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Einheit am dünnen Faden

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Ein festeres Band zwischen Ost- und Westdeutschland als die gemeinsame Evangelische Kirche hat es zwischen der Bevölkerung der beiden Teile Deutschlands seit Jahren nicht mehr gegeben. Noch der letzte Ratsvorsitzende der EKD (Evangelische Kirche Deutschlands) wurde vor nicht allzu langer Zeit von beiden Begionalsynoden gewählt. Wenn es auch immer schwerer wurde, gemeinsame Ratssitzungen zu halten, so wurden doch keine Beschlüsse gefaßt, ohne daß beide Teile zugestimmt haben.

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Ein festeres Band zwischen Ost- und Westdeutschland als die gemeinsame Evangelische Kirche hat es zwischen der Bevölkerung der beiden Teile Deutschlands seit Jahren nicht mehr gegeben. Noch der letzte Ratsvorsitzende der EKD (Evangelische Kirche Deutschlands) wurde vor nicht allzu langer Zeit von beiden Begionalsynoden gewählt. Wenn es auch immer schwerer wurde, gemeinsame Ratssitzungen zu halten, so wurden doch keine Beschlüsse gefaßt, ohne daß beide Teile zugestimmt haben.

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Die DDR hat sich eine neue Verfassung gegeben. Damit sollte ihre Selbständigkeit noch stärker manifestiert werden. Diese Tatsache stellt die Kirche von neuem vor die Frage, ob sie in einem so gearteten Staat noch solche starken organisatorischen Bindungen mit den Landeskirchen der Bundesrepublik haben könnte. Es wurde ein Strukturaus-schuß gebildet. Eine „Ordnung des Bundes der evangelischen Kirchen in der DDR“ sollte entworfen werden. Der vorgelegte Entwurf wurde keineswegs von allen Seiten mit Begeisterung aufgenommen. Der starke Zusammenschluß der acht verschiedenen Landeskirchen — Sachsen, Thüringen, Mecklenburg, Provinz Sachsen, Berlin-Brandenburg, das Kirchengebiet Görlitz, das Kirchengebiet Greifswald und Anhalt — ist auch von kirchlicher Seite begrüßt worden.

Die stärksten Bedenken wurden gegenüber dem Artikel 4, Absatz 4, der neuen Ordnung angemeldet, und zwar von beiden Saiten. In diesem Abschnitt geht es um das Verhältnis zu den westdeutschen Kirchen.

„Der Bund“ — so heißt es dort — „bekennt sich zu der besonderen Gemeinschaft der ganzen evangelischen Christenheit in Deutschland. In der Mitverantwortung für diese Gemeinschaft nimmt der Bund Aufgaben, die alle evangelischen Kirchen in der DDR und BRD gemeinsam vertreten, in partnerschaftlicher Freiheit durch seine eigenen Organe wahr.“ Die einen hielten diese Formulierung für zu schwach und die anderen für zu stark. Um diese zwei Sätze wurde heftig gekämpft Man wollte, daß die Verbindung zu den westdeutschen Kirchen noch deutlicher formuliert wird. Man wehrte sich gegen eine Trennung von dem anderen Teil der Kirche. Es waren besonders Laien, die an der in den vergangenen Jahren gerade von Theologen beschworenen Einheit festhalten wollten.

Der Kirchenkreis „Berlin-Brandenburg“ ist jetzt vor besondere Probleme gestellt. Der eine Teil der Kirche, nämlich Berlin-West mit 1,6 Millionen Evangelischen, gehört zu den westlichen Kirchen und Berlin-Ost zu dem östlichen Bund. Es ist noch nicht abzusehen, welche Folgen sich daraus ergeben. Noch hat diese Kirche einen Bischof, der seit acht Jahren nicht dn den östlichen Teil seiner Landeskirche reisen darf. Noch haben die beiden Teile eine Verfassung, die für sie gleichermaßen verbindlich ist. Schon seit 1962 gibt es zwei Regionalsynoden und -Jtirehenieitungen in part-nerschaf.tlicher Freiheit. Die EKD in der bisherigen Organisation ist nicht mehr vorhanden. Ob auch die westdeutschen Kirchen einen eigenen Bund schließen werden? Die Ostdeutschen haben eine solche Bitte schon ausgesprochen. Die Lutherischen Kirchen in Westdeutschland haben das wie die Lutherischen Kirchen in Ostdeutschland schon getan. Das organisatorische Band ist so gut wie zerschnitten. Bs bleibt höchstens noch ein dünner Faden übrig.

* Der Autor ist Generalsuperintendent der Evangelischen Kirche von Berlin (West).

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