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Der Nahe Osten soll profitieren

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Es ist kein Geheimnis, daß die Beziehungen zwischen Osterreich und Israel Auf-und-Ab-Situationen kannten. Gibt's jetzt wieder einen Aufschwung?

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Es ist kein Geheimnis, daß die Beziehungen zwischen Osterreich und Israel Auf-und-Ab-Situationen kannten. Gibt's jetzt wieder einen Aufschwung?

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Bis gegen Ende der sechziger Jahre waren die Beziehungen zwischen den beiden Staaten gut bis sehr gut. Eine merkliche Abkühlung trat zur Zeit von Bundeskanzler Bruno Kreisky ein, die noch zusätzlich verschärft wurde, als Menachem Begin israelischer Premier wurde. Aber auch vorher bestand keine übermäßige Sympathie zwischen Golda Meir und Bruno Kreisky.

Mit der Wahl Kurt Waldheims zum Bundespräsidenten erreichten die Beziehungen einen Tiefpunkt, der sich diplomatisch darin ausdrückte, daß an Stelle von Botschaftern nunmehr nur Geschäftsführer amtierten. Aber bereits zu Beginn der neunziger Jahre bemühten sich beide Seiten um eine Verbesserung des politischen Klimas. Von österreichischer Seite war der damalige Generalsekretär des Außenministeriums, Thomas Klestil, überaus aktiv. Mit dem Regierungsantritt Jizchak Rabins vor zwei Jahren war es vor allem Außenminister Schimon Peres, der sich für eine Intensivierung und Erneuerung der Kontakte einsetzte. 1994 war im diplomatischen Sinne ein überaus „fruchtbares” Jahr.

Eine lange Reihe führender Persönlichkeiten Österreichs besuchte Israel. Unter anderen waren es im Februar Vizekanzler Erhard Busek, der damalige Unterrichtsminister Budolf Schölten, Parlamentspräsident Heinz Fischer, Umweltministerin Maria Bauch-Kallat und im November der neue Generalsekretär im Außenministerium, Wolfgang Schallenberg. Waren diese Besuche schon wichtig genug, so bildeten naturgemäß die Besuche von Bundeskanzler Franz Vranitzky und vor allem von Bundespräsident Thomas Klestil, der mit Außenminister Alois Mock anreiste, den Höhepunkt dieser Besuchsserie.

Alle diese Besuche waren nicht eitle Repräsentation. Es kam zu ganz konkreten Abkommen, die sich nahtlos in den breiten Rahmen des Nahostfriedensprozesses einfügen.

Österreich hat sich von Anfang an entschieden für den Friedensprozeß engagiert. Im multilateralen wirtschaftlichen Forum hat Österreich bereits zwei wichtige Projekte begonnen:

■ Es wird ein regionaler Plan eines gemeinsamen Elektrisierungsnetzes zwischen Jordanien-Israel-Palästi-nensische Autonomie und weiterer Nachbarländer erarbeitet: Die erste Planungsgruppe war bereits in Israel und in der Autonomie, um sich ein erstes Bild zu verschaffen.

■ Es gibt ein großzügiges „Wasserprojekt” für Tunis, an dem Österreich und Israel teilnehmen (siehe furche-Interview mit Joseph Gov-rin, Furche 50/1994). Es handelt sich hiebei um Zyklisierung von Ab-flußwässern in Wüsten- und Savan-nah-Flächen, ein Gebiet, auf dem Israel viel Erfahrung und bereits Erfolge geerntet hat. Mit österreichischer Hilfe wird dies der tunesischen Landwirtschaft zugute kommen.

Wichtig zu erwähnen ist, daß Österreich der Palästinensischen Autonomie versprochen hat, Projekte in der Höhe von 20 Millionen Dollar im Laufe von fünf Jahren zu finanzieren. Die Gelder werden an die Palästinenser über internationale Organisationen weitergeleitet.

Zwischen Israel und Österreich bestehen zwei neue Verträge: Der eine geht über wissenschaftliche Kooperation. Und der zweite wurde anläßlich des jüngsten Besuches des israelischen Handelsministers, Micha Harish, in Wien unterzeichnet und behandelt die gemeinsame industrielle und technologische Kooperation.

Ein wichtiger Punkt in den bilateralen Beziehungen ist die humanitäre Bereitschaft Österreichs, in den Gesprächen mit dem Iran immer wieder die Frage der israelischen Gefangenen, Entführten und Vermißten zur Sprache zu bringen. Auch wenn sich diese im Libanon und nicht im Iran befinden sollten, ist es mit Bestimmtheit der Iran, der Informationen freigeben beziehungsweise hinsichtlich der Befreiung oder des Austausches das entscheidende Wort hat.

Ein weiteres gemeinsames Projekt besteht in einem Landwirtschaftskurs für 30 Albaner in Israel. Österreich und Israel tragen die Kosten zu fifty-fifty.

Erwähnenswert ist noch das gemeinsame „Nahost-Jugendtreffen” auf Initiative der Stadt Wien im Sommer 1994 in Wien. Palästinensische, israelische und Jugendliche aus weiteren Nahost-Staaten nahmen an dem gelungenen Treffen teil.

Bei einer solchen positiven Bilanz gibt es natürlich manchmal auch Verstimmungen (siehe furche 2/1995, Seite 1). Im allgemeinen ist Israel daran interessiert, daß jeder Staatsbesuch sich auch mit den Palästinensern befaßt und deren Probleme kennenlernt.

Im Falle des Besuches von Bundespräsident Klestil, der der erste Besuch eines österreichischen Bundespräsidenten in Israel war, sah man den Besuch als eine eher moralische und weniger rein politische Geste. Aus diesem Grund hielt das Jerusalemer Außenministerium einen Besuch bei Jassir Arafat für zeitlich nicht opportun.

Bundespräsident Klestil hatte Verständnis für die israelische Position gezeigt. Er war beeindruckt von den Ehrenbezeugungen ihm gegenüber und der Korrektheit und Offenheit, was in seiner Bede vor der Knesseth zum beredten Ausdruck kam.

Am Rande sei bemerkt, daß durchaus nicht jedem Staatsoberhaupt ein Rostrum in der Knesseth zur Verfügung gestellt wird. Israel weiß die Einstellung Österreichs zu schätzen, auch wenn kein Israeli, ähnlich wie im Falle Deutschlands, über die Schatten der schrecklichen Nazi-Vergangenheit springen kann.

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