6752179-1967_32_06.jpg
Digital In Arbeit

Die giftige Explosion über China

Werbung
Werbung
Werbung

Die Explosion der chinesischen Wasserstoffbombe hat den sowjetisch-chinesischen Gegensatz wesentlich verschärft. Der folgende Artikel wirft ein interessantes Licht auf die Intensität der Auseinandersetzungen im ehemals monolithischen Bereich kommunistischer Herrschaft. Der Autor, Viktor Lew in, ist sowjetischer Publizist und Mitarbeiter der sowjetischen Presseagentur Nowosti.

Die Welt gedachte des vierten Jahrestages der Unterzeichnung des Moskauer Abkommens über die Einstellung der Kernwaffenversuche in der Atmosphäre, auf der Erde und im Wasser. Dieses Abkommen wurde auf Initiative der Sowjetunion am 5. August 1963 geschlossen und seither von 120 Staaten unterzeichnet.

Schon einige Monate mach der Einstellung der intensiven Atombombentests verzeichnete die Akademie der Medizinischen Wissenschaften der UdSSR, daß die allgemeine Radioaktivität der Niederschläge im Vergleich zur Periode der Kernwaffenversuche auf ein Hundertstel zurückgegangen sei. Zu ähnlichen Schlußfolgerungen gelangten auch die Verwaltung für Atomenergie und der Medizinische Forschungsrat Englands. Im Bericht dieser Organisationen wurde mitgeteilt, daß sich der Gehalt an radioaktivem Stron-tium-90 in der Atmosphäre verringert habe.

Radioaktive Niederschläge

Doch nun bemerken die Fachleute der verschiedensten Länder schon seit anderthalb Jahren ein neues Ansteigen des Gehalts an Strontium-90, Jod-131, Cäsäum-137 und anderen gefährlichen radioaktiven Elementen im Lebensraum des Menschen. Der Hauptgrund diafür sind zweifellos die fieberhaft voawgeitriebenen Atombambentests In China.

Auf Befehl der Pekinger Leiter wurde am 17. Juni die Versuchsexplosion einer Wasserstoffbombe ausgelöst. Dem waren Kernwaffenversuche im Dezember und Oktober der vergangenen Jahres vorausgegangen. In kurzer Zeit hat China dreimal gefährliche Experimente durchgeführt, die zu radioaktiven Niederschlägen führten.

Nach der Kunde von der neuen Kemwaffenexplosion in China wurde In Japan sofort eine eingehende Untersuchung in die Wege geleitet. Zwei Flugzeuge stiegen in die Luft und entdeckten radioaktiven Staub über Japan. Die Beunruhigung der Japaner ist durchaus verständlich. Nach dem vorhergehenden Atombombentest vom 28. Dezember 1966 überstiegen die radioaktiven Niederschläge, die einige Tage später in Japan niedergingen, die zulässige Norm um das 18fache. Auch in anderen Ländern Asiens wurde damals ein gefährliches Ansteigen der Radioaktivität registriert. Zwei Wochen nach der Explosion wurde ein jähes Ansteigen der Radioaktivität der Luft von den wissenschaftlichen Mitarbeitern der physikalischen Fakultät der Dshadawpur-Universität bei Kalkutta bemerkt. Die Analyse der Regenwolken ergab, daß jeder Liter Wasser rund 180 Picocurie ausstrahlte, während die Radioaktivität nach dem chinesischen Kernwaffenversuch vom 28. Oktober des vorigen Jahres 72 Picocurie betrug. Bei ihrer fieberhaften Kernwaffenaufrüstung schirecken die chinesischen Führer auch nicht vor Explosionen von sogenannten „schmutzigen“ Bomben zurück, die infolge der unvollkommenen Technologie eine sehr große Menge von radioaktiven Niederschlägen auslösen.

Und die Wasserstoffbombe?

Die Versuche vom Dezember 1966 verbreiteten die lebensgefährlichen Elemente buchstäblich über die ganze Erde. Einen Monat nach der Explosion in China bemerkte die Zagrefoei Zeitung „Wiesnik“, daß in Jugoslawien eine jähe Erhöhung des Strontiumgehalts der Duft und dei Niederschläge zu bemerken sei. Auch in Kanada stieg die Radioaktivitäl um das Zehn- bis Hundertfache.

Wenn die Erprobungen der chinesischen Atombomben zu solch einei jähen Erhöhung der Radioaktivitä! fährten, so kann man sich leicht vorstellen, wozu die Explosion der Wasserstoffbombe führte.

Die Kernversuche in der Atmosphäre führen nicht nur zu Niederschlägen, die lebensgefährlich sind. Im Augenblick der Kernexplosion wird einp starke Neutronensitrahlune und Gammastrahlung frei. Diese Spaltprodukte steigen in die oberen Luftschichten und bilden eine bewegliche Wolke. Wenn im Gebiet dieser Wolke Regen oder Schnee fällt, gelangen die radioaktiven Elemente zusammen mit den Regentropfen und Schneeflocken auf die Erde. Da drei Viertel unserer Erde von Ozeanen und Meeren bedeckt sind, fällt 'der größte Teil der Niederschläge ins Weltmeer. Die Meeresströmungen tragen die radioaktiven Elemente über den ganzen Erdball, vergiften Fische und gelangen somit in den menschlichen Organismus. In Japan mußten zum Beispiel wiederholt riesige Mengen von Thunfisch vernichtet werden, Weil ihr Gehalt an Strontium-90 eine tödliche Gefahr für die Menschen darstellte.

Hegemonie in der Welt — wichtiger als Gesundheit

Die radioaktiven Niederschläge rufen auch solche gefährlichen Erkrankungen Wie Krebs, Leukämie und Sarkom hervor. Wissenschafter haben berechnet, daß die Erprobung einer 100-Megatonnen -Bombe auf der Erde über 100.000 Erkrankungen an Leukämie, Knochenkrebs und anderen furchtbaren Leiden bei der heutigen Generation und rund eine Million schädlicher Veränderungen in den folgenden Generationen herbeiführt. Die Wissenschafter haben auch bewiesen, daß jedes Ansteigen der Radioaktivität unausbleiblich die Erbanlagen des Mensehen verschlechtert und zu Mißgeburter führt.

Wissen die Pekinger Führer nichts davon? Natürlich wissen sie das Aber ihre Ziele, die Hegemonie ir der Welt zu erringen, stellen sie übei die Interessen der Menschheit. Was sind darnach noch ihre Versicherungen wert, daß Peking die Interesser aller Völker der Welt verteidige?

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung