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Die Schwierigkeiten schrittweise abbauen

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Das Angebot des Dialogs „auf gleicher Ebene“ durch die orthodoxen Kirchen mit der römisch-katholischen Kirche, wie ihn die II. Rhodoser Konferenz grundsätzlich beschlossen hatte, wurde den römischen Stellen amtlich zur Kenntnis gebracht. Es hat eine existentielle und ökumenische Wurzel. Es wird eine fällige Frage aus dem Themenverzeichnis der I. Rhodoser Konferenz herausgegriffen und vordringlich behandelt. Zweck des Dialogs ist die Erstellung einer tragfähigen dogmatischen Grundlage für die Herstellung der Einheit zwischen beiden Kirchen. Die III. Rhodoser Konferenz wünscht als Vorstufe des Dialogs der gesamten Orthodoxie das Gespräch auf lokaler Ebene, um theologische Erfahrungen für die Haltung und Begegnung mit der katholischen Kirche zu sammeln und auszutauschen. Das Vorgespräch hat den Charakter eines Tests und einer Information.

Die Aufnahme des Dialogs erfolgt stufenweise. Die III. Rhodoser Konferenz umschreibt sie in ihren Erklärungen:

„3. Die III. Panorthodoxe Konferenz wiederholt den bereits zum Ausdruck gebrachten Wunsch der orthodoxen Kirche zum Thema dieses Dialogs. Nachdem die Konferenz alle Einzelheiten gründlich untersucht hat, ist ihr klar geworden, daß eine angemessene Vorbereitung und die Schaffung entsprechender Voraussetzungen für die Absicht notwendig sind, in fruchtbarer Weise einen echten theologischen Dialog zu beginnen.

4. Damit soll nicht gesagt sein, daß jede einzelne Kirche der örtlichen orthodoxen Kirchen nicht von sich aus — allerdings nicht dm Namen der gesamten Orthodoxie — frei ist, brüderliche Beziehungen zur römisch-katholischen Kirche zu pflegen. Wir sind dabei davon überzeugt, daß auf diese Weise die tatsächlich bestehenden Schwierigkeiten schrittweise neutralisiert werden.

5. Zu diesem Zweck und um dieser heiligen Sache besser zu dienen, übermittelt die III. Panorthodoxe Konferenz unseren örtlichen orthodoxen Kirchen ihren Wunsch, sie möchten die Einzelheiten dieses Dialogs vom orthodoxen Gesichtspunkt aus studieren und untereinander die Ergebnisse ihrer Studien ebenso wie andere wichtige Informationen austauschen.“

Im Vorfeld des Dialogs sollen auf lokaler Ebene das Klima verbessert, die Gegensätze abgebaut und die praktische Zusammenarbeit gefördert werden. Dann können auf gesamtorthodoxer Ebene Gegenstand und Methode, Programm und Zeitpunkt des Dialogs festgelegt werden.

Der Gegenstand des Dialogs bleibt offen. Zunächst sollen in ersten Kontakten die Beziehungen weiter entspannt werden. Es geht um die Abkühlung der heißen Eisen. Das ökumenische Patriarchat bezeichnete als solche vor drei Jahren den Prosely-tismus, die Auflösung der unierten Kirchen, das Abgehen von der Theorie von der „Rückkehr der getrennten Brüder“ und die Mischehenpraxis. Über den Proselytismus als unlautere Abwerbung orthodoxer Gläubiger gibt es keine Meinungsverschiedenheit. Die mit Rom vereinten Ostriten fanden nicht die Zustimmung der gesamten Orthodoxie und gelten nicht als ihre Sprecher. Eine zwangsweise Behandlung der Frage verletzt die Gewissensfreiheit und den ökumenischen Geist. Für den Fall der Versöhnung hat die Hierarchie der katholischen Ostriten ihre Rücktrittsabsicht bekundet. Das Ökumenismusdekret spricht von der Herstellung der kirchlichen Gemeinschaft, nicht von der Rückkehr. Das Dekret für die katholischen Ostriten billigt die Kultgemeinschaft in Notfällen und anerkennt die Gültigkeit der vor einem orthodoxen Priester geschlossenen Ehe. Entscheidend für das Klima wird die praktische Zusammenarbeit in Fragen der christlichen Grundsätze und Sitten sein. „Wo die Herzen geeint sind, wird der Widerstand des Kopfes nachlassen“ (Strenopoulos).

Die dogmatischen Lehrunterschiede bilden den Hauptgegenstand des Dialogs. Der Ausgangspunkt ist ungleich. Für den orthodoxen Theologen lautet der Grundsatz: „Das dogmatische Gebäude der orientalischen Kirche ist in seiner Gesamtheit amtlich nicht festgelegt“ (Dj/obouniotes). „Soweit es sich um Lehraussagen der ökumenischen Konzilien handelt, ist die Lehre abgeschlossen; darnach ist alles offen.“ Der katholische Theologe richtet sich nach dogmatischen Aussagen des kirchlichen Lehramtes nach 1054, wie es die unmittelbare Anschauung Gottes nach dem Tod (1336) und die Eucharistie (1079), das Fegefeuer (1245) und das Filioque (1215), die Unbefleckte Empfängnis und die leibliche Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel (1854, 1950), der Primat und die Unfehlbarkeit des Papstes (1274, 1439. 1870) sind. Die Zensuren dieser Lehrsätze durch orthodoxe Theologen schwanken von Irrlehre bis zum Theologumenon. Das Ziel des Glaubensgesprächs ist eine beide — von der gemeinsamen Glaubensquelle' ausgehenden — Lehfauffassungen verbindende dogmatische Aussage. Dazu ist eine gediegene Kenntnis der Glaubenslehre beider Kirchen unerläßliche Voraussetzung, aber auch viel Geduld und Liebe zueinander und für das Werk der Einheit. Den nichtamtlichen Konferenzen zwischen je zwölf katholischen und orthodoxen Theologen in Paris über das Filioque (1950) und den Primat (1956) gelangen zum Teil neue Ansatzpunkte für eine Annäherung der Auffassungen.

Die Methode des Dialogs wird von allgemeinen Informationen über Sonderfragen zu systematischen Einigungsgesprächen vorstoßen. Sie war dem Mittelalter so gut wie der Neuzeit bekannt. Wir erinnern an die Informationsgespräche im 13. Jahrhundert und das Einigungsgespräch von europäischem Format zwischen den hochstehenden byzantinischen und abendländischen Theologen in Florenz (1439). Die orthodoxen Theologen führten mit den Altkatholiken und Anglikanern seit den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts solche Informationsgespräche, die sich 1931 zu systematischen Einigungsgesprächen verdichteten und jetzt durch die sowjetrussischen Theologen erweitert fortgeführt werden.

Programm und Zeitpunkt des Dialogs der orthodoxen Kirche mit der katholischen Kirche sind vom Ergebnis der Vorbesprechungen abhängig. Seine Dauer ist durch den Grad der Abweichungen und den Einsatz der Theologen, aber auch durch nichttheologische Faktoren bedingt.

Wir fassen unsere Erwägungen zum Dialog zusammen:

Der Dialog der orthodoxen Kirchen mit der römisch-katholischen Kirche setzte eine rührige innerorthodoxe Zusammenarbeit unter dem ökumenischen Patriarchat zusammen.

Die Vorbesprechungen auf lokaler Ebene beeinflussen Klima und Fortgang des Dialogs, wobei die Zusammenarbeit auf nichttheologischem Gebiet Impulse geben kann.

Das Glaitbensgespräc/i stellt hohe Ansprüche an Wissen und Charakter der Theologen beider Kirchen und erfordert angemessene Vorbereitungen. Sensationelle Erwartungen fördern die große Aufgabe nicht

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