6733760-1966_11_03.jpg
Digital In Arbeit

Der Vatikan im 2.Weltkrieg

Werbung
Werbung
Werbung

Unter dem Titel „Der Heilige Stuhl und der Krieg in Europa. März 1939 bis August 1940” sind vor kurzem die ersten beiden der auf mehrere Bände berechneten Aktenpublikation aus den vatikanischen Archiven „Akten und Dokumente des Heiligen Stuhles betreffend den zweiten Weltkrieg” erschienen. Neben den von den Alliierten publizierten „Akten zur deutschen auswärtigen Politik” (in deutscher und englischer Sprache) haben Großbritannien, Frankreich, Italien und die Vereinigten Staaten entgegen der üblichen Sperrfrist von fünfzig Jahren aus ihren Archiven Akten betreffend den zweiten Weltkrieg publiziert. Die vorliegende vatikanische Sammlung „sucht alle Dokumente zu publizieren, welche die Haltung und die Aktion des Vatikans gegenüber dem Konflikt aufklären können, der zuerst schwelte, dann an bestimmten Punkten ausbrach und sich schließlich zu einem Weltkrieg mit unbegrenztem Auswdrken entfesselte” (S. V.). Alle im vorliegenden ersten Band abgedruckten 379 Dokumente sind im Originaltext — Italienisch, Französisch oder Englisch — in vollem Wortlaut wiedergegeben.

Die Herausgeber Pierre Biet, Angelo Martini und Burkhart Schneider betonen im Vorwort, daß das Staatssekretariat im Vatikan nicht wie üblich nur als das Außenministerium des Papstes angesehen werden sollte, weil es neben den Berichten der päpstlichen Diplomaten aus den einzelnen Ländern Berichte über das innere Leben der katholischen Kirche und das religiöse Leben der katholischen Gläubigen empfängt und diesbezüglich Weisungen aussendet, die mit den internationalen Beziehungen nichts zu tun haben (S. VII).

Hirtenamt und Weltpolitik

Diese Bemerkung der Herausgeber ist in zweifacher Hinsicht wichtig. Entgegen immer wieder vertretenen Auffassungen wird im Vatikan primär Pastoral geübt, das Hirtenamt für die Katholiken in aller Welt, und nicht Außenpolitik. Die Kirchenleitung wacht über den Glauben, das depositum ftdei, das in allen Ländern unversehrt und un- gemindert an die nächste Generation weitergegeben werden soll. Zu diesem primären Zweck müssen die religiösen, philosophischen, wissenschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen überall beobachtet werden, damit die Leitung der Kirche den Katholiken in den einzelnen Staaten entsprechend raten und allenfalls helfen kann, dieses Glaubensgut zu bewahren.

Im Rahmen dieser Weltpastoral muß die Kirche, die nicht von dieser Welt ist, aber in dieser — recht unvollkommenen — Welt steht, auch die Innenpolitik der einzelnen Staaten und die Weltpolitik verfolgen, um für die Aufrechterhaltung des Weltfriedens ein treten und in politisch zweckmäßiger Weise für die Achtung der christlichen Lehre und der Menschenrechte auffordern und wirken zu können.

Der Amtsantritt Pius’ XII.

