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Eine schmerzliche Lücke ist geschlossen

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KIRCHE IN ÖSTERREICH. Wegweiser durch ihre Geschichte. Von Josef Wodka. Verlag Herder, Wien 1959. XII und 500 Seiten, 3 Karten. Preis 170 S

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KIRCHE IN ÖSTERREICH. Wegweiser durch ihre Geschichte. Von Josef Wodka. Verlag Herder, Wien 1959. XII und 500 Seiten, 3 Karten. Preis 170 S

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Oesterreich besitzt viele Seltsamkeiten. Eine dieser ist die Tatsashe, daß Oesterreich, dieses angeblich so katholische Oesterreich, bis jetzt keine Kirchengeschichte seines Landes besitzt. Zwar wird fast jedem Kenner der Materie hier sofort der Name „Tomek" einfallen, aber das große Werk des ehemaligen, nun schon verstorbenen Ordinarius für Kirchengeschichte an der Wiener Universität war und ist ein Torso geblieben. Dies beweist auch gerade der vor kurzem erschienene dritte Band, der außerdem nur bis 1848 reicht. Tomeks Werk ist eine große Materialiensammlung. Das ist viel, sehr viel. Aber deshalb ist sein Werk noch keine Geschichtsschreibung im eigentlichen Sinn. Diese große — und fast unverständliche — Lücke hat nun DDr. Josef Wodka, Professor am Priesterseminar von St. Pölten und Professor der Wiener Universität. ausgefüllt. Sein Werk ist eine wirkliche Darstellung der österreichischen Kirchengeschichte vom

Beginn des Eindringens des Christentums in unser Land bis herauf zur heutigen Zeit. Schon dafür gebührte dem Verfasser der besondere Dank. Hierzu kommen noch als besondere Vorteile: eine gründliche Beherrschung des Stoffes, eine genaue Kenntnis der Literatur und der Quellen sowie eine ausgezeichnete Darlegung der Materie. Jeder Rezensent, der ein Werk kritisch untersuchen will, beginnt in dessen Literaturverzeichnis und Anmerkungen auf Fehler zu „jagen“. Der Rezensent muß bekennen, daß er so gut wie auf keine Unterlassungssünden des Autors stieß. Dermaßen „enttäuscht", begann er den Text durchzustudieren, der ihn derart fesselte, daß er in kürzester Zeit die Lektüre des Werkes bewältigt hatte. Es ist schwer zu erklären, welche Kapitel dem Autor besonders gut gelungen sind. Vielleicht (aber dieses Urteil ist höchst subjektiv, da der Rezensent für diese genannten Epochen ein besonderes Interesse hat) die Darstellungen über das späte Mittelalter, die Reformation und Gegenreformation, das Barock und den Josephinismus. Besonders zu begrüßen ist, daß der Verfasser auch das

Zeitalter Franz Josephs und die Zeit von 1918 bis 1948 gründlich untersucht und darstellt. Zeiträume, über deren Kirchengeschichte es bis jetzt nur Einzelabhandlungen gab. Doch soll die Hervorhebung dieser Teile des Werkes keine Herabminderung der übrigen sein, die andere Leser wieder mehr interessieren werden.

Zum Schluß stürzte sich der Rezensent noch auf das Register, das ungefähr 2300 Personen und rund 1000 Ortsnamen umfaßt. Er konnte hier als einzigen wirklichen Fehler nur die falsche Schreibung des Namens Frühwirth finden. (Als einzigen wirklichen Fehler im Text möchte der Rezensent den in der österreichischen Geschichtsschreibung unausrottbaren Fehler von der „deutschen“ Kaiserkrone der Habsburger, auf den er auch hier traf — zum Beispiel S. 311 —, erwähnen. In der sicher zu erwartenden 2. Auflage wird dieser Fehler hoffentlich ausgemerzt sein.)

So kann denn zum Abschluß gesagt werden, daß dem Autor, dem Verlag und besonders Oesterreich zu diesem Werk nur zu gratulieren ist. Endlich ist das Scandalum, daß Oesterreich keine brauchbaren Wegweiser durch seine Kirchengeschichte besaß, beseitigt.

