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Ein neues Hochschülerschaftsgesetz?

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Der zweite Hauptpunkt ist die Änderung des Hochschülerschaftsgesetzes im Sinn einer Entbürokra-tisierung der hochschulpolitischen Arbeit: „Der Verwaltungsapparat muß reduziert werden; die ÖH braucht eigene Beamte und eine Trennung der finanziell-wirtschaftlichen Aufgaben von den echt hochschulpolitischen. Außerdem muß das Wahlsystem und die Arbeit der Ausschüsse vereinfacht werden“ (Doktor Schuster). Parallel dazu sollen die Funktionäre der Fraktions- und Verbandapparate durch ungebundene, aber politisch interessierte Studenten ersetzt werden. „Das Reservoir der Verbände genügt nicht mehr, um gute Hochschulpolitik zu machen. Man muß den interessierten Studenten im Hörsaal ansprechen.“

FÖST: Taktik des Abwartens

Wie steht die FÖST zu diesen Sanierungsplänen des Wahlblocks? Viele der vom CV nunmehr propagierten Reformen hatte die Freie österreichische Studentenschaft bereits durch ihre Gründung vorweggenommen. „In bewußter Unterscheidung von den Organisationen der traditionellen Studentenverbindungen suchen wir, heißt es in der Grundsatzerklärung, eine neue liberale Form des studentischen Gemeinschaftslebens ohne Bevormundung durch eine Partei oder Altherrenschaft.“ Wenn der CV heute an die Mitarbeit nichtkorporierter Studenten denkt, kann die FÖST zu Recht darauf hinweisen, daß sie selbst als „Vereinigung von christlich-demokratischen und liberalen Studierenden und Akademikern“ die Interessen dieser nichtkorporierten Studenten, d. h. der Mehrheit der österreichischen Studenten, vertritt. Beeinträchtigt in der Erfüllung dieser Funktion war die FÖST allerdings durch die Schwierigkeit, ihren Nachwuchs zu rekrutieren — Katholische Hochschuljugend, katholische und evangelische Studentengemein-

den und persönliche Freundschaften stellten zwar nicht unbedingt ein schwächere Rekrutierungsbasis dai als der CV, vielfach fehlte aber di Kontinuität des Engagements. Als sich in Graz die „Aktion“ auf Initiative eines FÖST-Mitglieds vom Wahlblock abspaltete, hatte es zunächst den Anschein, als ob das Grazer Modell in ganz Österreich Schule machen würde. Inzwischen gelang es der FÖST jedoch, sich an fast allen Hochschulorten gegenüber dem CV zu behaupten. Sie stellt seit den letzten Wahlen erstmals den Vorsitzenden des Zentralausschusses und macht ihr weiteres Verbleiben im Wahlblock heute von der Politik der Korporationen abhängig. Der Wahlblock, so der hochschulpolitische Referent der FÖST, Dkfm. Stime-mann, ist für die FÖST kein Selbstzweck. Entscheidend ist, daß sich innerhalb des Wahlblocks studentische Politik nach den Grundsätzen der FÖST realisieren und in Wählerstimmen und Mandate ummünzen läßt.“

Von der Auflösung des Wahlblocks wird zur Zeit also nicht gesprochen — weder im CV noch in der FÖST, Die warnenden Argumente gegen einen drohenden „Bürgerblock auf Hochschulfront“ (wie er durch die Koalition von CV und RFS de facto in Innsbruck schon gegeben ist), scheinen bis auf weiteres gesiegt zu haben. Bis auf weiteres — das heißt bis zu den nächsten Hochschulwahlen 1969. Wenn die einmal begonnene Lockerung der Fronten, die stärkere Beweglichkeit der Wähler auch an den Hochschulen weitergeht, werden diese nächsten Wahlen die Struktur der studentischen Politik entscheidend verändern. Der Wahlblock, der bei den letzten Demonstrationen fast den Eindruck eines „Getriebenen der Opposition“ machte, ist sich dessen ebenso bewußt wie die Fraktionen der studentischen Opposition.

In der nächsten Folge: Die Oppositionellen

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