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Die Halden türmen sich

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Zunächst! waren die zuständigen Stellen des für die Energiewirtschaft kompetenten Verkehrsministeriums bzw. der seinerzeitigen Sektion V des Bundeskanzleramtes, Verstaatlichte Betriebe, nicht bereit, Plan-, arbeiten aufzunehmen. Aus den Par- lamentsdebatten wurde bekannt, daß Dr. Bock schon im Jahre 1959 als Handelsimimster die zuständigen Ressortleiter aufforderte, konkrete Vorschläge über die künftige Gestaltung der österreichischen Energiepolitik au machen. Die Bemühungen Dr. Bocks scheiterten an zwei Punkten: die jeweiligen V er kehr s minister zeigten offensichtlich nur an dem forcierten Auäbau der Wasserkräfte ein Intresse und der Leiter der Sektion V, Verstaatlichte Betriebe, ging das Problem wegen der schwierigen Frage der Kohlenbergwerke überhaupt nicht an. Erst nach Bildung der monokoloren Regierung konnten und wurden von den beteiligten Ministern die notwendigen Arbeiten aufgenommen und es Weiht nun albzuwarten, wann entsprechende Entwürfe vorgelegt werden können. Soweit die Vorarbeiten hiezu vom Handelsministerium zu treffen waren, sind sie schon im Jahre 1966 erbracht worden Dies betrifft die Sparten Erdöl, Erdgas und Kohle. Wasserkraft und Atomenergie befinden sich derzeit im Verkehrsministerium in Ausarbeitung.

Relativ einfach ist, theoretisch, das österreichische Kohleproblem zu lösen. Die österreichische Braunkohle findet weder quantitativ noch preislich einen Absatz, der 'ihre weitere Förderung rechtfertigen würde. Sowohl bei den Kohlenbergwerken als auch bei den Kraftwerken des Verbundnetzes türmen sich die Halden unverbrauchter und unverbrauchbarer Braunkohle, und die Preise, die für die verbrauchbare Braunkohle erzielt werden können, liegen weit unter der Kostengrenze. Daher die ständigen Subventionen aus dem Budget zur Abdeckung der Defizite der Kohle, schamhaft „Bergbauförderung“ genannt, und daher auch die Aufrechnung der Defizite auf die Erträge jener verstaatlichten Großunternehmungen, denen die Bundesregierung seinerzeit die Kohlengruben einfach zugeschlaigen hat. Es gibt in Wirklichkeit keinen einzigen gerechtfertigten ökonomischen Grund, die österreichische Kohlenförderung noch weiterhin aufrechtzuerhalten. Freilich stellt sich in der Praxis mit der Schließung von Kohlengruben ein ganzes Paket wirtschaftlicher und sozialer Probleme, deren Lösung außerordentlich schwierig ist Wenn es auch nicht so ist, daß freigestellte Bergarbeiter überhaupt keinen Arbeitsplatz mehr finden können — die Schließung von Grünbach mit der sofortigen Unterbringung der freiigesetzten Arbeitskräfte beweist dies! —, so ergeben sich dennoch Schwierigkeiten, die im Einzelfalle nur schwer lösbar sind. Zu welcher Groteske allerdings die gewaltsame Weiterführung bestimmter Kohlengruben führt, zeigt u. a. die Mitteilung eines verstaatlichten Großunternehmens, das für Kohlengruben zu sorgen hat, dahingehend, daß die Auszahlung der Löhne an die Bergarbeiter, Ohne daß diese auch nur eine einzige Schicht fahren würden, d. h. also die Fortzahlung der Löhne bei Schließung des Betriebes, billiger käme als die Aufrechterhaltung der Kohlengrube!

Wasserkraft, Atomstrom und Erdöl

Dr. Bock hat als Handelsimimister schon 1960 den Vorschlag gemacht, einen Mittelweg zu wählen. Die Kohlenförderung sollte von damals mehr als sechs Millionen Jahrestonnen auf ein Quantum von 3 bis 3,5 Millionen in der Form reduziert werden, daß die unrentabelsten Betriebe geschlossen, die rentableren weitergeführt werden. 3 bis 3,5 Millionen Jahres tonnen können in

Österreich verbraucht werden. Soweit sich durch die Preisgestaltung däbei ein Defizit ergeben hätte, wäre dieses aus Budgetmitteln albzudecken gewesen. Der hiefiür erforderliche Betrag wäre jedenfalls weitaus geringer zu veranschlagen als die jetzt aus dem Budget aufgewendeten BergbaufördeoMingsrnittel und die Verluste des Budgets, die sich aus den verschlechterten Bilanzen der verstaatlichten Unternehmungen, die die Kohlendefizife zu tragen haben, ergeben. Hierüber konnte weder zu Koaliitionszeiten unter den beiden Regierungsparteien eine Einigung erzielt Werden noch auch waren bestimmte Stellen innerhalb der ÖVP bereit, diesen einzig möglichen und wirtschaftlich gerade noch vertretbaren Weg zu gehen, Erst der Brand in der Lakog-GrUbe und die damit verbundene Schließung leiteten einen Prozeß der Förderungsver- miniderung ein. Wie lange sich die österreichische Wirtschaft allerdings die hemmungslose Förderung der österreichischen Braunkohle noch wird leisten können, bleibe füglich dahingestellt.

Andere Schwierigkeiten gibt es auf dem Sektor der Wasserkraft. Hier spielen die verfassungsrechtlichen Belange der Länderzuständigfceit eine ganz bedeutsame Rolle. Ob es dem Veikehrsminister gelingen wird, alle Beteiligten zu einem gemeinsamen Konzept zu bringen, das ohne Verzicht auf gewisse Länderrechte nicht durchsetzbar ist, kann im Augenblick nicht beurteilt werden. Dazu kommt, daß sich die Sachverständigen über die Frage keineswegs im klaren sind, in welchem Umfang die österreichischen Wasserkräfte mit Rücksicht auf die wohl in absehbarer Zeit erreichte Wirtschaftlichkeit des Atomstromes noch auszubauen sind. Es wäre aber mehr als bedenklich, wenn gerade diese Frage nicht bald geklärt werden könnte.

Eine mit den Kosten des Stromes aus Wasserkraft arbeitende österreichische Industrie würde in dem Augenblick schwerste Rückschläge erleiden, da man im Ausland beginnt, mit billigerem Atomstrom zu fahren.

Die sichersten Verhältnisse herrschen! im Sektor von Erdöl und Erdgas. Hier isrt zwar zu berücksichtigen, daß 'die Vorkommen an Erdöl dm Rückgang befindlich sind — man rechnet noch mit einer Ergiebigkeit der Erdölfelder von maximal zwanzig Jahren bei fallender Produktion —, aber die Lieferungsventräge sowie der Bau von Pipelines sind die Zeugen einer guten österreichischen Erdöl- und Erdgaspolrtik. Das österreichisch-sowjetische Abkommen über die Erdgaslieferungen ist sicherlich nicht das letzte seiner Art.

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