Pius XII. fand bei seiner Wahl am 2. März 1939 eine Lage in Europa vor, die im Staatssekretariat des Vatikans, dessen Leiter er durch zehn Jahre gewesen war, etwa folgendermaßen beurteilt wurde. „Seitdem Deutschland das der Diktatur Adolf Hitlers unterworfene Dritte Reich geworden war, schien sich Europa mit jedem Tag dem Augenblick zu nähern, an dem es zwischen Krieg oder Knechtschaft zu wählen hatte. Die Garantien, mit denen der Vertrag von Versailles den zukünftigen Frieden zu sichern glaubte, waren eine nach der anderen gefallen. Die Erfolge Hitlers erhöhten seine Tollkühnheit und stärkten das Vertrauen, das seine Anhänger im Inneren und seine auswärtigen Bundesgenossen in ihn setzten. Während Frankreich auf die deutsche Wiederaufrichtung, auf die Remilitarisierung des Rheinlandes und auf die Aufsaugung Österreichs nur mit diplomatischen Noten reagiert hat, sah die italienische Regierung, die wegen der Sanktionen gegen ihren Krieg in Äthiopien verbittert war, eine Zukunft nur noch in einem Bündnis mit dem Dritten Reich. So bildeten sich in Europa zwei Blöcke, der der satten Demokratien, die auf ihren Lorbeeren von 1918 schlummerten, und jener der materiell notleidenden Diktaturen, die ihre Volkswirtschaft zur Rüstung verwendeten. Im September 1938 war der Zusammenstoß noch unterblieben. Im letzten Augenblick, als die Mobilisierung schon angelaufen war, schien die von Mussolini inspirierte Konferenz von München den Frieden gerettet zu haben. Papst Pius XII hatte sich aber nicht täuschen lassen. Er hatte im zusammengekleisterten Frieden von München nicht nur die Kapitulation, sondern den Bankrott der beiden Westmächte gesehen” (S. 7 f., zum Teil nach Notizen des Abteilungsleiters im Staatssekretariat, Msgr. Tardini). Die Furcht vor neuen Gewaltstreichen Hitlers lag über der Welt, als Kardinal Pacelli am 12. März 1939 gekrönt wurde.

Die Schatten des Unheils

Am 15. März 1939 marschierten deutsche Truppen in Prag ein, einige Tage später zwang ein deutsches Ultimatum Litauen zur Abtretung des Memelgebietes, am 7. April 1939 — einem Karfreitag — bombardierten italienische Truppen Tirana, Albanien wurde okkupiert. Massive deutsche Drohungen richteten sich nunmehr gegen Polen.

Pius XII. hatte in seiner ersten Radiobotschaft vom 3. März 1939 zum Frieden gemahnt und um den Frieden gebetet. Am Ostersonntag, dem 9. April, widmete er seine Predigt einem zweiten Friedensappell.

Am 14. April 1939 richtete Präsident Roosevelt eine Botschaft an Hitler und Mussolini; die Völker lebten in Angst vor neuen Aggressionen, die beiden Diktatoren sollten sich verpflichten, durch zehn Jahre keinen der in einer Liste zu seiner Botschaft angeführten 31 Staaten anzugreifen. Roosevelt ließ Pius XII. ersuchen, seine Botschaft zu unterstützen (Dokumente 9, 10, 12, 14), was der Papst hinsichtlich Deutschlands ablehnte (Dokument 13). Doch ist seither die Verbindung des Vatikans mit Washington aufrechterhalten worden. Hitler erwiderte in seiner Reichstagsrede vom 28. April 1939 auf Roosevelts Botschaft mit Hohn.

Konferenz im Mai 1939?

Ab Anfang Mai 1939 ließ Pius XII. wegen einer europäischen Konferenz vertraulich sondieren, auf welcher Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Italien und Polen ihre Differenzen friejdlich bereinigen sollten. Aber nie Achsenmächte lehnten ab, sie wagten offensichtlich nicht, ihr Spiel von München zu wiederholen. Denn in Großbritannien war seit dem deutschen Überfall auf Prag die öffentliche Meinung völlig gegen Deutschland aufgebracht. Großbritannien und Frankreich hatten einen Bündnisvertrag mit Polen abgeschlossen, und die Garantie der Westmächte wurde später auch auf Rumänien und Griechenland ausgedehnt. In Deutschland und in Italien konnte seither kein Zweifel darüber bestehen, daß jede Angriffshandlung, vor allem gegen Polen, den Krieg auslösen würde. Die Westmächte lehnten ab, so führte der Papst seine Initiative nicht weiter.

