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Die Bischöfe in Rom

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Die erste Vollversammlung der Bischofssynode hat die Skeptiker angenehm enttäuscht: Sie hat schneller, besser und erfolgreicher gearbeitet als erwartet. Die falschen Prognosen über ihre Verfahrensweise gingen bewußt oder unbewußt — in jedem Fall fälschlich, wie sich erwiesen hat — von den Konzilserfahrungen aus. Das Konzil erläßt lehramtliche Dokumente, die Synode hatte nur Vorschläge zu unterbreiten. Sie ging in ihrer Debatte von Texten aus, die bestimmte Situationen und Probleme in der Kirche aus der Sicht der römischen Kurie beschrieben und aus der gleichen Sicht Lösungsvorschläge machten. Die Mitglieder der Synode hatten aus dem Blickwinkel ihrer Bischofskonferenzen diese „Lageberichte“ und ihre möglichen Lösungen zu bestätigen oder zurückzuweisen, in jedem Fall zu korrigieren und zu ergänzen. Entscheidungen zu fällen, war nicht ihre Aufgabe. Das ist Sache des Papstes.

Diese fehlende Entscheidungsvollmacht hat man als großen Mangel der Synode angesehen. Die erste Vollversammlung erhielt jedoch gerade von daher ihre Stärke. Weil sie nicht von Amts wegen mit Autorität sprechen konnte, mußte sie sich durch die Sachlichkeit und Überzeugungskraft ihrer Argumente Autorität und Gehör verschaffen. Das ist ihr zweifelsohne gelungen. Als das wichtige, von der Glaubenskongregation ausgearbeitete Dokument über „die gefährlichen Meinungen unserer Zeit und den Atheismus“ zur Diskussion gestellt wurde, ließen sich die Vertreter der pastoral ausgerichteten Synodenmehrheit schon am ersten Tag auch durch die Anwesenheit des Papstes nicht davon abhalten, die ängstlich-negative und zur Verurteilung neigende Haltung der Verfasser des Dokuments, und damit weiter Kreise der römischen Kurie, zu kritisieren und zurückzuweisen. Der Bericht, in dem die Sonderkommission dann die diesbezügliche Synodaldebatte zusammenfaßte, ist ein erfreulich positives, pastoral ausgerichtetes Dokument. Das ist um so bemerkenswerter und bezeichnender, als dieses Dokument — von der Friedensbotschaft abgesehen — das einzige ist, das die Synode von sich aus vorlegt.

Die Synode hat eine wesentliche Grundausrichtung des Konzils bekräftigt und sich zu eigen gemacht. Sie will eine weitgehende Verlagerung der Verantwortlichkeit von der römischen Zentralverwaltung der Kirche an die Bischöfe. Gesetze und

Vorschriften, die für die Gesamtkirche gelten, sollen nach ihrem Wunsch nicht über das unbedingt von der Einheit der Kirche geforderte Maß von Grundnormen hinausgehen, während die konkrete Anwendung auf die lokalen Gegebenheiten und Bedürfnisse Sache der Bischofskonferenzen sein soll: sei es in der Form von detaillierten Vorschriften (wie beim Kirchenrecht), sei es in der Form von Dispensen von weiterhin geltenden allgemeinen Normen (wie bei der Mischehe).

Den Auftrag der Synode formulierte Kardinal Döpfner auf einer Pressekonferenz so: „Sie bot dem Heiligen Vater und seinen Mitarbeitern in der römischen Kurie die Möglichkeit, in wichtigen Fragen, die anstehen, die Meinungen des Weltepiskopats zu hören. Das wird die weitere Arbeit sicherlich befruchten. Aber auch die Bischöfe selbst konnten ihren Blick weiten und werden mit wertvollen Anregungen in ihre Diözesen und zu ihren Mitbrüdern in den Bischofskonferenzen der Heimat zurückkehren. Natürlich werden die Erfahrungen dieser ersten Synode kommenden Begegnungen zugute kommen!“

In welcher Richtung sich diese Erfahrungen auswirken könnten, hat Döpfner angedeutet: Die Vorbereitung kommender Synodalversammlungen müßte intensiver sein und in Zusammenarbeit mit den Bischofskonferenzen erfolgen, die auch einen Einfluß auf die Tagesordnung bekommen sollten. Auch die Verfahrensweise der Synode selbst könnte und müßte noch verbessert werden. Vor allem aber bleibt immer noch die grundsätzliche Frage offen, welchen Standort die Synode in der Verfassung der Kirche einnimmt oder künftig einnehmen soll. Hier sind aber auch noch alle Wege offen. Mancher Beobachter hat bemängelt, daß die Synode weder ihren Anfang noch ihren Abschluß für sich gehabt hat: Die Eröffnung war verbunden mit der offiziellen Feier des 70. Geburtstages des Papstes und einer Kundgebung im Rahmen des Glaubensjahres, die Schlußfeier mit der Heiligsprechung eines französischen Schulbruders. Das sei, wurde vermutet, Regie der römischen Kurie, um die Synode in Grenzen zu halten. Man könnte es auch anders sehen: Die Synode wurde damit in das „normale“ vatikanische Geschehen einbezogen, ebenso wie sie an dem großen außergewöhnlichen Geschehen beteiligt war, am Rombesuch des ökumenischen Patriarchen. Wahrscheinlich aber ging diese „Regie“ gar nicht von so tiefgründigen Erwägungen aus, sondern einfach von der Notwendigkeit, dem Papst vermeidbare Zeremonien zu ersparen, um seinen Gesundheitszustand nicht noch unnötig zu schwächen. Viel wichtiger als feierliche Anfangs- und Schlußkundgebungen ist ja schließlich, daß die Empfehlungen der Synode zum Durchbruch kommen. Die Synode selbst hat wegen der Krankheit des Papstes unter zeitlichem Druck gestanden, was ihr allerdings nicht schlecht bekommen ist. Jetzt aber kommt es darauf an, daß Paul VI. baldmöglichst seine volle Gesundheit wiedergewinnt, um die Verwirklichung der Synodenempfehlungen veranlassen zu können.

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