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Das Deutsche Eigentum

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Die Frage des .Deutschen Eigentums“ beschäftigt in den Jahren seit Kriegsende immer wieder die Öffentlichkeit. Während zunächst — vor allem im Jahre 1946 — die die Lebenszentren der österreichischen Wirtschaft berührende Beschlagnahme wichtiger Industrie- sowie land- und forstwirtschaftlicher Betriebe als .Deutsches Eigentum* durch die Besatzungsmächte, insbesondere in Österreich, berechtigte Erregung hervorrief, hat sich die öffentliche Meinung inzwischen an diesen Zustand und seine Behandlung bei den Staatsvertragskonferenzen zwangsweise gewöhnt. Indessen ist in den letzten Monaten die Frage des Deutschen Eigentums neuerlich, und zwar diesmal unter dem Gesichtspunkt der Auseinandersetzung mit den betroffenen deutschen Eigentümern, Gegenstand einer nicht immer sachlichen Diskussion geworden, durch die bedauerlicherweise sogar die freundnachbarlichen Beziehungen zur Deutschen Bundesrepublik beeinträchtigt werden könnten.

Auf alliierter Seite finden sich noch während des Krieges Pläne, das deutsche Privateigentum im gesamten Ausland für Reparationsleistungen zu beanspruchen. Schon die Resolution Nr. VI von Breton Woods vom 27. Juli 1944 sieht die Sicherstellung .feindlichen Vermögens und Raubgutes (enemy assets and looted property)“ auch in den neutralen Staaten vor. Die Konferenz von Potsdam im Juli 1945 legte dann die Heranziehung des Deutschen Eigentums im Ausland zu Reparationszwecken ausdrücklich fest, und zwar sollen die deutschen Guthaben in Bulgarien, Finnland, Ungarn, Rumänien und O s t ö s t e r-reich an Rußland fallen, das daraus die polnischen Ansprüche zu befriedigen hat, während die Guthaben in allen übrigen Ländern den Ansprüchen der USA und Großbritanniens dienen, die ihrerseits die übrigen reparationsberechtigten Länder zu befriedigen haben.

Diese Maßnahme war eine Folgeerscheinung der im Zuge des totalen Krieges immer schärfer gewordenen .wirtschaftlichen Kriegsführung“, die sich auf beiden Seiten bemüht hat, nicht nur feindliches Eigentum im eigenen Staatsgebiet und im besetzten Feindgebiet, sondern, soweit erreichbar, auch im neutralen Ausland zu erfassen und zu beschlagnahmen. Es war daher naheliegend, daß die Siegermächte das schon verwaltete Feindvermögen zu Reparationsleistungen heranziehen wollten.

Schon die Friedensverträge von Versailles (Artikel 231, 296 — 311) und Saint-Germain (Artikel 177, 248 — 62) haben auf Grund der analogen Entwicklung das beschlagnahmte feindliche Privatvermögen in' den Ländern der Siegerstaaten diesen zur Liquidation überlassen, während -Deutschland und Österreich die privaten Eigentümer zu entschädigen hatten.

Von Bedeutung war in Potsdam auch die Absicht der Alliierten, an Stelle der nach dem ersten Weltkrieg verlangten laufenden Reparationszahlungen, bei denen das Uberweisungsproblem weder im Dawes- noch im Young-Plan wirtschaftlich befriedigend gelöst werden konnte, jetzt die Reparationsfrage durch einmalige Substanzübertragungen — Auslandsvermögen und Demontage — zu regeln.

Ihre Durchführung in Deutschland

Der Alliierte Kontrollrat als oberste Regierungsgewalt in Deutschland hat in Durchführung der Potsdamer Beschlüsse durch das Kontrollratsgesetz Nr. 5 vom 30. Oktober 1945 das gesamte deutsche Auslandsvermögen an sich gezogen und die deutschen inländischen Eigentümer, die seiner Jurisdiktion unterstanden, enteignet. Dieses Gesetz ist in Westdeutschland noch heute unverändert in Kraft, so daß nach geltendem deutschem Recht deutsche Staatsangehörige ihre Rechte auf ihr früheres Auslandsvermögen weder in Österreich noch in anderen Ländern geltend machen können.

