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Der uber die Volker Hinaussehende

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SELBSTZEUGNISSE. Von Albert Schweitzer. Verlag C. H. Beck, München. 347 Seiten. Preis 8.20 DM.

Die heutige Welt ist an Idealen nicht ärmer als frühere Zeiten, sondern reicher an materiellen Kräften, die mit allen Mitteln den Sinn der Ideale in Frage stellen. Aber ärmer wird die Welt an Männern, die mit beiden Füßen festgegründet auf der Erde stehen und mit ihr verwachsen, Leuchttürmen gleichend, ihr Licht hinaussenden auf die nachtdunkle, sturmbewegte See. Ein solcher Weiser in doppelter Bedeutung ist Albert Schweitzer, dessen Geburtstag kürzlich die ganze Welt feierte. Lebt sie ihm nach, dort, wo sie vorgibt, frei zu sein? Ist ihr das Bildnis des Menschen eines nach Gottes Ebenbild? Wozu verwendet sie die Fortschritte ihres Geistes und ihrer technischen Vervollkommnung? Ist es nicht so, daß auf der einen Seite die Ärzte sich rühmen, ein Heilmittel gefunden zu haben, das Hundert-tauSenden das Leben verlängern kann, daß Chirurgen in überstaatlichen Kongressen sich gegenseitig mit neuen Operationserfolgen bekanntmachen — daß aber auf der anderen Seite eben der gleiche Menschengeist das, was Gottes Ebenbild ist, mit denselben perfekten Methoden der Technik und des Verstandes zu vernichten trachtet? Darum ist der Mahnruf gegen die Atomrüstung, die Fortsetzung der Versuche mit Atombomben — ausgedrückt in der Rede von Oslo — gerade durch Schweitzer von besonderem. .Gewicht gewesen.

Adolinanongp, der „über die Völker Hinaussehende“, heißt ein Hügel, den Schweitzer an einem Nebenarm des Ogowe für sein neues Spital als Bauplatz erwählte. Ein über die Völker Hinaussehender ist der „Urwalddoktor“ auch heute in der geteilten Welt. Für sein Wirken gibt es kejne „Vorhänge“. Er weiß, und hat es mehrfach ausgedrückt, welches Unrecht Europa und die Neue Welt an Afrika gutzumachen haben.

Den besten Zugang zum Verständnis seines Wirkens und Denkens, zu seinem Tatleben, sind die Selbstzeugnisse, welche nunmehr in der einmaligen Sonderausgabe der „Bücher der neunzehn“ die drei Werke zusammenfassen: „Aus meiner Jugendzeit“, „Zwischen Wasser und Urwald“ und die „Briefe aus Lambarene“. Dieses Triptychon der Menschlichkeit, dieses Manifest des Glaubens an die Güte gehört zu den Büchern, die in jedem Hause vorhanden sein müssen.

ALBERT SCHWEITZER. Leben - Werk - Botschaft. Von Benno S t e i n i t z. Austria-Edition, Wien. 180 Seiten, 8 Abbildungen. Preis 55 S.

„Ich finde“, so schreibt Schweitzer an den Wiener Verlag und damit an den Verfasser, „daß die Schrift von Dr. Steinitz zum Besten gehört, was je über mich geschrieben ist.“ Dieses gefällig ausgestattete Buch ist, wie auf der Seite nach dem Titelblatt zu lesen steht, „der Jugend gewidmet, die in Albert Schweitzers Leben und Botschaft ihr erhabenes Vorbild sehen möge, das sie zu eigenen Leistungen im Dienste der Menschlichkeit anspornt“. Für nichts ist die Jugend von heute dankbarer, als für Zielsetzungen, für Ideale. Der Verfasser ist am 18. Mai 1959 gestorben, die anerkennenden Worte aus Lambarene erreichten ihn nicht mehr unter den Lebenden. Leben aber ist weiterzeugen, wofür zu jeder Stunde Zeugnis abgelegt werden muß nach den Worten: „Ihr alle aber seid Brüder.“ In zehn Kapiteln, wozu noch die bibliographischen Hinweise treten, werden in klarer Sprache, frei von Pathos, das Leben, das Wirken und die beherrschenden Ideen dargelegt.

ALBERT SCHWEITZER. Fackelträger der Menschlichkeit. Herausgegeben von Leopold W e c h. ÖsterV reichische Albert - Schweitzer - Gesellschaft, Wieni? 6jf Selftr.' 7reS-'3% S?-

Dieses mit Erlaß des Bundesministeriums für!' Unterricht als Klassenlesestoff zum Unterrichts-gebrauch an allen mittleren Lehranstalten und an der Oberstufe der Mittelschulen zugelassene Buch, das im Auftrag unserer Schweitzer-Gesellschaft erschien, legt das Hauptgewicht auf der Jugend gemäße Erlebnisnähe, Sachlichkeit und klare Sprache. Daraus ergibt sich eine weitgespannte pädagogische Verwendungsmöglichkeit des Buches. Nach einer Einleitung' des Bundespräsidenten und dem Vorwort des Herausgebers schildert Karl Schulhofe r, der Vorstand der österreichischen Schweitzer-Gesellschaft, anschaulich eine Fahrt und das Leben in Lambarene. Die Persönlichkeit Schweitzers stellt Leopold Wech treffend dar, und vergißt nicht auf die Medikamentenspende unserer Apothekervereinigung im Werte von 200.000 S hinzuweisen, die Karl Schulhofer nach Lambarene brachte. In dem Abschnitt „Mit der Goldwaage gewogen“ sind Merkworte des großen Arztes, Menschenfreundes und Kulturphilosophen zusammengefaßt. Sehr wertvoll sind die bis 1959 reichenden Literaturangaben und die geschickt ausgewählten Bilder.

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