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Die rumänische Volksdemokratie im Kirchenkampf

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Seitdem vor einem Jahre die Bukarester Regierung die griechisch-katholische Kirche in Rumänien für aufgelöst erklärt hat, ließ sie es nicht daran fehlen, ihren Beschluß mit aller Strenge in die Praxis umzusetzen. Dennoch dauert bis zum heutigen Tage die ttumme Resistenz des Volkes gegen die Gewaltmaßnahmen der Regierung an. ‘M an hat die Gläubigen der griechisch-unierten Kirche als zur Orthodoxie Übergetretene behandelt. In Wirklichkeit hat nur eine sehr geringe Minderheit aus wirtschaftlichen Gründen sich äußerlich gefügt, die übergroße Mehrheit der griechisch-katholischen Gläubigen besucht die römisch-katholischen Kirchen, die erhalten geblieben sind. Die ehemalige griechisch- katholische Kathedrale in Blasendorf Blaj, dem Zentrum der Unierten in Rumänien, steht leer, da die orthodoxen Gläubigen, denen der schöne Bau überwiesen worden ist, nicht hineingehen wollen und die griechisch-katholischen nicht hineingehen dürfen. Man hat mit allen Mitteln den Übertritt der Unierten zur Orthodoxie zu fördern gesucht, mußte aber eine wahrhaft bewunderungswerte Standhaftigkeit unter den Angegriffenen, nicht nur unter den Priestern und Ordensfrauen, sondern auch in der großen Masse der Gläubigen immer aufs neue erfahren. So hatte man Ende vorigen Jahres bei 200 griechisch-katholischen Ordensfrauen aus Blasendorf in ein verlassenes altes Kloster außerhalb der Stadt übergeführt,- um sie dort auf die Orthodoxie nach bewährtem Muster umzuschulen. Als die Klausur in dem alten Gebäude, die dürftige Unterbringung, karge Ernährung und Hunger nichts nützten, verbrachte man die Nonnen unter demütigenden Umständen in ein orthodoxes Nonnenkloster bei Cali- manesti und wollte dort im Rahmen der neuen Umgebung die Bekehrung mit anderen Mitteln fortsetzen.

Trotz allen Schikanen und Strapazen hielten die Schwestern aus. Von dem Beschluß des Ministerrats vom 29. Juli dieses Jahres, der fast alle Orden in Rumänien für aufgelöst erklärte und jegliche Fortsetzung ihrer Tätigkeit unter Strafe stellte, wurden 15 Ordensgemeinschaften betroffen. Ihre Mitglieder wurden vor die Wahl gestellt, entweder ins Zivilleben zurückzukehren oder sich in vorgeschriebene Sammelklöster aufnehmen zu lassen. Das größte von diesen ist Radna bei A r a d, in dem jedoch nur 30 Schwestern verblieben sind. Der größte Teil der Ordensleute verschwand in Zivilkleidem in die verschiedensten Berufe. Die sechs griechisch- katholischen Beschöfe werden seit fast einem Jahre in einem orthodoxen Kloster bei Bukarest festgehalten. Ihrem Zwangsaufenthalt ist eine überaus harte Behandlung vorausgegangen. Vor einigen Wochen sind zwei dieser Bischöfe plötzlich von der Polizei abgeholt worden. Man kennt bis heute nicht ihren derzeitigen Aufenthalt. Von den sechs römisch-katholischen Bischöfen haben nur zwei die Anerkennung ihrer Stellung vom Staate erhalten. Die Bischöfe Marton von Alba Julia und Durkovici von Jassy sind offiziell anerkannt, die anderen werden vorn Staate als einfache Priester behandelt, sind also ihrer Amtssitze und ihrer bischöflichen Bezüge entkleidet. Die beiden Bischöfe Marton und Durkovici wurden bald nach ihrer „Anerkennung" verhaftet. Seit Monaten weiß man nichts mehr von.ihrem Aufenthalt und ihrem Schicksal, ohne daß eine Gerichtsverhandlungstattgefunden hätte oder ihre Verbringung in ihrem unbekannten Aufenthalt durch irgendeine amtliche Verlautbarung motiviert worden wäre. Etwa zwanzig Prozent der katholischen Priester sind verhaftet oder konnten sich der bevorstehenden Festnahme noch durch die Flucht entziehen. Die feindselige Einstellung des Staates zur katholischen Kirche veranlaßte die gesamte katholische Geistlichkeit zum Verzicht auf die früheren Bezüge aus staatlichen Mitteln.

Gegenwärtig hat sich die staatliche Verfolgung schon bis auf die Kirchen räume ausgedehnt. In Bukarest wurden die Privatkapellen, die in den gesperrten Schulen St. Joseph und St. Andreas bisher der Bevölkerung noch zugänglich waren, geschlossen. Trotz vielen Verhandlungen und den Bemühungen angesehener Persönlichkeiten wurde jetzt auch die öffentliche Kapelle der Englischen Fräulein in Bukarest, Strada Pitar Mos, geschlossen. Zweifellos ist das der Anfang einer großen Aktion.

Die Katholiken des Landes und ihr Klerus haben jetzt ein bitteres Schicksal zu durchstehen. Eine erbarmungslose Verfolgung bedrängt sie. Verluste sind wie in allen solchen Prüfungen unvermeidlich, aber ihr Ziel werden die Angreifer nicht erreichen. Sie verraten zuweilen, daß sie es heute schon ahnen.

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