6589674-1952_18_02.jpg
Digital In Arbeit

Ein Schritt weiter?

Werbung
Werbung
Werbung

Rom, 20. April 1952 Ende August dieses Jahres findet in Lund in Schweden die große ökumenische Versammlung statt, die, von der Bewegung Glaube und Hierarchie organisiert, dazu bestimmt ist, die Bestrebungen des Weltkirchenrates fortzusetzen, der sich 1948 in Amsterdam konstituiert hat, in der Tat eine Vereinigung einer großen Zahl christlicher Kirchengemeinschaften. Der Weltkirchenrat läßt jeder der Bewegungen, die zu .seiner Gründung geführt haben, eine gewisse Autonomie oder wenigstens eine gewisse Individualität. Es sind dies die Bewegung „Aktion und Leben“, die mehr praktisch als doktrinär eingestellt ist und auf Söderblom zurückgeht, und die Bewegung Glaube und Hierarchie“, die der Richtung Karl Brents angehört und sich strenger an die Doktrin gebunden hält. Die von der letzteren Gemeinschaft eingesetzte theologische Kommission, deren Präsidentschaft der lutherische Bischof von Upsala Brillioth, der Schwiegersohn Söderbloms, führt, organisiert jetzt die Tagung in Lund. Möglicherweise wird deren Tragweite, wie der Vorsitzende der „Internationalen Vereinigung Unitas“, Pater Karl Boyer S. J., eben jetzt in der in Rom erscheinenden Revue .Unitas“ ausführt, die Bedeutung des Amsterdamer Kongresses übertreffen.

Bekanntlich hat die katholische Kirche durch keine Vertreter an den Arbeiten des ökumenischen Kongresses in Amsterdam zufolge der genauen vom Heiligen Stuhl ausgegebenen Richtlinien teilgenommen. Auch gegenwärtig steht es noch nicht fest, ob an der Tagung in Lund Vertreter der katholischen Kirche teilnehmen werden. Wenn dies geschieht, so darf man annehmen, daß sich die Teilnahme in dem Erscheinen einer oder mehrerer Vertreter in der Eigenschaft als Beobachter ausdrücken würde.

Die Versammlung von Lund ist, wie P. K. Boyer in der römischen Revue feststellt, sehr genau vorbereitet worden. Ihr geht die Veröffentlichung eines Berichts der genannten theologischen Kommission des Weltkirchenrates voraus, der in seinen Darlegungen eine Vorstellung der bestehenden Kultformen zu geben und darüber hinaus Entschließungen anzuregen sucht, die einem Fortschritt für die Wiedervereinigungsbestrebungen innerhalb der Christenheit dienen könnten. Man kann die Zahl der Formen des christlichen Kultus auf fünf beschränken. Zunächst kommt es darauf an, ob der Gottesdienst liturgisch gebunden ist oder nicht. Hier bestehen zwei ganz verschiedene Formen. Für die übrigen drei ist bestimmend, ob in ihren Mittelpunkt die Eucharistie oder die Predigt oder die betrachtende Hingabe gestellt ist.

Die Mitglieder der Kommission“, sagt anerkennend der Autor in der römischen Revue, haben klar erkannt, daß der Unterschied der Formen des Kultus auf den Unterschied der Doktrinen zurückgeht.“ Gemeinsam ist den meisten im Weltkirchenrat vereinigten christlichen Gemeinschaften, daß auf sie die liturgische Bewegung eine Anziehungskraft ausübt, und das Bedürfnis nach dem gemeinsamen Gebet. Darüber, in welcher Form eine liturgische Erneuerung zu verwirklichen sei, gehen die Meinungen noch auseinander.

Dem Bericht der Kommission zufolge können die Fragen, welche notwendigerweise behandelt werden müssen, auf sechs reduziert werden, wenn man sich mit ihnen im Hinblick auf die angestrebte Vereinigung der Christenheit befaßt.

Die erste Frage ist: Stellt die Liturgie eine Angelegenheit der Tradition dar oder muß sie Ausdruck einer augenblicklichen und spontanen Empfindung sein? Die Kommission ist in ihrem vorbereitenden Bericht für die Konferenz in Lund geneigt, die Frage im Sinne der Tradition zu beantworten.

Ehe zweite Frage behandelt den Gemeinschaftscharakter des Gottesdienstes, den der größte Teil der Christen, wie der Bericht der Kommission besagt, bejaht; ein weiteres Problem für die Beratungen in Lund bietet die Gebetsform; die vierte und fünfte Frage betrifft das Wesen d s Meßopfers und der Eucharistie, die dogmatischen Begriffsbestimmungen, über die innerhalb der verschiedenen im Weltkirchenrat vereinigten christlichen Kirchengemeinschaften die größten Widersprüche bestehen. Doch kann der Verfasser in der zitierten römischen Revue sagen: Die letzte von der Kommission überprüfte Frage betraf die Taufe, und es ist erfreulich zu sehen, daß die Verfasser dieses Berichts Stellung nehmen für die Kindertaufe.“

Uber die von der theologischen Kommission der Bewegung „Glaube und Hierarchie“ geleistete Vorbereitungsarbeit gibt der zitierte Autor das sehr beachtliche Urteil ab: „Wenn wir es wagen, unseren Eindruck wiederzugeben, so glaüben wir, daß die Kommission positive Arbeit geleistet hat. Nicht allein, daß sie alle die präzisen Angaben, die sich auf das außerordentlich komplexe Problem beziehen, gesammelt, klassifiziert und geordnet hat, sie hat auch mit einer offenkundigen Einstellung, die auf Wahrheit und Liebe gerichtet war, eine ganze Anzahl von vernünftigen Anregungen gegeben, welche wahrlich der Sache der kirchlichen Unitas dienen können. Zusammengefaßt, ohne die Rolle der Informatoren und Mitarbeiter zu verlassen, die ihnen anvertraut worden war, haben die Verfasser des Berichtes klar gezeigt, daß sie dem Begriff des Sakraments, eines besonderen Priestertums zuneigen, der wirklichen Gegenwart Christi in der Eucharistie, der Einräumung eines eucha- ristischen Opfers, der Kindertaufe und einer wohlgesicherten Liturgie. Wenn sie erreichen würden, daß die Versammlung von Lund ihnen auf diesem Weg folgt, würden sie nicht nur für eine größere Einheit unter den Mitgliedern des ökumenischen Rates gearbeitet haben, sondern sie würden auch viele Nichtkatholiken der Stellung der römisch- katholischen Kirche nähergebracht haben.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung