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Die natürliche Vormacht

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F.: „Ich teile ihn hundertprozentig. Ich habe in der letzten Zeit einmal mit Spaak diese Dinge besprochen. Ich habe ihm mit allem Nachdruck die Notwendigkeit eines klar um- rissenen europäischen Plans vor Augen geführt...“

B.: „Wie hat sich Herr Spaak gegenüber Ihren Vorstellungen verhalten?“

F.: „Spaak wird sich sehr bald mit Bundeskanzler Erhard treffen und ihm ein europäisches Projekt nahelegen.“

B.: „Wie beurteilen Sie das Verhältnis zu den Vereinigten Staaten — sowohl vom französischen Standpunkt als auch vom europäischen?“

F.: „Ich sehe in den USA unseren traditionellen Verbündeten. Die Beziehungen zu Washington müssen unbedingt auf eine neue, solide Grundlage gestellt werden. Das heißt, an die Stelle der Ressentiments muß wieder die alte Freundschaft treten, die von Volk zu Volk übrigens nie getrübt war. Daß die politischen Beziehungen einer gewissen Reform bedürfen, steht auf einem anderen Blatt. Wenn heute von manchen die Vorherrschaft der USA gegenüber der restlichen west-

Sukarno hatte für ein großartiges Dekor und die entsprechende Aufmachung bei den Veranstaltungen, die den Auftakt der wichtigen Konferenz darstellten, Sorge getragen. In der Hauptstadt Djakarta und in seinem Feriendorado Tampasiring auf der Insel Bali, im Herzen dieses gottgesegneten Inselreiches mit seiner willigen Fruchtbarkeit, den tropischen Kulturen und dem Reichtum an Erdschätzen, unter blauem Himmel und südlicher Sonne, aber auch während der wunderbaren hellen Tropennacht, bekamen die Gäste aus Holland hinreichend Gelegenheit, die goldbestickten Sarongs der Frauen und Mädchen, nebst den Darbietungen aus einer überreichen Folklore zu bewundern. Sie ließen sich bezaubern von der unvergleichlichen Anmut und Würde der vorgeführten Volkstänze und der herkömmlichen feenhaften Ballettmärchen, die ganz dazu angetan schienen, selbst das Blut der nüchternen und schwerfälligen Holländer in Wallung zu versetzen.

Zäher Beginn

Solchermaßen vorbereitet, schritten die Herrschaften zu ernsteren Aufgaben. Da kam dann in erster Linie die heikle Frage der Rückgabe des beschlagnahmten, nationalisierten niederländischen Eigentums zur Sprache. Doch siehe: mit verschleiertem Lächeln boten die Gastherren auch schon die Gegenrechnung an. Man bat höflich um Schadenersatz für die nicht unerheblichen Kosten und Anstrengungen, die Indonesien sich infolge der Haltung der Niederländer bei der Befreiung West-Irians (Neuguinea) hatte getrosten müssen. Das rief begreifliches Stutzen und peinliche Bestürzung in holländischen Diplomatengesichtem hervor. Die Verhandlungen stockten mehrere Tage. Gute Miene zum bösen Spiel machend, griff man andere Fragen auf. Wir erwähnen nur:

• Die friedliche Repatriierung von 4000 Ambonesen, die sich 1952 an dem Molukkenaufstand beteiligt und in die Niederlande geflüchtet hatten und daselbst noch heute verbleiben.

• Die Ausschaltung jeder Art von Diskriminierung auf finanziellem und wS säU/Michem

• ööyfräfirong Von technischer Hilfe urf technischen Kenntnissen. ‘‘Austausch von Studenten und Hochschullehrern (wobei Indonesien voraussichtlich die Studenten, Holland die Professoren zu liefern haben wird).

• Verteilung der Landungsrechte über die beiden Luftfahrtgesellschaften auf indonesischen und niederländischen Flughäfen, Lieferung von Friendships (Fokker-Flugzeugen).

• Versorgung der Kriegsgräber von 50.000 Gefallenen.

• Einhaltung des Vertrages von Washington, damit die Papuas 1969 über ihren Status frei entscheiden können.

Da keine der Fragen endgültig geklärt wurde, entschloß man sich, die Verhandlungen auf niedererem Niveau demnächst fortzusetzen. Endlich kam noch der springende Punkt zur Debatte: die ersehnten und für Indonesien lebenswichtigen Exportkredite. Erst kurz vor der Abreise, nachdem die Delegation sich noch mit der Regierung in Haag in Verbindung gesetzt hatte, konnte der Minister eine Kreditgarantie von 100 Millionen Gulden in Aussicht stellen (was, wie ein Beobachter nüchtern folgerte, darauf hinausläuft, daß, falls der indonesische Käufer dem Lieferanten nicht zu bezahlen imstande ist, der Staat, das heißt der Steuerzahler, für eventuelle Schulden haften müsse).

Es ist kein Geheimnis mehr, daß die indonesische Wirtschaft erschöpft ist. Infolge der politischen Einstellung hinsichtlich Malaysien hat Indonesien in der westlichen Welt viel an Sympathien eingebüßt. Der indonesische Export ging in letzter Zeit beträchtlich zurück.

Ein neuer Kurs

Durch Verschleiß und Vernachlässigung bei Mangel an Sachverständigen befinden sich der Produktionsapparat und die Verkehrsmittel in desolatem Zustand. Erneuerung tut not. Da die Fabriken vorwiegend von Niederländern gebaut, Maschinen und Apparatur in Niederland hergestellt wurden, ist Indonesien hier auf die Hilfe von niederländischen Technikern angewiesen. Schiffswerften, Maschinen- und Flugzeugfabriken und die

Elektrotechnik (Philips) zeigten schon reges Interesse für die Aufgaben der indonesischen Wirtschaft

Der Exportkredit von 100 Millionen Gulden kann nur einen Anfang bedeuten. Indem man fürs erste lediglich den Finger reicht, hofft man, die Regierung in Djakarta gefügiger zu machen, um ihr dann die Hand bieten zu können zur gemeinschaftlichen Aufbauarbeit.

Bereits am Tage nach der Abreise der Niederländer veröffentlichte Sukamo eine Prpklamation, die bekanntgab, daß Indonesien in Zu kunft einen neuen ökonomischen Kurs zu fahren beabsichtige. Durch Modernisierung der Erzeugungsmittel, durch Koordinierung aller Kräfte strebt man nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Produktion und Export müssen bedeutend gesteigert werden, heißt es weiter. Die Fabrikation von Luxusgütern und unproduktiven Artikeln wird beschränkt. Das nachzustrebende Ideal sei: eine freie Wirtschaft ohne Staats- und Auslandshilfe. Das dürfte die Lektion sein, die der Gast im Vorübergehen erteilt hat.

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