Bericht des Berliner Nuntius

Anläßlich der Ablehnung der päpstlichen Initiative durch Deutschland, entwickelte Außenminister Ribbentrop dem Nuntius in Berlin, Orsenigo, am 17. Mai 1939 die deutschen Überlegungen für den Kriegsfall. Wenn Polen den Krieg provoziert, würde es, von zehn Seiten angegriffen, von Deutschland in Kürze zermalmt sein. Von 34 Millionen Einwohnern Polens würden acht Millionen Ukrainer, vier Millionen Juden sowie die Deutschen und Russen in diesem Lande nicht für Polen kämpfen. So stünden nur 18 Millionen Polen 85 Millionen bis an die Zähne bewaffneten Deutschen gegenüber; in wenigen Tagen würde Polen blitzartig liquidiert sein. Wenn die Franzosen im Westen angriffen, würden sie ein neues Sedan erleiden, von dem sie sich nur schwer erholen würden. Die englische Flotte werde niemals in Deutschland landen können. Als Orsenigo auf Rußland hinwies, meinte Ribbentrop, wenn die Sowjets ihre Propaganda für die Weltrevolution einstellten, stehe einer Annäherung Deutschlands und Rußlands nichts entgegen (Dokument 47). Am 22. Mai wurde in Berlin der sogenannte Stahlpakt unterzeichnet, der Deutschland und Italien gegenseitig zu sofortiger Waffenhilfe verpflichtete. Trotzdem hat der Vatikan sich über ein Jahr unentwegt — und mit Erfolg — darum bemüht, daß Italien dennoch neutral blieb.

An die Adresse Deutschlands

Ab Anfang August verstärkte Deutschland wegen Danzig seinen Druck auf Polen. Der italienische Außenminister Oiano, der Hitler und Ribbentrop vom 11. bis 13. August in Berchtesgaden traf, war außerstande, die beiden deutschen Staatsmänner für eine diplomatische Regelung zu gewinnen. Großbritannien und Frankreich intervenierten im Vatikan; der Papst, der am 19. August 1939 eine neue Mahnung zum Frieden gesprochen hatte (Dokument 105), möge neuerlich zu Verhandlungen auffordern. Dies geschah in dem bekannten Friedensappell Pius’ XII. vom 24. August 1939, der von Castel Gandolfo aus über das Radio in mehreren Sprachen gesendet wurde (Dokument 113). In der Tat verschob Hitler den für die Nacht vom 25. auf 26. August angesetzten Angriff auf Polen.

Letzte diplomatische Bemühungen

Der britische Gesandte am Vatikan, Osborne, wies Msgr. Tardini gegenüber darauf hin, daß Hitler Polen ebenso zerstören wolle wie die Tschechoslowakei und damit ein weiteres katholisches Land unter deutsche Herrschaft geriete; die katholische Kirche würde darunter leiden, wie sie in Österreich darunter leide (Dokument 111).

Dagegen nahm auf Grund alliierter Anregungen Pius XII. die Gelegenheit wahr, beim Antritssbesuch des neuen belgischen Botschafters am 14. September 1939 an die Adresse Deutschlands auf die alliierten Erklärungen über die Einhaltung der Gesetze der Menschlichkeit und der internationalen Konventionen zu verweisen; er sagte: „Ganz besonders aber wollen Wir hoffen, daß die Zivilbevölkerung von jeder unmittelbaren militärischen Operation verschont bleiben werde; daß in den besetzten Gebieten das Leben, das Eigentum, die Ehre und die religiösen Gefühle der Einwohner beachtet werden; daß die Kriegsgefangenen menschlich behandelt werden und ohne Behinderung die Tröstungen der Religion werden empfangen können” (Dokument 202). Wiederholt hat ferner der Vatikan um die Zulassung eines Vertreters im besetzten Polen angesucht, was von Deutschland abgelehnt wurde (Dokumente 257, 258, 259).

Die Weihnachtsbotschaft 1939

Anfang Dezember 1939 ließ Pius XII. wegen einer Waffenruhe zu Weihnachten sondieren; der Plan wurde aber allseits — aus technischen Gründen — abgelehnt. In seiner an die ganze Welt gerichteten Weihnachtsbotschaft richtet der Papst den Nachdruck auf folgende Voraussetzungen für einen Weltfrieden in Ordnung und Gerechtigkeit: Sicher bestehe das Recht aller Völker, kleiner und großer, schwacher und starker, auf Leben und Unabhängigkeit; der Lebenswille eines Volkes dürfe nicht zum Todesurteil für ein anderes werden. Er forderte Befreiung der Völker von der Last des Rüstungswettlaufes sowie die Wiederherstellung und Schaffung internationaler Institutionen unter Vermeidung der Mängel der früheren Organisationen. Die Bedürfnisse und gerechten Ansprüche der Völker und der ethnischen Minderheiten sollten berücksichtigt werden. Zum Schluß konnte Pius XII. die bevorstehende Entsendung eines Botschafters des Präsidenten der Vereinigten Staaten an den Vatikan ankündigen (Dokument 234).

