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EWG: Weiter bemühen

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Das nach der Beendigung des zweiten Weltkrieges auf getretene Streben nach einer wirtschaftlichen Integration Europas brachte es mit sich, daß die Außenhandelsbeziehungen immer größeren Raum und eine ständig wachsende Bedeutung im Rahmen der außenpolitischen Aufgaben der europäischen Staaten einnahmen. Dies Įpilt in besonderem Maße .auch für die Außenpolitik Österreichs, dessen Außenhandel auf Grund geographischer und historischer Faktoren wie kaum ein anderes Land auf Europa ausgerichtet ist. Die wirtschaftlichen Beziehungen Österreichs sind nicht nur mit den OECD-Staaten, und hier besonders den Mitgliedern der EWG und EFTA, besonders intensiv, sondern auch der Anteil der osteuropäischen Staatshandelsländer an unserem Außenhandel liegt weit über dem europäischen Durchschnitt.

Während wir im Handel mit Westeuropa eine kräftige Ausweitung des Warenverkehrs mit den EFTA-Staaten erreichen konnten, trat in letzter Zeit — bei gleichbleibenden Einfuhren — ein Rückgang unserer Exporte in die EWG-Länder ein. Diese voraussehbare Folge der nunmehr vollendeten Zollunion der sechs EWG-Mitgliedsstaaten hat die österreichische Bundesregierung vor mehr als sechs Jahren dazu veranlaßt, in Brüssel den Antrag auf Abschluß eines Vertrages zur Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen unter Wahrung der österreichischen Neutralität zu stellen. Die Integrationsproblematik wurde jedoch von Faktoren bestimmt, auf die Österreich kaum oder nur wenig Einfluß nehmen konnte. Im übrigen sind von dieser Entwicklung nicht nur Österreich allein, sondern alle anderen Staaten, die sich außerhalb der Gemeinschaft befinden und Interesse an Vereinbarungen mit der Wirtschaftsgemeinschaft bekundet haben, betroffen.

Mit aller Nüchternheit muß festgestellt werden, daß die so sehr erwünschte Erweiterung des Gemeinsamen Marktes vorläufig noch nicht im Bereich des Möglichen zu liegen scheint. Weder die Aufnahme von neuen Mitgliedern, noch die Erweiterung des Marktes durch Sondeirarrangements mit jenen Staaten, die nicht die Vollmitgliedschaft anstreben. dürfte in nächster Zeit realisiert werden können. Der Grund hierfür , ist wohl in

der Tatsache zu suchen, daß die europäische Konstellation heute offenbar für eine große Lösung noch nicht reif ist.

Diese Situation muß realistisch gesehen und daraus die notwendigen Konsequenzen für unser weiteres Vorgehen gezogen werden. In diesem Sinne verfolgt die Bundesregierung mit größtem Interesse alle jene Bemühungen, die darauf abzielen, die bestehenden Schwierigkeiten durch limitierte Handels- und Zollarrangements zu überbrücken, österreichi- scherseits wird man jedenfalls in richtiger Einschätzung der Gegebenheiten und Wahrrung unseres Integrationszieles alle jene Schritte zu unternehmen haben, die unserer Wirtschaft die dringend benötigten Erleichterungen bringen. Diese Bemühungen werden sowohl in den Hauptstädten der EWG-Staaten als auch in Brüssel intensiv fortgesetzt. Dies scheint umso wichtiger, als die sehr günstig zu bewertenden Ergebnisse der Kennedy- Runde, die zu einer Verringerung der Belastungen unserer Ausfuhr in den EWG-Raum beitragen werden, erst 1972 voll wirksam werden.

In den vergangenen Jahren konnten die Wirtschaftsbeziehungen zu den östlichen Nachbarn Österreichs weiter ausgebaut werden. Österreich hat durch die Beseitigung administrativer Schwierigkeiten bei der Einfuhr, die Einräumung von GATT-Zöllen auch an Nicht-Mitgliedsstaaten des GATT und eine Teilliberalisierung wesentliche Voraussetzungen hierfür geschaffen. Infolge der unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Systeme und der sich daraus ergebenden Probleme handelspolitischer und finanztechnischer Natur werden die wirtschaftlichen Beziehungen mit diesen Staaten auch weiterhin einer besonderen Pflege bedürfen.

Wenn auch 80 Prozent der österreichischen Exporte in Europa abgesetzt werden, so wäre es verfehlt, wollte Österreich seine Interessen und Bemühungen nur auf diesen Kontinent konzentrieren. Der steigende Anteil der großen außereuropäischen Industrieländer am Welthandel ebenso wie der politische und wirtschaftliche Aufstieg der Entwicklungsländer stellen die Welt vor neue Aufgaben und öffnen neue Möglichkeiten, die auch Österreich nicht ungenützt lassen soll.

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