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Es geworden um Hund"

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Oberst Muam mar el-Gaddafi. Die für Ex-US-Präsident Ronald " Reagan „Wurzel des Bösen" hat die amerikanische Gegnerschaft unbeschadet überstanden. Gaddafi steht vor dem 25-Jahr-Ju-biläum der libyschen Revolution.

Nach der Machtübernahme stellte die revolutionäre Führung unter Gaddafi dem monarchistischen Motto „Allah, Malik, Watan" (Gott, König, Vaterland) die Forderung nach „Freiheit, Sozialismus, Einheit" ge-i;enüber. Nach dem Versagen der Einheitspartei „Arabische Sozialistische Union" (1971 gegründet), versuchte Gaddafi ab 1973 die Massen über sogenannte Volkskomitees für die libysche Revolution zu mobilisieren. Es wurden unter Zuhilfenahme der Parteistrukturen Basisvolkskonferenzen eingerichtet, die für Bürger ab dem 18. Lebensjahr zur Diskussi Gaddafi ist als Exporteur des Terrors international geächtet. Er unterstützt heute einen anderen Isolierten: Serbiens Slobodan Milosevic.

on 'und Entscheidung politischer Fragen offenstehen. Man nannte das „System direkter Demokratie".

Die Basisvolkskonferenzen können seit 1975 ihre Vertreter aus Berufs- und Standesgruppen in die jährlich stattfindende Allgemeine Volkskonferenz entsenden, in der sie gewissermaßen gesetzgebende Funktionen ausüben. Gaddafi selbst hat dieses System in seinem sogenannten „Grünen Buch", das 1976, 1977 und 1979 in drei Teilen publiziert vrarde, dargestellt. Wirtschaftlich bedeutete die politische Revolution eine Nationalisierung des Außen REDAKTIONELLE GESTALTUNG: FRANZ GANSRIGLER

handels und eine „Sozialisierung" des Binnenhandels. Libyen mußte aufgrund der hohen Zahl von ausländischen Beschäftigten einen großen Devisenabfluß verkraften; Gaddafi wollte unproduktive Arbeit und Hilfstätigkeiten in den Produktionsprozeß integrieren.

Die Erdöleinnahmen Libyens sind nach 1981 von mehr als 20 Milliarden Dollar auf ein Viertel bis zum Jahr 1986 gefallen. Dadurch erhielten die Sozialisierungsmaßnah-men Gaddafis zunehmend Auftrieb.

„Bruder" Oberst, wie Gaddafi sich nennen läßt, hat sich mit dem Aufbau des Bildungs- und Gesundheitswesens Verdienste erworden, auch mit der Integration der Frauen in politische, wirtschaftliche und mi-itärische EntScheidungsprozesse.

Außenpolitisch kämpfte Gaddafi von Anfang für eine „Arabische Einheit" und gegen den „Zionismus und US-Imperialismus". Er plädierte - jetzt ist ihm der globale Background dafür abhanden gekommen , vielleicht ein Mitgrund dafür, warum Gaddafi weltpolitisch momentan als Feindbild nicht mehr herhalten kann - für einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus und forderte die „Reinigung des kulturellen arabischen Erbes von fremden Einflüssen" sowie die Aufwertung der arabischen Sprache Versuchte Fusionen mit anderen arabischen Staaten - Ägypten, Syrien, Tunesien, Algerien und zuletzt Marokko (König Hassan hat sich im September 1986 nach den US-Bom-berdements von Tripolis und Beng-hasi von Gaddafi losgesagt und diesen endgültig isoliert) - sind allesamt versandet. Der Befreiungskämpfer, so Gaddafi über sich als Förderer von PLO, Polisario, Swapo und anderen, gilt als Exporteur terroristischer Bewegungen.

Obwohl libysche Politiker stets darauf hinwiesen, daß das Land alle internationalen Vereinbarungen gegen Terrorismus und gegen Flugzeugentführungen unterzeichnet habe, haben libysche Revolutionskomitees nicht davor zurückgeschreckt.

mit Gewalt ihre außen- und sicherheitspolitischen Ziele durchzusetzen. 1986 ließ Ronald Reagan vergeblich Gaddafi jagen und verhängte ein Handelsembargo gegen Libyen.

Gegenwärtig - so berichtete der „Spiegel" - hat Gaddafi auf dem Balkan seine Finger im grausigen Spiel. Mit Waffenschiebereien und Devisennachschub soll er den Kriegstreibern helfen.

Trotz allem ist Westeuropa nach wie vor größter Importeur libyschen Erdöls und wichtigster Exporteur für Wirtschaftsgüter, die Libyen benötigt. Deutschland bezieht den größten Teil seines Erdöls aus Libyen, die von den Amerikanern ab 1988 heftig geführte Diskussion um die von Deutschen errichtete Chemiefabrik im hbyschen Rabta, in der Giftgas produziert werden soll (der amerikanische Journalist William Safire schrieb von „Auschwitz im Wüstensand"), war dem deutschamerikanischen Verhältnis sehr abträglich, das Revolutionsregime in Tripolis sitzt noch fest im Sattel.

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