Pius XII. und Roosevelt

Pius XII. hatte im Jahr 1936 den Vereinigten Staaten einen Besuch abgestattet und war auch mit Franklin Delano Roosevelt zusammengetroffen. Nach dem oben erwähnten Ersuchen Roosevelts um Unterstützung seiner Botschaft vom 14. April 1939, dem der Papst nur bei Mussolini entsprochen hatte, waren die Kontakte zwischen Washington und dem Vatikan nicht mehr unterbrochen worden und wurden durch Entsendung Myron Taylors als persönlichen Vertreter des Präsidenten der Vereinigten Staaten abgeschlossen, dem Papst französische und der britische Gesandte wiederholten am 28. August 1939 die Bitte ihrer Regierungen um eine öffentliche Geste des Heiligen Stuhles zugunsten Polens. Pius XII. lehnte ab; man müsse an die 40 Millionen Katholiken in Deutschland denken. Welchen Maßnahmen würden diese nach einer solchen Manifestation des Heiligen Stuhles ausgesetzt sein? Der Papst habe schon klar genug gesprochen (Dokument 144). Dennoch hat sich der Vatikan noch in den wenigen Tagen bis zum Ausbruch des Krieges unentwegt um die Erhaltung des Friedens bemüht (Dokumente 152, 153, 154, 165, 166, 170), bis zu der Zumutung an Polen, es möge wegen der angeblichen Verfolgung von deutschen Minderheiten in Polen eine internationale Kontrolle zulassen (Dokument 167 vom 31. August 1939). Am 1. September begann — so wie Ribbentrop es dem Nuntius Orsenigo angekündigt — der deutsche Überfall auf Polen.

Der englische Botschafter Osborne bestätigte unter Zustimmung des englischen Außenministers Halifax, daß der Heilige Stuhl alles, was in seiner Macht gestanden war, im Interesse der Erhaltung des Friedens getan habe (Dokument 197, vom 9. September 1939). Der französische Botschafter Charles-Roux bat am 1. September 1939 um eine ausdrückliche Verurteilung der deutschen Aktion durch den Papst. Staatssekretär Kardinal Maglione erklärte darauf, die Dokumente und Tatsachen sprechen für sich selbst (Dokument 171).

Pius XII. gern das Agrement erteilte. Auf einen Brief Roosevelts antwortete Pius XII. unter anderem: „Daß jetzt in einem Augenblick weltweiter Pein und Angst der erste Würdenträger der großen nord- amerikanischen Föderation, unter dem Zeichen der heiligen Christnacht, einen so hervorragenden Platz in der Vorhut jener Menschen eingenommen hat, die den Frieden herbeiführen und den Opfern des Krieges in so generöser Weise beistehen wollen, deutet auf eine Hilfe der Vorsehung hin, die Wir mit dankbarer Freude und gesteigertem Vertrauen entgegennehmen. Dies ist ein beispielhafter Akt warmer und brüderlicher Solidarität der Neuen und der Alten Welt in Abwehr gegen den eisigen Hauch atheistischer und antichristlicher, aggressiver und zerstörerischer Tendenzen, welche jene Quellen zum Versiegen zu bringen drohen, aus denen die Zivilisation entsprungen ist und ihre Kraft empfangen hat” (Dokument 240, vom 7. Jänner 1940).

Dem Empfang Myron Taylors dm Vatikan am 27. Februar 1940 widmete der „Osservatore Romano”, der Bedeutung des säkularen Ereignisses — mitten im zweiten Weltkrieg — entsprechend, fast die ganze erste Seite seiner Ausgabe vom 28. Februar 1940. Als vierzehn Tage später der Reichsaußenminister Ribbentrop nahezu überfallsartig eine Privataudienz beim Papst erzwang, erhielt dieser Besuch ein Drittel zweier Spalten auf der zweiten Seite des „Osservatore Romano”.