DDr. Willy Lorenz

MÄCHTE UND GEWALTEN IM NEUEN TESTAMENT (Quaestiones disputatae, herausgegeben von K. Rahner und H. Schlier, Heft 3). Von Heinrich Schlier. Verlag Herder, Freiburg. 64 Seiten. Preis 4.80 DM.

Im Katechismus, nach welchem wir (bis 1931) lernen bzw. unterrichten mußten, gehörten „Mächte" und „Gewalten“ zu den neun Engelchören, wie sie Pseudo-Dionysius (5. Jahrhundert?) aufgestellt und eingeteilt hat. Schlier zeigt uns nun, daß diese beiden Ausdrücke im Neuen Testament vieldeutig gebraucht werden, ja bei Paulus sind sie sogar „immer böse“ gemeint, also Christus feindlich gesinnte Mächte (vgl. S. 14, Anm. 13), so daß das Heer der guten Engel dann auf sieben verschiedene Gruppen zu reduzieren wäre. (Aber sprechen Eph. 1, 21; 3, 10; Kol. 1, 16 oder 1-Petr. 3, 22 wirklich nur von bösen Engeln?) Während zum Beispiel die Apokryphen, wie 1 Henoch 6—16, zahlreiche Einzelheiten aus der Engelwelt wissen, ist das Neue Testament weder bei den guten noch bei den bösen Geistern an einer genauen Systematik interessiert, die betrübliche Tatsache jedoch, daß es solche gottfeindliche Mächte gibt, die auch dem Menschen nur Uebles’ wollen, wird oft und eindrucksvoll bezeugt (vgl. die zahllosen Belege auf S. 11—12).

Dieser Kampf des Satans gegen uns in seinen verschiedenen Formen „ist nicht ein romantischer Traum der Kirche, die sich selbst überschätzt" (S. 47), sondern hundertfach erfahrene schmerzliche Tatsache, die freilich jetzt nicht einen lähmenden Fatalismus im Menschen erzeugen soll, sondern ihn nur zur notwendigen Wachsamkeit aufrufen will. „Prüfet die Geister, ob sie aus Gott sind“ (1 Joh. 4, 1). Die S. 61, Anm. 62, angeführten tröstlichen Stellen aus der ältesten Väterliteratur über die. Ohnmacht des Teufels dem wachsamen Christen gegenüber ließen sich zweifellos vermehren, ebenso die S. 8 angeführte neuere Literatur über unser Thema, vgli etwa G. B. Caird, Principalities and Powers (Oxford 1956) u. a. Die kleine, aber gehaltvolle Schrift des Bonner Neutestamentlers erhebt auch gegen den „naiven Stolz“ des heutigen Menschen auf „sein“ Atomzeitalter (vgl. S. 53, Anm. 54), in welchem die „Elemente dieser Welt“ (Kol. 2, 20) bekanntlich eine so unerhörte Rolle spielen, warnend ihre Stimme und verdient schon deshalb die Aufmerksamkeit auch breiterer Kreise unter den christlichen Laien.

Bei dieser Gelegenheit sei noch daran erinnert, daß Urban Holzmeister, der Tiroler Professor am Bibelinstitut in Rom, schon 1937 in seinem Petrus- briefkommentar (S. 305, Anm. 6) es als „sicher falsch“ bezeichnet hat, daß die Erzengel nach dem schon anfangs erwähnten Pseudo-Dionysius in die achte, das heißt also vorletzte Di-nstklasse eingestuft wurden, wo doch Michael als „großer Fürst“ (Dan. 12, 1), ja als der Anführer der guten Engel im Kampf gegen Satan vorgestellt wird (Apok. 12, 7), Raphael sich selbst als einen der sie-

ben Thronassistenten Gottes bezeichnet (Tob. 12, 15) und Gabriel als Ueberbringer der Erlösungsbotschaft aus dem Neuen Testament ja allgemein bekannt ist, während man von manchen höheren Engelgruppen kaum mehr weiß als ihren Namen. Gewiß ist weder die Einteilung der Engel in neun Chöre noch deren Reihenfolge Dogma, sondern nur „freie theologische Meinung" (L. Ott, Grundriß der Dogmatik, 1957, S. 140), die aber von den zuständigen Dogmatikern doch einmal einer genauen Revision unterzogen werden sollte.

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