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Der neue Simca 1000 Automatic

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Wir müssen offen gestehen, daß wir mit einem vorgefaßten Urteil an die Gebrauchswertprüfung des „Simca 1000 mit Automatik” herangingen. Das war durchaus begründet. Bisher hatten wir wirklich gute Erfahrungen nur mit automatisch geschalteten großen Amerikanern und mit — nach europäischen Begriffen — großen Wagen des alten Kontinents. Da hat uns die Automatik restlos befriedigt. Hingegen waren wir enttäuscht, als wir kleine Wagen mit allen möglichen „Schalterleichterungen” fuhren, wir kamen zur Überzeugung, daß die Automatik bestenfalls von einem Zylinderinhalt von 1,5 oder 1,7 Liter aufwärts sinnvoll und nützlich ist.

Seit wir den Simca 1000 mit Automatik probiert haben, sind wir anderer Ansicht. Es muß vorangeschickt werden, daß der Wagen uns nur für kurze Zeit, dafür aber bei den ungünstigsten Witterungsverhältnissen, also bei hoher Schneelage, vereisten Straßen, bei Nebel und ziemlicher Kälte, zur Verfügung stand. Die Überraschung begann beim ersten Anfahren. Das Fahrzeug hatte normale Sommerreifen und wir glaubten schon aus diesem Grunde, Schwierigkeiten zu bekommen, um so mehr, als wir uns ja erst wieder auf die „Pensionierung” unseres linken Fußes einstellen mußten. Und siehe da — aus sehr tiefem Schnee, noch dazu gegen eine leichte Steigung, zog der Wagen davon. Ebenso überraschte uns die relativ ausgezeichnete Straßenlage auf glatter Fahrbahn, die Kurvensicherheit und das gute Anzugsmoment auf Steigungen. Nimmt man die ausgezeichnete Sicht,, die klaglos funktionierende Belüftung und Beheizung, das Defrosten eingefrorener Scheiben geht rasch vor sich, mit in Betracht, dann ist man versucht, den Simca 1000 mit Automatik als geradezu prädestiniert für Winterfahrten zu bezeichnen.

Auch andere Details, wie das Einschlüsselsystem, die Ablage am Armaturenbrett, die Übersichtlichkeit der Instrumente, die Beleuchtung, haben uns gut gefallen, aber natürlich haben wir auch — wie bei jedem Wagen — einige Minuspunkte zu verzeichnen. Da ist zum Beispiel das Nebeneinander von Lichtschalter- und Blinkerhebel, die, wenn schon beide unter dem Lenkrad, wenigstens an verschiedenen Seiten desselben angeordnet werden sollten, damit man sie nicht so leicht miteinander verwechselt, was im Interesse der Verkehrssicherheit geboten erscheint, da ist ferner der Radkasten sowohl beim Lenker als auch beim Mitfahrer, der ein wenig stört und vielleicht bei einigem guten Willen des Karos- seurs entweder einige Zentimeter seitlich oder etwas tiefer gesetzt werden könnte. Hier genügen oft geringfügige Änderungen, um auf. langen Fahrten noch etwas mehr Bequemlichkeit zu schaffen. Apropos Bequemlichkeit:

Die Sitzpositionen vorn und hinten sind ausgezeichnet. Ebenfalls zu den Minuspunkten gehört der Umstand, daß sich der Knauf des ansonsten in guter Position liegenden Schalthebels im Armaturenbrett spiegelt. Es ist störend, wenn man ständig eine Ellipse vor den Augen hat, vielleicht könnte man den Schaltknopf zumindest aus Weniger glänzendem Material herstellen, denn daß sich Gegenstände vom Armaturenbrett und auch vom Inneren des Wagens in der Windschutzscheibe spiegeln, scheint auch bei anderen Wagen ein unlösbares Problem zu sein. Wir haben ferner bedauert, daß der Benzintank nicht absperrbar ist. Die Zugänglichkeit zu den Zündkerzen ist nicht ideal, hingegen sind fast alle anderen Teile des Motors und des Wagens leicht erreichbar. Schließlich finden wir die Anlage des Scheibenwaschers vorne nicht ideal, bei großer Kälte kann sie gewiß leicht einfrieren. Das wäre aber auch alles, was zu kritisieren ist. Selbst unter den beschriebenen ungünstigen Straßen- und Witterungsverhältnissen hat sich der Simca 1000 mit Automatik ausgezeichnet bewährt, man fühlt sich richtig zu Hause in diesem nur dem Zylinderinhalt und dem Aussehen nach „kleinen Wagen”, man bringt relativ viel Gepäck unter, man steigt nach langen Fahrten ohne Ermüdung aus und der Verbrauch, wie wir durch Umfrage bei Fahrern festgestellt haben, die das Fahrzeug länget als wir in Gebrauch hatten, bewegt sich je nach Fahrweise in günstigen Grenzen. Wir haben es bedauert, daß wir infolge der Ungunst der Witterung keine Brems- und Beschleunigungsprüfungen durchführen konnten, wir glauben jedoch — rein gefühlsmäßig —, daß dieser Wagen auch in dieser Beziehung uns nicht enttäuscht hätte. Unter schwierigen Verhältnissen hat er uns jedenfalls Freude gemacht und von einem Vorurteil befreit.

