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Die Öffnung nach Osten fortgesetzt

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Casarons Ernennung zum seKretar der Kongregation für die außerordentlichen kirchlichen Angelegenheiten bedeutet in erster Linie, daß Paul VI. die bisherige vatikanische Politik, insbesondere die unter Johannes XXIII. begonnene Öffnung nach Osten weiterführen will. Dabei ist zu beachten, daß der persönlich sehr zurückhaltende Casaroli eine eher „weiche“ Linie vertritt und sich von rein pastoralen Überlegungen leiten läßt. Künftig wird er allerdings nicht mehr als „reisender Botschafter“ des Papstes wirksam werden können, es sei denn bei besonders hervorstechenden Anlässen. Vatikanische Beobachter warten mit Spannung darauf, wer ihm in dieser Funktion nachfolgen wird. Gute Aussichten werden dem bisherigen Casaroli-Adlatus Nuntiaturrat Luigi Bongianino eingeräumt, der vor nicht allzu langer Zeit schon eine Mission in Ungarn erfüllt hat und bei den Verhandlungen mit Ungarn und Jugolsawien maßgeblich beteiligt war. Er vertritt mehr einen „harten Kurs“.

Die Ernennung des Titular-erzbischofs Ambrogrio Marchioni (55), ehemals Nuntius in El Salvador und seit ein paar Jahren „zur Disposition des Staatssekretariates“, zum neuen Nuntius in der Schweiz (als Nachfolger des neukreierten Kardinals Pacini) werten vatikanische Beobachter in erster Linie als Zeichen dafür, daß die durch die jüngsten Kardinalsernennungen notwendig gewordenen Umbesetzungen einen gewissen personellen Engpaß geschaffen haben, der es nicht mehr erlaubt, Nuntien „auf Eis zu legen“, Marchioni ist Neapolitaner, wurde 1934 zum Priester geweiht und ist 1937 in den diplomatischen Dienst des Hl. Stuhls getreten.

Auch die Ernennung des bisherigen Apostolischen Delegaten in Mexiko, Titularerzbischof Luigi Raimondi (54) zum Apostolischen Delegaten in den USA (als Nachfolger des neukreierten Kardinals Vagnozzi) sagt vatikanischen Beobachtern nicht viel. Raimondi, der bisher nicht hervorgetreten ist, stammt aus Piemont und ist 1936 in den diplomatischen Dienst des Hl. Stuhls eingetreten. Von 1942 bis 1949 war er Sekretär der Delegation in Washington; er kennt also sein neues Wirkunesfeld bereits.

Diese sieben ersten nachkonsisto-rialen Ernennungen bestätigen das Grundprinzip des Papstes in der Frage der Kurienreform: „erst die Männer, dann die Strukturen“. Paul VI. will sich in einer behutsamen und weitschauenden Personalpolitik zuerst mit einer Gruppe von engsten Mitarbeitern umgeben, die sein volles Vertrauen haben, bevor er die Strukturen der Römischen Kurie ändert.

• Bei der Auswahl dieser engsten Mitarbeiter greift er, zumindest bei wichtigen Positionen, auf Persönlichkeiten zurück, die er persönlich bestens kennt und schätzt, die schon früher seine Mitarbeiter waren.

• Das wiederum bedeutet, daß er offensichtlich durch diese Persönlichkeiten seines absoluten Vertrauen! künftig noch direkter im Staatssekretariat und in den Kongregationen „präsent“ sein will.

• Durch die Berufung von Casaroli und Benelli ist gesichert, daß die bisherige politische Ausrichtung des Staatssekretariates und seine bisherige Arbeitsweise gewahrt bleiben.

• Diese sieben Ernennungen prä-judizieren weder die Kurienreform, noch schließen sie sie aus. Das gilt insbesondere für das Staatssekretariat: Noch ist der Weg offen, daß die I. Sektion als eigene Kongregation (die sie ja ist) völlig abgetrennt wird, während die bisherige II. Sektion zum eigentlichen Sekretariat des Papstes und Koordinierungsorgan der Römischen Kurie werden kann.

Wer folgt auf Cicognani?

In diesem Zusammenhang spielt natürlich die Frage, wer wann die Nachfolge des 84jährigen Kardinalstaatssekretärs Cicognani antreten wird, die wesentlichste Rolle. Auch hier ist bisher alles offen. Im Augenblick gilt der bisherige Substitut und neue Kardinal Dell'Acqüa als aussichtsreichster Kandidat, doch rechnet man kaum damit, daß Cicognani sein Amt vor Abschluß der Bischofssynode zur Verfügung stellt

Nach den jüngsten Ernennungen ist jedenfalls eines klar: Die vatikanische Außenpolitik soll offenbar auch künftig eine Domäne der Italiener bleiben. Von den neuernannten Kardinälen sind nur Italiener der Kongregation für die außerordentlichen kirchlichen Angelegenheiten zugeteilt worden. Damit besteht das oberste Organ der Außenpolitik des Hl. Stuhls aus 17 italienischen und nur zwei nicht-itälienischen Kardinälen; wobei die beiden Nichtitaliener Tisserant und Aaaaianian länest romaniisiert sind.

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