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Die einmalige Chance Olympia

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Was Ausländern in Griechenland, insbesondere im Baum Athen, neben den vielen Vorzügen des Landes und seiner Bewohner besonders auffällt, sind die schlechte Luft und das Fehlen einer echten Umweltpolitik. Athen erstickt buchstäblich im Verkehr, viele veraltete Fahrzeuge produzieren entsprechende Abgaswolken und gefährden damit auch die antiken Gebäudereste. Auch zahlreiche anscheinend völlig ungeregelt über das Land verstreute Mülldeponien hinterlassen einen negativen Eindruck. Nun haben die Griechen allerdings einen besonderen Anlaß, sich am Biemen zu reißen.

Dieser Anlaß leuchtet einem auf T-Shirts in jeder Boutique in der Athener Altstadt Plaka entgegen: Die Olympischen Sommerspiele, das neben Fußball-Weltmeisterschaften größte Sportereignis der Welt, finden 2004 wieder einmal im Ursprungsland, in Athen, statt. War im Altertum der heilige Hain von Olympia Schauplatz der Wettkämpfe, so gingen sie 1896- als der Franzose Pierre de Cou-bertin die Spiele der Moderne ins Leben rief - im alten Stadion von Athen vor sich und von da an um die Welt. Daß zum 100-Jahr-Jubiläum 1996 Atlanta statt Athen zum Zug kam, nahm Griechenland dem Internationalen Olympischen Comite übel, nun dürften aber die Wogen geglättet sein, und es scheint, als erwache mit diesem Auftrag in vielen Griechen ein neues Selbstbewußtsein.

, Einst war ja das Land der Hellenen die Wiege der europäischen Kultur, heute hinkt Griechenland Europa ein wenig hinterher. Vor allem den Eilmärschen der anderen EU-Mitglieder in Richtung Währungsunion kann Athen trotz verstärkter Anstrengungen nicht folgen. Griechenland ist auch kein Land der Industrieprodukte, sondern der Handelsschiffahrt, des Tourismus und der Landwirtschaft. Griechenland habe sich damit abgefunden, sagt Hans Sabaditsch, Österreichs Botschafter in Athen, gegenüber der furche, nicht an der ersten Euro-Runde teilzunehmen, aber mit 1. Jänner 2001 will man die Maastricht-Kriterien erreicht haben und dabei sein. Daß der dazu nötige harte Sparpaket-Kurs bei der Bevölkerung Unmut auslöst, ist verständlich. Die Budgetsituation ist zweifellos das stärkste innere Problem Griechenlands.

Zypernfrage

Das vorrangige außenpolitische Problem ist eindeutig der Konflikt mit dem NATO-Partner Türkei, insbesondere die Zypernfrage. Jahrhundertelang gehörte Griechenland zum Osmanischen Reich, naturgemäß fühlen sich viele Griechen vom hoch-gerüsteten Nachbarn im Osten bedroht. Welcher Nichtgrieche bedenkt auch ständig, daß das Land erst 1829 unabhängig wurde, erst 1949 in den Besitz der Insel Bhodos kam? Daß sich die Griechen auch angesichts von Ge-bietsansprüchen Ankaras, angesichts wiederholter Luftraumverletzungen seitens der Türken gezwungen sehen, viel Geld in die Landesverteidigung zu investieren - Summen, die dann für die Erreichung der Maastricht-Kriterien fehlen? Botschafter Saba-ditsch umreißt die Lage so: „Griechenland ist dafür, daß die Türkei in die europäischen Strukturen eingebunden wird und sich damit an die internationalen Spielregeln halten muß, es stellt aber Vorbedingungen: internationale Regelung von Streitigkeiten, Menschenrechtsverbesserungen, Fortschritte in der Zypern-Frage." Auf Zypern hat die Türkei im Norden 35.000 Soldaten stationiert, denen im Süden nur 7.000 Griechen gegenüberstehen. UNO-Blauhelme, darunter viele Österreicher, sollen dort für Ruhe sorgen.

Das bilaterale Verhältnis zwischen Athen und Wien sieht der Botschafter als „völlig problemfrei" an. Am Herzen liegt ihm ein Ausbau der kulturellen Beziehungen. Wer heuer in der österreichischen Botschaft in Athen den Empfang zum Nationalfeiertag erleben durfte (wie der Autor dieses Beitrages am Rande einer Furche-Leserreise, über die in der nächsten Ausgabe berichtet wird), konnte sich an Bildern der Wiener Malerin Nicolet-ta Dermota erfreuen und mit dem gerade in Athen gastierenden Wiener

Singverein, der einige Lieder vortrug, die österreichische Bundeshymne mitsingen. Derzeit sucht der Botschafter einen 250.000-Schilling-Sponsor für ein Forschungsprojekt, das sich mit den Spuren von Österreichern in Griechenland befassen und -wie ein schon durchgeführtes Projekt über Griechen in Österreich - auch filmisch umgesetzt werden soll.

Die Olympischen Spiele seien, so Sabaditsch, für Griechenland eine „einmalige Chance", die Infrastruktur zu verbessern. Die heurige Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Athen habe man mit Glanz und Gloria bewältigt, dagegen sei das Projekt „Kulturhauptstadt Thessaloniki" wegen Streitereien und nicht rechtzeitiger Fertigstellung von Spielstätten danebengegangen. Letzteres droht auch den Sommerspielen, vor allem ist der dringend nötige Ausbau der Athener Metro schwierig. Denn jedes Aufgraben in Athen fördert Antikes zutage, mit Bauverzögerungen durch die Archäologen, die naturgemäß alle Funde genau untersuchen wollen, ist zu rechnen. Aber insgesamt ist Hans Sabaditsch Optimist: „Ich glaube, sie werden es hinkriegen."

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