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Bruchlandung in JerNVustc

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Es war während eines Manövers, ich befand mich mit meinem Flugzeug schon unter den Wolken, der Höhenmesser zeigte 400, Höhe 300 über NN, daß ich den Boden berührte.

Obwohl ich unter die Wolken gelangt war, sah ich gar nichts und suchte unter mir nach Lichtern, doch ein leichter und niedriger Nebel über der Wüste schuf einen falschen Eindruck von Tiefe.

Zu meiner großen Überraschung führte der erste Stoß nicht zur vollkommenen Zertrümmerung, sondern erfüllte die Kabine wie eine Art Erdbeben. Ich fühlte eine fortdauernde Erschütterung von ungeheurer Heftigkeit, die ungefähr sechs Sekunden anhielt. Ich konnte mir dieses Phänomen nicht erklären, dann spürte ich eine noch stärkere Erschütterung, die uns zum Stillstand brachte und dabei den rechten Flügel zerschmetterte. Das Flugzeug saß vollkommen fest. Wir sprangen aus dem Flugzeug, erst Perrot, dann ich, wegen der Feuersgefahr.

Mit einer Taschenlampe untersuchte ich gleich den Erdboden; er bestand aus Sand, bedeckt von schwarzen, runden Steinen. Kein Grashalm, keine Spur von Vegetation.

Ich beschrieb einen großen Bogen, Perrot und die Lampe gaben mir die Richtung an, und mußte erkennen, daß ich mitten in der Wüste gelandet war.

Beim Morgengrauen rekonstruierten wir den Unfall: das Flugzeug war 250 Meter von seinem jetzigen Standort auf den Boden gestoßen, mit einer normalen Geschwindigkeit von 270 bis 280 Stundenkilometer war es über die glatten Steine wie über ein Kugellager gerutscht, ohne etwas zu finden, was stark gebremst und uns den Rest gegeben hätte; eine kurze Sandstrecke hatte es schließlich bei schon verminderter Geschwindigkeit blockiert, die letzte Erschütterung war aber noch stark genug gewesen, um eine Anzahl von Dingen fünfzig Meter weit nach rechts zu schleudern, darunter ein Paket Zigaretten.

Wir hatten noch dreiviertel Liter Kaffee, wir mußten vor dem Durst ans Ziel kommen.

An diesem Tag legten wir 60 bis 70 Kilometer zurück, die Rückkehr zum

Flugzeug inbegriffen. 35 Kilometer weiter, von der Höhe einer Sanddüne, konnten wir nichts entdecken, außer Luftspiegelungen, die zergingen, wenn wir uns näherten. Wir hatten vorgezogen, zum Flugzeug zurückzukehren; wir hofften ein wenig auf Suchaktionen der Flughäfen.

Und an diesem Tag tranken wir unser bißchen Kaffee aus.

Im Morgengrauen des zweiten Tages sammelten wir auf dem Rumpf des Flugzeugs ein Achtelliter Tau, vermischt mit öl und Farbe, der uns keine große Hilfe war.

Dann wechselte ich die Taktik und ließ Perrot bei der Maschine; er sollte Feuersignale vorbereiten und anzünden, um das Wrack zu kennzeichnen, für den Fall, daß man uns durch Flugzeuge suchen ließ. Und ohne Wasser ging ich allein auf neue Entdeckungen aus. An diesem Tag bin ich acht bis neun Stunden. im raschen Tempo gegangen. Der Marsch war um so mühevoller, als ich auch in dem härtesten Boden Spuren für den Rückweg hinterlassen mußte. Die Nacht überraschte mich während dieses Rückwegs, aber Perrot hatte ein Feuer angezündet, das mir über die letzten Kilometer half.

Kein einziges Flugzeug war noch über uns hinweggeflogen. Daraus schlössen wir, daß wir uns außerhalb der durchsuchten Fläche befinden mußten.

Der Wassermangel begann sich stark bemerkbar zu machen. Wir beschlossen daher, am Morgen unsere Maschine zu verlassen und einfach geradeaus zu gehen, bis zum Umfallen.

Es schien uns, zwecklos, wieder zum Flugzeug zurückzukommen, da man uns anderswo suchte. Ich erinnerte mich an Guillaumet, der sich so in den Anden gerettet hatte, und es war sein Beispiel, das ich befolgte. Wir hatten diese Nacht große Hoffnungen in unseren Fallschirm gesetzt, den wir ausgebreitet hatten, um darin Tau aufzufangen. Unglücklicherweise war es entweder ein unbekanntes Produkt, mit dem der Fallschirm imprägniert war, oder Salz am Boden des Benzinkanisters, in den wir unser Stück Stoff auswanden, die uns den ersten und einzigen Schluck Wasser, den wir tranken, mit einer halben Stunde heftigen und galligen Erbrechens bezahlen ließen.

So begannen wir mit zwei Stunden Verspätung unseren Marsch. Wir wußten, daß wir nicht sehr weit kommen würden, und hatten die nordwestliche Richtung gewählt, aus dem einfachen Grund, weil wir sie noch nicht probiert hatten, aber ohne jede besondere Hoffnung. Am nächsten Morgen, als wir schon so erschöpft waren, daß wir uns alle zehn Meter ausruhen mußten, erreichten wir eine Fährte und wurden von einer Karawane aufgelesen.

Später hatte ich die Gelegenheit, im Auto unsere Spur bis zum Flugzeug zu verfolgen und die Länge unseres letzten Marsches zu ermessen. Wir waren 85 Kilometer gegangen. Im ganzen hatten wir also 200 Kilometer zurückgelegt.

Die Beduinen brachten uns auf ihren Kamelen zu einem Lagerplatz, wo uns die Direktion einer in der Wüste gelegenen Fabrik, die verständigt wurde, mit dem Auto abholen ließ.

Wir befanden uns genau auf der Strecke Benghasi—Kairo, 200 Kilometer südlich von Kairo. Statt Rückenwind hatten wir Gegenwind gehabt. Während des letzten Tages unseres Marsches sahen wir einige Flugzeuge, aber wir konnten uns ihnen nicht bemerkbar machen und sie entdeckten auch das Flugzeugwrack nicht.

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