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Die Samurais pokern um neue Spielregeln

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Eben erst wurde der Abschluß der Uruguay-Runde des GATT als Schritt in Richtung freier Welthandel gefeiert. Schon zeigt ein Schlagabtausch zwischen Japan und USA, wie labil die Situation ist.

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Eben erst wurde der Abschluß der Uruguay-Runde des GATT als Schritt in Richtung freier Welthandel gefeiert. Schon zeigt ein Schlagabtausch zwischen Japan und USA, wie labil die Situation ist.

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Noch vor kurzem heßen die Handelsexperten beim tradi- 1 tionellen „Weltwirtschaftsforum" in Davos die Champagnerkorken knallen. Sie waren sich einig: 1993 gehörte zu den Glücksjahren für den freien Welthandel. Das Schlußdokument für das Freihandelsabkommen NAFTA (USA, Kanada und Mexiko) wurde nach langem Zittern unterzeichnet, die Uruguay-Runde des GATT (des Allgemeinen Zoll- und, Handelsabkommens) nach jahrlangem Hin und Her ebenso endlich abgeschlossen.

Schon damals warnte mancher vor allzuviel Euphorie: das Problem Japan sei immer noch ungelöst, ein Handelskrieg zwischen den USA und dem fernöstlichen Kaiserreich unvermeidlich. Die Pessimisten scheinen recht zu behalten: Vergangene Woche lieferten einander die jeiden Wirtschaftsgiganten einen handelspohtischen Disput, und das in schrilleren Tönen als sonst.

Differenzen zwischen ihnen hat es im Lauf der Jahre immer wieder gegeben. Japan versteht es nämlich rat, blauäugig internationale Frei-landelsabkommen zu unterzeichnen und die Exportvorteile zu nützen, sich aber die lästige Konkurrenz vom Leibe zu halten. Das Inselreich hat dafür eigenartige Praktiken: Die Zölle sind niedrig, doch ausländische Anbieter verstricken sich in einem Netz von Kartellen und von ihnen abhängigen Händlern, Zulieferern und Finanz-Unternehmen. Faire Konkurrenz ist daher kaum möghch. Diese, in den Zolltarifen nicht sichtbaren Handelshemmnisse sind den Amerikanern jetzt wohl endgültig zu bunt,geworden.

Begonnen hatte der Jetzige Streit, als sich Japan weigerte, seinen Markt mit Abnahme- und Marktanteil-Garantien für bestimmt US-Produkte zu öffnen. Zusätzhch warf Washington Tokio vor, daß ein vor fünf Jahren abgeschlossenes Mobiltelephonabkommen nicht verwirklicht wurde. Präsident Clinton hat daraufhin Maßnahmen wie Strafzölle, Antidumpingverfahren und anderes in Aussicht gestellt, um diese „unfairen Praktiken" auszuhebein. Japan antwortete mit Gegendrohungen. Aber es geht in der Auseinandersetzung um mehr: ein chronischhartnäckiges Handelsdefizit von zuletzt 60 Milliarden Dollar gegenüber Japan ist der Supermacht USA ein Ärgernis.

BEIDE GEBEN NACH

Premierminister Morihiro Hosoka-wa hat zu Wochenbeginn eingelenkt und auch der US-Handelsbeauftragte Mickey Kantor schraubte seine Forderungen zurück. Noch vor dem Treffen der G-7, der sieben führenden Industrieländer am 26. Februar in Deutschland, soll ein Sofortprogramm aus Tokio für die Öffnung des japanischen Marktes vorliegen. Drei Varianten sind letztlich dabei denkbar:

1. Die Vorschläge der Japaner sind den Amerikanern zu mager. Dann könnten die gegenseitigen Schikanen eskaheren und wirklich zu einem Handelskrieg zwischen den beiden Wirtschaftsmächten führen.

2. Sie kommen - umgekehrt -einander entgegen und räumen einander Vergünstigungen ein. Das würde allerdings den GATT-Regeln ebenso widersprechen wie die erste Variante. Denn das GATT ist auf Förderung des Freihandels, Marktöffnung und faire Wettbewerbsregeln für alle ausgerichtet. Einseitige Bevorzugung ist verpönt. Bei dieser Lösung wäre also der Rest der Welt der Verherer.

3. Es kommt eine GATT-konfor-me Lösung heraus. Beide Seiten verzichten auf besondere Bevorzugung oder Benachteiligung.

Letzteres wäre natürlich wünschenswert, ist aber schwierig. Diese Lösung verlangt nämlich eine Änderung des handelspolitischen Kampfstils der Japaner. Und das ist in Hin-bhck auf die Kulturtradition des Landes mühsam. Wie ernst daher Hosokawa sein Angebot meint, wird man erst sehen. Allerdings ist der neue Premierminister auch der Politiker, der angetreten ist, tun das politische System seines Landes zu verändern und den wirtschaftlichen Filz auseinanderzureißen. Eine faire Außenwirtschaft würde dem nur entsprechen. Man kann Hosokawa nur wünschen, daß das gelingt. Auch für uns ist das wichtig, denn Österreichs Wirtschaft hängt ebenfalls davon ab, ob sich weltweit neue Konjunkturimpulse durchsetzen können.

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