Ribbentrop im Vatikan

Vierzehn Tage später erzwang Ribbentrop eine Privataudienz beim Papst. Der Papst konnte den Besuch Ribbentrops nicht ablehnen, da zwischen Deutschland und dem Vatikan diplomatische Beziehungen bestanden und das Schicksal von Millionen Katholiken in Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei und in Polen von den nationalsozialistischen Machthabern abhing.

Ribbentrop, der zunächst etwas befangen war, erzählte dem Papst, er sei Weinhändler gewesen und habe sich nicht für die Politik interessiert. Infolge seiner zahlreichen Geschäftsbeziehungen zum Ausland sei er aber Hitlers Berater für Außenpolitik geworden. Er sei als Protestant geboren, aber ausgetreten, weil die protestantische Kirche weder Kraft noch Organisation oder Einfluß habe (S. 385). Gerade weil er keine religiösen Ideen habe, könne er religiöse Angelegenheiten objektiv beurteilen (S. 391). Hitler und er seien keine Feinde der Kirche, wohl aber des politischen Katholizismus des Klerus. Der Papst hielt ihm vor, daß das nationalsozialistische Regime doch Krieg gegen die Kirche führe: Häuser, Schulen und Erziehungsheime seien der Kirche entzogen worden, wobei die rechtmäßigen Eigentümer innerhalb weniger Stunden verjagt worden seien, und zitierte einzelne Fälle. Schließlich empfahl Pius XII. dem Reichsaußenminister, die Entsendung eines Vertreters des Vatikans, etwa Msgr. Collis, Rates der Nuntiatur in Berlin, nach Polen zu gestatten (Dokument 257 vom 11. März 1940).

Kardinal-Staatssekretär Maglione kam bei Ribbentrop auf diese Punkte im Detail zurück. In Deutschland und Österreich seien alle konfessionellen Schulen geschlossen, in vielen Volksschulen sei der katholische Religionsunterricht beseitigt, die Kruzifixe abgenommen, die Geistlichen entfernt, der Unterricht des Katechismus durch einen solchen der nationalsozialistischen Weltanschauung ersetzt, große und kleine Priesterseminare geschlossen, No- viziate, Klöster, Abteien und Einrichtungen der Caritas aufgehoben und eine Anzahl von Geistlichen verhaftet worden.

Als Ribbentrop erklärte, er sei darüber nicht informiert, verwies Staatssekretär Maglione auf ein Promemoria über alle diese Vorgänge, das er vor Monaten dem deutschen Botschafter beim Vatikan, Herrn von Bergen, Übergeben habe. Er könne ihm gerne eine weitere solche Zusammenstellung übermitteln lassen.

Hinsichtlich der zahllosen Nachrichten, die über die Verhältnisse in dem von Deutschland besetzten Polen im Umlauf seien, fuhr Staatssekretär Maglione fort, könnten einige und überaus peinliche nicht bestritten werden: eine Anzahl polnischer Bischöfe sei von ihren Amtssitzen entfernt worden, einige, wie der Bischof von Lublin, seien mit vielen Priestern eingekerkert, eine große Anzahl von Ordensleuten seien verhaftet, viele Kirchen seien geschlossen und in den noch offenen sei der Gottesdienst nur an wenigen Tagen und für einige Stunden gestattet.

Als Ribbentrop erklärte, in einem Gebiet unter Militärverwaltung könne es weder Diplomaten noch Konsuln geben, verwies Maglione darauf, daß bed der Besetzung des Ruhrgebietes und der Saar die fran zösische Regierung die Anwesenheit eines päpstlichen Vertreters, Monsignore Testas, zugelassen hätte, von dessen Wirken sich Deutschland befriedigter gezeigt hätte als Frankreich. Ribbentrop sagte, er wolle sich die Sache überlegen, könne aber keine Zusage machen. Ein Vertreter des Vatikans für Polen wurde ebensowenig zugelassen wie ein solcher für das seit 1938 besetzte Österreich: bald nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich hatte der Vatikan um die Zulassung eines Vertreters, allenfalls eines vatikanischen Konsulats in Österreich angesucht.

Hinsichtlich der Außenpolitik erklärte Ribbentrop sowohl dem Papst wie dem Staatssekretär, daß eine deutsche Offensive stattflnden werde und daß noch im Jahre 1940 Großbritannien und Frankreich um Frieden bitten würden.

(Fortsetzung folgt)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung