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Ein guter General
Mitte September treten die Außenminister in New York zusammen, um die „interamerikanische Zusammenarbeit“ wieder in Gang zu bringen. Die Tagung der „Organisation amerikanischer Staaten“ in Buenos Aires war abgesagt worden. Man konnte die „Charta1.“ dot „OAS“ „zur Stärkung der repräsentativen Demokratie“ schlecht in einem
General Juan Carlos Ongania: kein „Berufsdiktator" Photo: Keyston
Lande ändern, in dem gerade Generäle die Macht ergriffen hatten, ganz abgesehen davon, daß Venezuela sich weigert, in einem totalitären Staate zu verhandeln. Die „Konferenz der Präsidenten“, die noch in diesem Jahr stattfinden soll, war von dem gestürzten Dr. lllia angeregt worden. So mußte die argentinische Revolutionsregierung zunächst um ihr internationales Prestige besorgt sein.
Es schien durch die Gegenbewegung der „Demokratien“ gefährdet. Aber die sogenannte „Kleine Gipfelkonferenz“ in Bogota zwischen Chile, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela führte nicht zu der erwarteten „Einheitsfront“ gegen die Militärregime in Argentinien und Brasilien. Venezuela bfieb mit seiner Forderung (nach der sogenannten
„Betancourt-Doktrin“) Putschregierungen die Anerkennung zu versagen, isoliert. Der chilenische Präsident Dr. Frei erklärte nach der traditionellen These des „Nichtinterventionsprinzips“, daß er mit allen Ländern Beziehungen unterhalte, ob (sie nun- kapitalistische,. kommunistische, monarchistische, republikanische oder De-facto-Regierungen hätten. Man hätte meinen sollen, daß es nunmehr keinen Konfliktstoff mehr zwischen der rechtskatholischen Diktatur in Argentinien und der linkskatholischen Demokratie in Chile gäbe. Aber die argentinische Presse berichtet wieder über neue — ebenso überflüssige wie unbedeutende — Grenzzwischenfälle. In jedem Fall wurde trotz der Anstek- kungsgefahr des totalitären Bazillus in Bogota keine Quarantäne verhängt.
Die Herde
Die Besorgnis vor der Entstehung „faschistischer Herde“ war auch ein Motiv für die teils ablehnende teils vorsichtige Haltung, mit der man in Washington auf die argentinische Revolution reagierte. Die Prügel, die der nordamerikanisohe Professor
Ambrosse bei der Räumung einer Fakultät erhielt, spitzten die Spannung zu. Doch glätteten sich die Wogen, als Ongania das Eingreifen der Polizei bedauerte. Ing. Aivaro Alsogaray brachte aus Washington, wo er jetzt Botschafter wird, opti- mięjische Nachrichten über Darlehen und Weizenabsatz, er prophezeite sogar kühn eine „Revolution auf dem Weltfleischmarkt“. Damit hat er ein Kernproblem der Beziehungen zwischen beiden Ländern angesprochen. Diese werden zwar durch das Werben um das Auslandskapital und die erneute Einschaltung der nord- amerikanischen Trusts in die argentinische Petroleumproduktion ebenso günstig beeinflußt, wie durch die „7. Konferenz der amerikanischen Heere“, die in Buenos Aires vorbereitet wird. Aber es geht um mehr. Die Revolutionäre weigern sich, im lateinamerikanischen Konzert weiter die zweite Geige zu spielen. Im Außenministerium sagt man, Washington müsse seine „geopolitische Auffassung“ revidieren, nach der Argentinien Agrar- und Importland bleiben, Brasilien aber das Industrieland Nummer eins des Kontinents werden solle.
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