Frankreich ist das erste europäische Land, in welchem sämtliche bedeutenden Fahrzeugproduzenten, wie Renault, Citroen, Simca und Peugeot, über mindestens einen in großen Serien aufgelegten Wagentyp verfügen, der wahlweise mit konventionellem oder automatischem Schaltgetriebe ausgerüstet warden kann. Diese bemerkenswerte Neuorientierung dürfte in erster Linie auf die außergewöhnliche Verkehrsdichte in den Großstädten zurückzuführen sein, wobei Paris diesbezüglich in ganz Europa zweifellos die größten Probleme stellt. Obwohl sich der Trend zum selbsttätigen Getriebe immer deutlicher herausschält, ziehen es zur Zeit einige Firmen vor, halbautomatische Konstruktionen anzubieten, wie etwa Simca beim Modell 1000, die Ferodo-Kraftübertragung, welche wie ein konventionelles Getriebe, jedoch ohne Kupplungspedal arbeitet, während Renault beim Modell 8 Automatic eine Magnetpulverkupp- lung verwendet, System Jaeger, ein elektronisch geschaltetes Dreiganggetriebe und Drucktasten am Armaturenbrett vorgesehen hat. Die Modelle Citroön DS 19 und 21 besitzen eine automatische Kupplung und automatische Schaltung. Die Marke Peugeot rüstet ihren Mittelklassetyp 404 mit der von der Zahnradfabrik Friedrichshafen entwickelten Anordnung aus.

Wir sehen also, daß sich die lange Zelt ablehnende Haltung der Europäer, gemeint sind nicht nur die präsumptiven Wagenkäufer, sondern auch die Automobilfabriken, in bezug auf automatische Kraftübertragung zu ändern scheint. So bietet Simca nicht nur für den 1000er die erwähnte Anordnung an, auch das Modell 1500 kann mit einem Getriebeautomaten der bekannten Konstruktion Borg- Warner geliefert werden. Der Getriebeautomat beim Modell 1000 erinnert in seiner Gesamtkonzeption an den von Chrysler vor Jahren auf den Markt gebrachten „High Drive”. Seine Hauptelemente bilden ein Drehmomentwandler, ein nacbgeschaltetes konventionelles Dreiganggetriebe, eine Reibungskupplung, welche mit dem Turbinenrad gekuppelt ist, sowie die elektro-hydraulische Kupplungsbetätigung über eine Spezialfeder. Die Aufgabe . der Kupplung, welche in jedem Gang wirkt, besteht darin, die Bremswirkung dės Motors auszunūtzėn, sėi es bei Bergabfährt oder für das Anwerfen dės Motors durch Anrollen odėr Anschleppen. Das Einlegen der einzelnen Gänge erfolgt durch einen Kahtakt lm Schalthebel. Der Fahrer kann zwischen drei Vorwärtsgängen und dem RUckwärtsgang wählen. Die Gänie tragen die Namen Route (Sttaße, das 1st der dritte Gang für Normalfährt), Ville et Mcmtaghe (Stadt und Gebirge, zweiter Gang) uhd schließlich Exceptional (das heißt Ausnahme, erster Gang).

In der Praxis spielt sich das Schalten fol- gendermaßen ab: In Stellung Route kann man Dank dem Hydrowandler anfahren Und bis zur Höchstgeschwindigkeit im selben Gang bleiben. Voraussetzung ist, däß keine allzu großen Steigungen zu überwinden Sind. Für letztere und für rasche Beschleunigung im dichten Verkehr ddėnt der zweite Gang Und für außerordentlich schwierige Situationen die Auanahmeposition. Will man Sportlich anfahren, d nn beginnt man mit dem ersten Gang, schaltet bei etwa 40 km/h ln die Mittelstufe uhd etwa bei 70 km/h ln den direkten Gang. Das Ergebnis gleicht etrtWn Dreiganggetriebe ohne Kupplungspedal, aber mit Schlupf- und Drehmomenterhöhung beim Artfahren.

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