6779770-1969_38_01.jpg
Digital In Arbeit

Das Zölibat ist unteilbar

Werbung
Werbung
Werbung

Man kann auf verschiedene Art Zeugnis ablegen fü.r seinen Glauiben. Man kann vielleicht auch meinen, der Kirche einen Dienst zu erweisen, wenn man an ihr harte Kritik übt. In diesem Sinne meinten wohl auch jene ehemaligen Priester, die am Freitag, dem 12. September dm Fernsehen aufgetreten sind, der Kirche einen Dienst zu erweisen.

Sie erwarten nun, daß auch der Bischof etwas daizu sagt. Sie können dies mit Rechit tun, denn Sie wissen, daß ich die Taktik des Ignorierens, des Verschweigen und Nicht-zur- K enntni s -N ehm e ns für falsch halte. Es wäre allerdings verfehlt, wenn wir angerührt, beleidigt und empört tun wollten oder gar zu intervenieren versuchten. Wir leben Gott sei Dank in einem freien Staat. So wie die Kirche frei ist, so sind es auch die Massenmedien. Was das Fernsehen macht, ist seine Sache. Doch können wir — und das ist wieder unser gutes Recht und unsere Pflicht — nachher sagen, was wir davon halten. Wenn sich die Massenmedien und damit auch das Fernsehen in zunehmendem Maße kritisch mit der Kirche befassen — wir haben gelesen, daß außer dem Film über die sogenänniten gefallenen Priester zwei Filme mit dam bezeichnenden Titel „Priester gegen Rom” folgen sollen — so werden wir dies zur Kenntnis nehmen. Wenn sogar Priester an diesen Filmen mit- arbeiiten, so wollen wir ihnen nicht von vornherein unterstellen, daß es ihre Absicht ist, der Kirche zu schaden. Aber vielleicht wird sie ein Blick auf die Folgen eines besseren belehren.

Vielleicht 1st es gar nicht so schlecht, wenn der Wind der von den Massenimediien beeinflußten öffentlichen Meinung uns allen gelegentlich etwas schärfer ins Gesicht bläst, uns aus der Passivität aufrüttelt und uns so zu einem selbständigen Denken, Urteilen und christlichen Handeln veranlaßt. Wir wollen gewiß auch nicht vergessen, daß gerade das Fernsehen der Kirche verschiedene Termine einräumt und auf Ansuchen zusätzlich zur Verfügung stellt, damit wir dort ungehindert unsere Meinung ausdrücken können. All dies berücksichtigend und ohne jede Polemik seien eine Reihe sachlicher Irrtümer in dem genannten Horizonte-Beitrag richtiggestellt. Der Hauptgrund, der gegen diesen Film erhaben werden kann, ist der, daß hier das Problem einer Minderheit in einer Minderheit so dargestellt, damit wir dort ungehindert aller Priester wäre. Priester, die aus ihrem Amt scheiden, sind eine kleine Minderheit. Die genannte Zahl von 70 stimmt zwar, aber sie umfaßt alle ehemaligen Welt- und Ordenspriester, auch solche aus fremden Diözesen, die derzeit in der Erzdiözese Wien leben. Der Zeitpunkt ihres Ausscheidens geht oft bis in die zwanziger Jahre zurück. In dem genannten Film wird gesagt, daß jährlich ein halbes bis fünf Prozent ihr Amt nie- derlagen. In Wien waren dies in den letzten fünf Jahren 14 Priester von einer Gesamtzahl von 2073. Das sind nicht einmal zwei Promille jährlich.

Aber nur eine Minderheit dieser Minderheit sieht ihr Problem so, wie es im Film dargestellt wird. Die Mehrheit von ihnen will in Frieden mit der Kirche leben. Diese Priester sind daher nicht im Banne und ex kommuniziert, sondern nach Erhalt der römischen Dispens kirchlich verheiratet. Es ist einfach nicht wahr, daß heute ein Priester, der sein Amt aufgibt und heiratet, diffamiert, verfolgt und zur Unperson erklärt wird. Ich habe noch jeden Priester, der mit Sorgen dieser Art zu mir gekommen ist, meine Hilfe an,geboten. Wir unterstützten jeden dieser Priester auch finanziell, bis er sich eine neue berufliche Existenz geschaffen hat. Im Film wird es so dargestellt, als db es eine neue raffinierte Art der Verfolgung wäre, wenn wir ihre Namen nicht an die große Glocke hängen. Wir tun es deshalb nicht, weil es in der Regel gar nicht gewünscht wird. Wenn wir ihre Namen öffentlich bekanntgäben, so würden manche sagen, wir stellten sie an den Pranger. Wenn im Film behauptet wird, daß es ehemaligen Priestern verboten sei, weiterhin in der Kirche zu arbeiten, so ist auch das nicht wahr. Es gilbt verschiedene ehemalige Priester, die als Religionslehrer einen Lehrauftrag der Kirche besitzen oder anderweitig im kirchlichen Dienst beschäftigt sind. Warum wird das alles nicht gesagt? Das sind Unterlassungen, die an der Objektivität der Darstellung zweifeln lassen. (Verfasser des Films ist Dozent Dr. Holl. Die Redaktion.)

In diesem Film wird außerdem durch die Aussage eines ehemaligen Priesters der Eindruck erweckt, daß es kaum einen Priester gibt, der den Zölibat hält, die einen machen es öffentlich, die anderen brechen den Zölibat heimlich, indem sie ein Verhältnis haben — auch ihm hätte man geraten, er solle es so tun. Eine solche Behauptung ist eine Beleidigung aller Priester, wogegen ich schärfste Verwahrung einlege.

Gewiß ist die Ehelosigkeit ein Problem, das heuite stärker spürbar ist als früher. Wer als Priester keinen anderen Ausweg sieht als zu heiraten und sein Amt aufzugeben, ist kein Gefallener und kein Abtrünniger. Er kann unseres Mitgefühls und unserer Hilfe sicher sein. Um eine Lösung des grundsätzlichen Problems müssen wir noch ringen. Es scheint mir aiber kein Weg zur Lösung dieser Frage zu sein, wenn Priester, die als reife und erwachsene Männer in freiwilliger Entscheidung und im Bewußtsein der sich daraus ergebenden Folgen, bei der Weihe die Einhaltung des Zölibats gelobt haben und wenige Jahre nachher heiraten und so beides sein wollen: Priester und Ehemann. Es scheint mir kein Weg und kein sinnvoller Beitrag, wenn diese ehemaligen Priester vor der Fernsehkamera die Meßfeier zu einem Spektakulum degradieren. Hier wird nicht nur die Würde und der Anstand, sondern auch der gute Geschmack verletzt. Abschließend will ich also in aller Deutlichkeit feststellen: Man kann im Rahmen der zur Zeit in der katholischen Kirche geltenden Bestimmungen nicht beides haben die Ehe und die weitere Ausübung des Prie- steramtes. Priester kann man nur in der Kirche und für die kirchlich geordnete Gemeinschaft sein. Es gibt in der katholischen Kirche kein frei- schwebendes Priestertum. Wenn man einer Gemeinschaft freiwillig angehört, muß man ihre Ordnung beachten. Man kann versuchen, diese Gesetze zu ändern, aber nicht auf dem Weg einer Femsehshow.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung