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Daten aus Klagenfurt

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Wieder einmal, wie schon so oft in den vergangenen Jahren, waren zwei Hochschulgesetze die letzten Materien, die noch unmittelbar vor Torschluß über die parlamentarische Bühne gejagt wurden.

Klagenfurt erhält also doch seine Hochschule für Bildungswissenschaften, und vier der fünf Kunstakademien werden zu Hochschulen „promoviert“ (jene am Schillerplatz besitzt schon seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert diese Würde). Während die Wellen um die „Bade-Universität am Wörthersee“ seit fünf Jahren hochschlugen, spielte sich' die Genesis des Kunsthoch -schul-Organisationsgesetzes im

kleinsten Kreis der Beteiligten ab. Beide Gesetze aber werden weit über den unmittelbaren Geltungsbereich hinaus ihre Folgen haben.

Kärnten steuert 150 Millionen

In der Diskussion um die Klagen-furter Gründung ging es in letzter Phase eigentlich nur noch um den Standort und die , Besorgnis, sie könne die materielle Basis der bestehenden Hochschulen schmälern. Österreich ist ein föderalistisch aufgebauter Staat. Daher mußte es dem gelernten Österreicher sehr bald klar sein, wer in diesem Streit siegen werde. Die Tatsache bevorstehender Jubiläen und Wahlen konnte nur beschleunigend, nicht entscheidend wirken. Die Forderung der Gegner, zuerst einen Gesamtausbauplan vorzulegen, wurde wenigstens für die Zukunft anerkannt. Die Bildungsökonomie wird in den siebziger Jahren das tragende Element der Bildungspolitik sein müssen — aber gerade für sie soll Klagenfurt die wissenschaftlich erarbeiteten Daten liefern.

Das Grundkonzept selbst, ein Zen-' trum für die bildungswissenschaftliche Forschung im weitesten Sinn aufzubauen und hierbei auch neue, unorthodoxe Wege zu beschreiten, hat sich seit der Pörtschacher Tagung weitgehend durchgesetzt. Seither konnten manche Einwände, die im Begutachtungsverfahren auftauchten, ausgeräumt, manche Anregungen eingebaut werden. So wurde die erste Aufbauphase von zwei auf mindestens drei Jahre ausgedehnt, in denen man nur die „Selbstschöpfung einer Universität“ als bildungswissenschaftliches Experiment durchziehen und beobachten will. In dieser Zeit sollen Dissertan-ten an diesem Experiment mitwir-

ken, sollen Lehrgänge und Kurse abgehalten werden. Erst in den folgenden sieben Jahren soll dann das Ziel einer allen Bereichen der wissenschaftlichen Lehrerbildung gewidmeten Institution — die mit den andern Hochschulen den Titel „Universität“ erhalten soll — angepeilt und erreicht werden.

Die Idee einer Aspirantur als Vorbereitung für die wissenschaftliche Laufbahn wurde nicht fallen gelassen, aber einer für alle Universitäten vorbereiteten Gesamtreform vorbehalten. Die Mitbestimmung von Mittelbau und Studenten ist zunächst in dem Maß vorgesehen, wie es die Studienkommissionen auch für die technischen Hochschulen bestimmen. In den Gründungsausschuß wird mit jedem neuernannten Professor jeweils auch ein Vertreter der Mitarbeiter einziehen. Abgesehen von den 150 Millionen, die die Kärntner selbst beisteuern, soll auch das allgemeine Hochschulbudget so aufgestockt werden, daß Klagenfurt nicht zu einer Beeinträchtigung der bestehenden Hochschulen führt.

Auch beim Kunsthochschulgesetz

blieb der wahre Kern in den Reden der Parlamentarier verborgen. Die Meinungen gingen noch kurz vor der Verabschiedung auseinander, ob man nicht lieber auf eine für alle Universitäten geltende Regelung warten solle, die ja dann auch die Kunsthochschulen einbeziehen müßte. Möglicherweise wäre also das „Kuhog“ kurze Zeit später schon wieder überholt. Aber dieses Schicksal trifft heutzutage nicht nur in Österreich viele Gesetze.

Man befürchtete die Schaffung von Präzedenzfällen, wenn für einen Teil der Hochschulen schon Regeln für die Mitsprache der Studenten, für die Neuformung der Strukturen gesetzt würden — aber .viele der-Elemente, die hier Gesetz wurden, haben in der Diskussion der letzten Monate ihren Tabucharakter verloren. Dies gilt ebenso für den Grundsatz der Mitbestimmung wie für die Notwendigkeit der fachlichen Voraussetzung für diese. So wird nun an den Kunsthochschulen nur der Konvent drittelparitätisch zusammengesetzt sein. Die entscheidenden Beschlüsse fallen im Gesamtkollegium, in dem zwei stimmberechtigte Studentenvertreter anwesend sind. Damit haben in beiden Fällen Diskussionen Positives ergeben.

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