verhandlungen über die Zahlungsmodalitäten in Verbindung.

Was den Aufbau der iranischen Wirtschaft, die Beschaffung von Traktoren und die Bewässerung von Wüsten anlangt, so können diese Aufgaben wohl niemandem wichtiger erscheinen als der gegenwärtigen ironischen Regierung, die sich intensiv mit einem Programm für die Hebung der irani* sehen Volkswirtschaft beschäftigt. Die iranische Wirtschaft war bis zu Beginn des zweiten Weltkrieges aufblühend, die Industrialisierung und wirtschaftliche Erschließung des Landes machte stetige Fortschritte. Der Krieg und die Besetzung Irans durch die alliierten Streitkräfte brachten diese Entwicklung zu einem plötzlichen Stillstand. In Anerkennung dieser wirtschaftlichen Opfer Irans für den Sieg der Alliierten — Iran wurde allgemein „Victory Bridge“ genannt — gaben Präsident Roose-velt, Marschall Stalin und Premierminister Churchill bei der Teheraner Konferenz die feierliche Erklärung ab, daß die Alliierten Iran nach Beendigung des Krieges jede wirtschaftliche Hilfe zuteil werden lassen würden, um seine geschädigte Wirtschaft wieder einer gesunden Entwicklung zuzuführen. Als nach dem Kriege fast alle wirtschaftlich schwachen Länder, gleichgültig auf welcher Seite sie gestanden waren, zur Förderung von Aufbau und Durchführung von Reformen Auslandskredite erhielten, war Iran ausschließlich auf die eigenen Mittel und inländischen Wirtschaftsmöglichkeiten angewiesen.

Bei Erwähnung der Zahlungen, die dem iranischen Staat von der ehemaligen AIOC zuflössen, hat Dr. Hofmannsthal nicht den Vergleich zwischen den geleisteten Zahlungen an den iranischen Staat und den Gewinnen der Gesellschaft gezogen. Hätte er das getan, so hätte er zweifellos daraus den Schluß ziehen müssen, daß die Grundsätze der Arbeit der genannten Erdölgesellschaft in Iran einem der Grundgedanken der Vereinten Nationen, nämlich dem der wirtschaftlichen Hilfe zwischen den Völkern, auf krasse Weise widersprochen haben. Daß es zur Nationalisierung kommen mußte, um eine Änderung der Lage zu erreichen, ist nur dem Umstand zuzuschreiben, daß die AIOC auf die von Iran seit Jahren angestrebten Verhandlungen über die Schaffung erträglicher Vertragsbedingungen nicht einging.

Wenn die iranischen Aufbaupläne verwirklicht und die Naturschätze des Landes ausgewertet sein werden, so werden die iranischen Landwirtschafts- und Bergbauprodukte gerade für die europäische Wirtschaft große Bedeutung erlangen. Es ist daher wohl nicht zu viel verlangt, wenn Iran von der europäischen Presse objektivere Berichterstattung erhofft.

Conseiller Culturel de l'Iran en Allemagne et en Autriche, gez. Dr. Ali Asghar Azizi

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