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Conny hinter den Kulissen

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Wenige Wochen vor ihrem Parteitag, der am 21. März beginnen soll, ist die CDU in einige Verlegenheit geraten. Es hatte so ausgesehen, daß die Wahl des neuen Parteivorsitzenden, der die Nachfolge Adenauers antreten soll, ohne Schwierigkeiten über die Bühne gehen würde. Josef Hermann Dufhues, Vorsitzender des Landesverbandes Westfalen, zeitweiliger Minister in Nordrhein- Westfalen und seit Jahren Geschäftsführender Vorsitzender der CDU, hatte alle Aussicht, gewählt zu werden.

Nun hat Dufhues aber mitgeteilt, daß er nicht kandidieren werde. Dieser Entschluß entspringt ganz persönlichen Gründen. Dufhues hatte sich gegen Jahresende einer Nierenoperation unterziehen müssen. Darnach hatten seine Ärzte erklärt, er müsse sich entscheiden: gleichzeitig Parteivorsitz und seine große Industrieanwaltspraxis in Bochum, das überfordere seine Gesundheit. Hinzu kommt, daß auch Frau Dufhues nicht gesund ist. Alles spricht dafür, daß Dufhues sich deshalb völlig aus der politischen Arena zurückziehen will.

Dufhues und Adenauer

Von dem Amt des Geschäftsführenden Vorsitzenden hat er sich schwer getrennt. Soweit ein bedächtiger, schwerfälliger Westfale überhaupt in sein Inneres blicken läßt, hat es den Anschein, daß er es gern ausgeübt hat. Die Ergebnisse seiner Tätigkeit sind allerdings umstritten. Das Amt des Geschäftsführenden Vorsitzenden war seinerzeit geschaffen worden, um Adenauer zu entlasten, der zugleich Bundeskanzler war. Aber zwischen Dufhues und Adenauer bestand von Anfang an ein unterkühltes Verhältnis. Der alte Herr dämpfte manche Initiative Dufhues’ oder machte sie ganz zu- nicht. Schließlich sah dieser sich gezwungen, manches zu tun, wovon er Adenauer nichts wissen ließ. Der Ausbau der Parteiorganisation, der eine der Hauptaufgaben Dufhues’ sein sollte, kam deshalb nur mäßig voran. Dies um so mehr, als die CDU seit jeher keine Mitglieder-, sondern eine Wählerpartei ist und ihr föderativer Aufbau die zentrale Parteiführung in Bonn stark von den Landesverbänden abhängig macht.

Vor den Septemberwahlen zum Bundestag stand das Ansehen Dufhues’, der ohnehin nur geringe Ausstrahlungskraft besitzit, aus allen diesen Grüden nicht sonderlich im Kurs. Außerdem erlebte die CDU im Sommer und Herbst 1965 ihren üblichen periodischen Tiefstand in der öffentlichen Meinung — jedesmal einige Zeit vor Auslauf einer Legislaturperiode. In dieser Zeit sanken die Aktien Dufhues’ rapid. Man nahm einen ungünstigen Ausgang der Wahlen vorweg und stempelte ihn zum Verantwortlichen für eine eventuelle Niederlage. Zwangsläufig schlug diese Stimmungsmache aber nach dem 19. September zugunsten von Dufhues aus. Da man ihn für die Niederlage hatte verantwortlich machen wollen, mußte man ihm nun den Lorbeer des Sieges zubilligen. So verfügt Dufhues gerade jetzt, da er abtritt, über eine Stellung wie nie zuvor.

tige Gruppe bilden. Das gewichtigste Bedenken gegen die Kandidatur Erhards lautet jedoch, er müsse einer deutlichen Mehrheit sicher sein, sonst könnte die Abstimmung des Parteitags als ein negatives Votum über seine Kanzlertätigkeit gedeutet werden. Vor einer solchen Möglichkeit möchte man Erhard bewahren. Darüber hinaus wird hier und da geltend gemacht, Erhard habe nur ein distanziertes Verhältnis zur CDU, da er ihr formal erst vor wenigen Jahren beigetreten sei. In der Tat pflegte der verstorbene Vizekanzler Blücher, Vorsitzender der FDP, gern zu sagen, eigentlich gehöre Erhard zur FDP und wisse das auch.

Kanzleraspirationen

Rainer Barzel hat, bevor die Entscheidung Dufhues’ fiel, wissen lassen, auch er gedenke nicht zu kandidieren. Welche innersten Überlegungen ihn dabei leiten, läßt sich nur vermuten. Eine Frage ist zum Beispiel, wie es in der CDU aufgenommen würde, wenn die Posten des Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der CDU/CSU und der Partei in seinen noch jungen Händen vereinigt würden. Eine weitere Frage ist, ob der Parteivorsitz nicht Barzel den Weg ins Kanzleramt versperren würde. Auch in diesem Fall könnten Überlegungen um sich greifen, die Zusammenlegung beider Ämter, die zu Adenauers Zeiten eine bare Selbstverständlichkeit war, solle künftig vermieden werden.

Kiesinger gilt nicht nur als Kandidat für den Parteivorsitz, sondern auch für das Bundeskanzleramt. In den fünfziger Jahren hat er sich als außenpolitischer Sprecher der CDU im Bundestag einen Namen gemacht. Auch gehörte er jahrelang dem geschäftsführenden Vorstand der CDU an. In Baden-Württemberg hat er als Ministerpräsident eine gute, erfolgreiche Figur abgegeben. Doch könnte es sein, daß der Weg zurück nach Bonn auch ihm nicht leichtflele, eben, weil er die Anzahl derer vermehren würde, die für die höchsten Posten als geeignet gelten.

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