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„Der Krieg hat uns noch mehr entzweit“

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Der tödliche Konflikt in Ruanda entzweit auch Ruandesische Studenten hierzulande. Ist Versöhnung möglich? fragte die FURCHE Vertreter zweier Gruppen.

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Der tödliche Konflikt in Ruanda entzweit auch Ruandesische Studenten hierzulande. Ist Versöhnung möglich? fragte die FURCHE Vertreter zweier Gruppen.

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Die Unterschiede in der Beurteilung der gegenwärtigen Situation in Ruanda könnten größer nicht sein: die ARGE Ruanda trennt anscheinend W eiten von der AERA (Association des Etudiants Rwandais en Autriche). Gegenseitig halten sich ihre Vertreter — die FURCHE sprach mit dem AERA- Obmann Jean Pierre Sebat- ware und mit dem ARGE- Ruanda-Koordinator Jacques Shumbusho — Einseitigkeit beziehungsweise Verniedlichung der Lage in ihrem Heimatland vor.

Sebatware, den sein Studentenkollege Shumbusho als dem Habyarimana-Clan (also dem bei einem Flugzeugabschuß ums Leben gekommenen Hutu-Präsidenten Ruandas) zugehörig bezeichnet, interpretiert „den seit vier Jahren andauernden Kreuzzug der Ruandesischen Patriotischen Front“ (Tutsis-Rebellen) als „die Umsetzung des Machtwiedereroberungsplanes in Ruanda“. Shumbusho wiederum verweist auf die seit der Revolution von 1959 andauernde Verfolgung der sogenannten Tutsis (der alten Aristokratie) und die Schönfärberei der AERA bezüglich der Menschenrechtssituation in Ruanda.

Shumbusho wörtlich: „Wer versuchte, etwas gegen das Hutu-Regime zu sagen, wurde umgebracht. Die nach den Friedensverhandlungen 1993 in Arusha gegründeten Milizen wurden ideologisch indoktriniert und in der regulären Armee darauf trainiert, gegen Tutsis und Komplizen vorzugehen.“

Das Hutu-Regime unter Juvenal Habyarimana sei unglaubwürdig gewesen, habe den Frieden von Arusha nur zur Propaganda nach außen ausgehandelt, ihn im Inneren aber als einen „bloßen Fetzen Papier“ betrachtet.

Die ursprünglich auf Druck des Regimes, unter strenger Beobachtung des Ruandesischen Botschafters in einer Organisation zwangsweise (so Shumbusho) zusammengeschlossenen Studenten aus Ruanda in Österreich haben sich seit 1991 — Streitereien hat es immer gegeben — deutlich auseinandergelebt. Der Krieg habe die Studenten noch mehr entzweit.

Sebatware und Shumbusho glauben an Aussöhnung als einzigem Weg zur Bewältigung der Krise. Sebatware sieht darin jedoch einen Prüfstein für die neuen Machthaber, ob sie Demokratie ein- führen oder eine noch härtere Diktatur der Minderheit durchsetzen wollen. Shumbusho meint: „Sehen wir nicht auf die Schuld des jeweils anderen. Schuldig sind wir alle. Als Ruandese muß man sich schämen, daß so ein Genozid pasieren konnte. Die Leute von AERA sollten zeigen, ob sie ihr Land lieben, und nicht immer die anderen als die Bösen denunzieren.“

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