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C SSR: Man heiratet wieder kirchlich

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Es sei heute in der CSSR wieder Brauch, in der Kirche zu heiraten, auch die Zahl der Firmungen habe bedeutend zugenommen: Dies stellte vor kurzem der Apostolische Administrator der Erzdiözese Prag, Titu- larbischof Frantisek Tomasek, in einem Interview mit der bekannten französischen Zeitschrift „Informations Catholiques Internationales” fest. Seit dem vor etwa einem Jahr abgeschlossenen Teilabkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und tschechoslowakischen Regierungsstellen hätten sich die Beziehungen zwischen Staat und Kirche in der CSSR gebessert. Bischof Tomasek wies aber auch darauf hin, daß die Lage der Kirche in verschiedenen Punkten nach wie vor kritisch sei. Der Bischof führte in diesem Zusammenhang die Situation der religiösen Orden an, denen noch immer die Aufnahme von Novizen verboten ist. Ordensfrauen dürften weder Religionsunterricht erteilen noch Schulen führen oder in Spitälern arbeiten, sondern dürften höchstens in Altersheimen tätig sein.

Schwierigkeiten gebe es auch mit dem Religionsunterricht. Er dürfe grundsätzlich nur vom zweiten bis zum siebenten Schuljahr erteilt werden, und die Eltern müßten die Kinder zu Beginn jedes Schuljahres persönlich zum Religionsunterricht anmelden. „Man kann sich vorstellen”, sagte der tschechische Bischof, „wie schwierig das für die Eltern ist”. Es gebe sehr viele, die sich scheuten, sich öffentlich als Christen zu benennen, da sie Nachteile in ihrem Berufsleben befürchten. Die eine Wochenstunde, die der Kirche für den Religionsunterricht zugestanden wurde, sei überdies unzureichend, „zumal nicht selten, unter verschiedenen Vorwänden, diese eine Stunde noch für andere Zwecke in Anspruch genommen wird”. Auch seien Bücher für den Religionsunterricht in der Tschechoslowakei knapp und könnten nur selten gedruckt werden. Trotz allem aber — stellte der Apostolische Administrator von Prag fest — sei nicht zu übersehen, daß es besonders unter den tschechoslowakischen Intellektuellen heute mehr Gläubige gebe als vor wenigen Jahren.

Die Erscheinung, daß die kirchliche Heirat in der CSSR wieder mehr Brauch sei, wird auch durch eiften Bericht der Prager Zeitung „Lidova Demokracie” unterstrichen, wonach rein christliche Taufnamen, wie Peter und Paul, Georg, Johann und Thomas, im vergangenen Jahr zu den beliebtesten Taufnamen gehörten. Peter und Paul standen in Prag und anderen größeren Städten des Landes weitaus an der Spitze, und zwar nicht nur bei kirchlichen Taufen, sondern auch bei der Namensgebung vor dem Nationalausschuß.

Die von Bischof Tomasek angedeutete Entspannung zwischen Kirche und Staat in der CSSR hat sich auch in der Freilassung einiger tschechoslowakischer Priester aus verschiedenen Haftanstalten ausgewirkt. Unter den in den letzten Wochen Enthafteten befindet sich auch der letzte Prior des Klosters in Prag-Brevnov, Alexius. Keiner der entlassenen Priester hat jedoch die Erlaubnis erhalten, in die seelsorgliche Tätigkeit zurückzukehren. Zur Zeit sollen sich noch zehn bis fünfzehn Priester in tschechoslowakischen Gefängnissen befinden.

In den vergangenen Jahren sind 800 bis 1000 Priester aus den Gefängnissen entlassen worden. Die meisten dieser Priester sind, soweit sie sich nicht in Altersheimen befinden, in Zivilberufen tätig. Zu den amtsenthobenen und aus der Konfinierung entlassenen Geistlichen gehören auch acht tschechoslowakische Bischöfe, von denen sechs in Caritasheimen untergebracht sind und zwei zwar nicht die Bewilligung zur Ausübung ihres bischöflichen Amtes, aber für die Durchführung seelsorglicher Tätigkeit erhalten haben.

Im Caritasheim in Radvanov, wo viele Monate auch der Erzbischof von Prag, Kardinal Beran, untergebracht war, leben zur Zeit noch der jetzt 60jährige Bischof von Lejt- mervtz, Dr. Stephan Trochta, und Titularbischof Zela (Olmütz). Im Caritasheim in Osseg, einem früheren Zisterzienserkloster, ist Titularbischof Ladislav Hlad (Leitmeritz) und der unierten Bischof Vasil Hopko untergebracht. Im Caritasheim in Cernuvka bei Brünn wohnt der 69jährige Bischof der Diözese Brünn, Monsignore Dr. Karei Skoupy, und im Caritasheim in Koclerov bei Svitov (Mähren) der 63jährige Bischof von Budweis, Doktor Josef Hlouch.

Der jüngste tschechische Bischof, der 1920 geborene und 1950 zum Bischof ernannte Dr. Karei Otcenasek, hat, nachdem er seit seiner Entlassung aus der Konfinierung Ende 1963 als Arbeiter und Kraftfahrer einer Molkereigenossenschaft tätig gewesen war, Anfang April 1965 die Erlaubnis erhalten, als Pfarrer in Tür- mitz, einem Stadtteil von Aussieg, tätig zu sein. Der 55jährige Weihbischof der Erzdiözese Prag, Kajtan Matousek, wirkt seit längerem als Pfarrverweser der Gemeinde St. Adalbert in Prag-Neustadt.

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