In den alliierten Staaten wurde die Sequestrierung deutscher Ver-mögensschaften, soweit dies nicht schon im Krieg geschehen war, restlos durchgeführt. Zum Teil wurde auch schon an die Liquidierung dieser Werte geschritten. In Ungarn, Rumänien und Bulgarien wurden hiebei auch zahlreiche alte österreichische Vermögensschaften miterfaßt und liquidiert.

Auch die neutralen Staaten haben die Ansprüche der Alliierten anerkannt, so in den Washingtoner Abkommen die Schweiz am 25. Mai 1946 und Schweden am 18. Juli 1946. In beiden Abkommen übernehmen diese Staaten das Recht, aber auch die Verpflichtung, zur Erfassung und Liquidierung der deutschen Vermögensschaften in ihren Ländern. Der Schweizer Vertrag sieht eine Aufteilung des Erlöses zwischen den Alliierten und der Schweiz vor, wobei die Schweiz, entsprechend ihrem Anteil am Erlös, die deutschen Eigentümer in deutscher Währung in Deutschland zu entschädigen hat. Nach dem schwedischen Vertrag sind die Erlöse der Liquidierung, die mit einer Pauschalsumme von 150 Millionen Schwedenkronen vorweg bestimmt wurden, zu Hilfslieferungen an Deutschland zu verwenden, während die Entschädigung der deutschen Eigentümer Sache der Alliierten ist.

Unter Berufung auf die Potsdamer Beschlüsse haben die Alliierten auch in Österreich die Erfassung des Deutschen Eigentums durchgeführt. Im Kontrollabkommen wurde das alleinige Verfügungsrecht hierüber dem Alliierten Rat vorbehalten. Mit Befehl Nr. 17 vom 27. Juni 1946 hat der Oberbefehlshaber der sowjetischen Besatzungstruppen den Ubergang aller deutschen Vermögenswerte in seiner Besatzungszone in das Eigentum der UdSSR angeordnet. Der in der Londoner Deklaration niedergelegte Grundsatz der Nichtigkeit von Eigentumsübertragungen im besetzten Gebiet — der internationales Recht bildet und auch unseren Rückstellungsgesetzen zugrunde liegt — fand bei Durchführung dieses Befehls nach österreichischer Auffassung nicht entsprechende Berücksichtigung. Es wurde nämlich der Stand solcher Vermögensschaften bei Kriegsende und nicht am 13. März 1938 als entscheidend angesehen, so daß die Sowjetunion hiebei erhebliche österreichische Vermögenswerte, die nach der Okkupation Österreichs durch das Deutsche Reich germanisiert wurden, m Anspruch nahm.

Insbesondere nach der Beschlagnahm der Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft und der Erdölunternehmen führte dies zu lebhaften Protesten in der österreichischen Öffentlichkeit, unter anderem auch zu einer Erklärung der Bundesregierung in der Sondersitzung des Nationalrats am 10. Juli 1946.

Unter dem Eindruck dieser Kundgebungen hat der damalige Oberbefehlshaber der amerikanischen Besatzungskräfte, General Mark W. Clark, die treuhändige Ubergabe der deutschen Aktiven in seiner Besatzungszone an die österreichische Regierung zugesichert.'

Die folgende Entwicklung ist bekannt In den Staatsvertragsverhandlungen wurde die Ubergabe der in der Ostzone gelegenen deutschen Werte an Österreich gegen Bezahlung einer Ablöse von 150 Millionen Dollar in Aussicht gestellt, jedoch mit den beiden wesentlichen Ausnahmen der Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft und der Erdölunternehmen, die der Sowjetunion verbleiben sollen.

Die Westmächte brachten hiebei ihre Bereitschaft zur Ubergabe der in ihrer Zone gelegenen Werte an Österreich ohne Gegenleistung zum Ausdruck. Die Ubergabe selbst ist aber bis-her weder in Ost- noch in Westösterreich erfolgt. Die Verfügungsmacht über die Substanz des Deutschen Eigentums steht daher immer noch den Besatzungsmächten zu. Während die Betriebe aber in Ostösterreich von der Besatzungsmacht direkt verwaltet werden, und damit der österreichischen Rechtsordnung weitgehend entzogen sind, wurden sie in den westlichen Zonen der Bundesregierung treuhändig anvertraut. Sie werden dort durch österreichischa Verwalter geführt, sind zum Teil an Inländer verpachtet und unterliegen den österreichischen Gesetzen, so daß dieser Zustand hier nicht als so drückend empfunden wird.

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