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Die „Entslowenisierune“

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Das änderte sich nahezu von einen Tag auf den anderen mit dem Überfall des Deutschen Reiches auf Jugoslawien. Der „Koroski Slovenec' wurde verboten, alle slowenischer Vereine und Genossenschaften wurden aufgelöst, ihr Vermögen zugunsten des Reiches eingezogen. Dei größere Teil der slowenischen Pfarrer wurde in Konzentrationslagei gebracht. Die slowenische Intelligenzschicht erhielt Gauverbot beziehungsweise Zwangsaufenthalt außei Landes (so der Slowenenführer Doktor J. Tischler in Bregenz, andere — wie Dr. Vinzenz Zwitter — im Protektorat). Als besonders volkstreu bekannte slowenische Bauern wurder unter den unwürdigsten Verhältnissen aus- und umgesiedelt und ihr« Höfe beschlagnahmt. Über dit genaue Zahl und die näheren Umstände hat nach dem Kriege der Kriegsverbrecherprozeß gegen den Organisator dieser Aktion, Alois Maier-Kaibitsch, lückenlosen und erschütternden Aufschluß gegeben“ Ein ungeheures, bisher nicht veröffentlichtes, dem Verfasser aber zugänglich gewordenes Kriegsverbrechermaterial'8 beweist, welch fürchterliches Schicksal den Slowenen, die nicht für die Aufnahme in die „deutsche Volksliste“ in Betracht kamen, bereitet wurde. Wie daraus zu ersehen ist, sollten aus Südkärnten, wozu damals auch die besetzten Gebiete in Oberkrain gehörten, 100.000 Slowenen zwangsausgesiedelt werden; aus technischen Gründen blieb es aber bei insgesamt 2500 Familien, davon 168 aus dem Gebiete Kärntens in den Grenzen von 1937. Schließlich ergingen sogar für den oberkraini-schen Teil „Südkärntens“ Verordnungen“, wonach Familien- und Vornamen nur noch in deutscher Schreibweise gebraucht werden dürfen (zum Beispiel Petritsch statt Pe-tric) und an Stelle slowenischer Vornamen die namentlich verlautbarten deutschen Parallelnamen, teilweise sogar in Diminutivform (zum Beispiel Gretl) zu verwenden waren.

Auf diesem Hintergrund ist es zu verstehen, daß und warum sich ein«

Partisanenbewegung gebildet hat Während aber auf deutscher Seite durchwegs keineswegs Personen aus dem „Altreich“ Träger der Verfolgungsmaßnahmen gegen die Slowenen waren, sondern Deutschkärntner, Steirer und sogenannte Windische, war die Partisanenbewegun§ der Slowenen nahezu ausnahmslos auf Slowenen aus Krain gestützt, Erst gegen Kriegsende traten auch nationale Kärntner Slowenen (besonders in Vellach, Trögern, Zell, Waidisch) als Partisanen auf. Politisch waren diese ziemlich stark vom Kommunismus titoistischer Prägung gekennzeichnet, nachdem durch das wohl nie wiedergutzumachende Verschulden Großbritanniens die antikommunistische Widerstandsbewegung gegen die deutsche Okkupationsmacht unter General Mihajlovic scheiterte. Die ungeheuerlichen Massenmorde, die sich die Tito-Partisanen nicht nur in den großen Höhlen bei Triest, in Untersteier sowie im Mießtal zuschuldenkommen ließen, sondern auch auf Kärntner Boden, waren eine schlimme Vergeltung.

Auf diesem Boden gegenseitigen Hasses, vor allem zwischen Nationalslowenen und sogenannten Windischen (die als Renegaten geschmäht und in den Partisanenkampf hineingezogen worden waren), entstand 1945 eine völlig neue Art der slowenischen Volkstumsbewegung im öffentlichen Leben Kärntens. Sie war gekennzeichnet durch die Gründung der „Osvobilna Fronta za Koroskom“ (Befreiungsfront für Kärnten), einer rein titoistischen Partisanenorganisation. Bald benannte sie sich dann anders, nämlich „DemoJcratsJca Fronta“ (Demokratische Front), um schließlich in der heutigen Dachorganisation „Verband der Organisationen der Kärntner Slowenen“ (Zvezo organizacija koro§kih Sloven-cev) aufzugehen. Zeitweise hatte diese Organisation sehr starken Einfluß, besonders, solange die Kommunisten noch in der provisorischen Kärntner Landesregierung vertreten waren. Heute wird noch gerne von dieser Gruppe als „titoistisch“ oder

„titokommunistisch“ gesprochen. Das ist falsch. Die an Zahl sicher sehr geringen Kommunisten unter den Kärntner Slowenen — sie gehören aus naheliegenden Gründen tatsächlich der titoistischen Spielart des Weltkommunismus an — spielen im Zvezo zwar aus Gründen der Tradition von 1944 und 1945 her eine gewisse Führungsrolle, zumal sie über sehr gute Beziehungen nach Laibach verfügen, das Gros der Mitglieder der in der Zveza zusammengeschlossenen Organisationen gehört aber heute gesinnungsmäßig der SPÖ zu.

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