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„Fragen Sie Bischof Krenn!"

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Der St. Pöltner Diözesan-bischof Kurt Krenn registriert eine Annäherung der FPÖ an die Kirche. Aussagen hochrangiger FPÖ-Funktionäre über ihre Glaubenspraxis lassen daran jedoch zweifeln.

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Der St. Pöltner Diözesan-bischof Kurt Krenn registriert eine Annäherung der FPÖ an die Kirche. Aussagen hochrangiger FPÖ-Funktionäre über ihre Glaubenspraxis lassen daran jedoch zweifeln.

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Die Rechte Haiders ist keine katholische Partei, aber sie nähert sich den Positionen der Kirche an", befand der St. Pöltener Diözesanbischof Kurt Krenn über die FPÖ Jörg Haiders. Der FPÖ-Bundesparteiobmann „sucht sich mit seiner Führungscrew der Kirche anzunähern", stellte Bischof Krenn in einem am 15. Februar in der katholischen italienischen Zeitschrift „II regno" erschienenen Interview dar und klar.

Mit seinem - von ihm selbst wenig später aber zur „Nicht-Wahlempfehlung" erklärten - Werturteil über Haiders Partei wertet der St. Pöltner Oberhirte nicht zum ersten Mal jene Partei auf, die Anfang 1993 erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik ein „Ausländer-Volksbegehren" initiierte. Während der Innsbrucker Diözesanbischof Reinhold Stecher das FPÖ-Anti-Auslän-der-Volksbegehren als „kleinkarierte Position" bezeichnete, war Kurt Krenn der einzige österreichische Diözesanbischof, für den damals nicht der Beweis erbracht werden konnte, daß das Anti-Ausländer-Volksbegehren „gegen christliche Prinzipien" verstößt.

KEINE GEGNERSCHAR MEHR?

Welche FPÖ nähert sich nun welchem Teil der Kirche, an?

Im Oktober 1992 registrierte die rechtsorientierte „Aula (herausgegeben vom Freiheitlichen Akademikerbund) jedenfalls eine Annäherung freiheithchen Gedankengutes an den „hochkonservativ-katholischen Bereich eines Bischof Krenn".

Die Weichen für eine Annäherung zwischen dem „konservativ reaktionären Eck" (so Ex-FPÖ-National-ratsabgeordneter Friedhelm Frischenschlager im „profil") der römisch-katholischen Kirche und einer prinzipiell kirchenneutralen FPÖ stellte freilich bereits Ende der siebziger Jahre der damalige Bundespar-teiobmann der FPO, Alexander Götz. Der Erbe des als „national" ausgewiesenen Götz auf Bundesebene, Norbert Steger, schließlich favorisierte sogar engere Kontakte mit der Katholischen Aktion Österreichs, mittels des Arbeitskreises „Kathoh-ken in der FPÖ".

Mit der Machtübernahme in der FPÖ durch Jörg Haider auf dem Innsbrucker Parteitag 1986 endete vorerst wieder die kurzlebige Tuchfühlung zwfischen Katholischer Aktion und FPÖ. Wie nun die deklarierten Konfessionslosen (die FPÖ hat den höchsten Wähleranteil in dieser Gruppe) und auch die Protestanten das vermeintliche Zusammenrücken ihres jetzigen Parteiobmanns mit dem Kirchenkurs Bischof Krenns goutieren, bleibt noch unergründbar. Für den liberalen Friedhebn Frischenschlager, der in seiner FPÖ-Ära auch den Arbeitskreis "Protestanten in der FPÖ" leitete, war die Annäherung an Bischof Krenn noch Ende Jänner 1993 „falsch", da der „reaktionäre Kirchenflügel" schon immer der „geistige Gegner" (profil, 3/1993) der FPÖ gewesen sei.

Die Führung des am Beginn der Haider-Ära aufs Eis gelegten Arbeitskreises „Katholiken in der FPÖ" liegt mittlerweile in den Händen des Wiener Nationalratsabgeordneten John Gudenus, der sich aber selbst nur als ein „allfälliger Kirchgeher" (profil, 28/1993) sieht.

SCHWEISSAUSBRÜCHE

Im Gegensatz zu ihrem Bundespar-teiobmann können viele hochrangige FPÖ-Funktionäre die plötzliche Annäherung ihrer Partei an die Kirche nur höchst betroffen mit ihrer Glaubenspraxis in Einklang bringen. Wenn auch St. Pöltens Bischof Krenn ein „klasser Bursch" ist, so fühlt sich etwa Niederösterreichs FPÖ-lvandesrat Hans Jörg Schima-nek in der katholischen Liturgie nicht wohl. Er habe doch 120 Kilo und fange bei den Gottesdiensten „zu schwitzen an" (profil, 28/1993), rechtfertigt Schimanek sein sonntägliches Wahmehmungsdefizit. Auch FPÖ-Generalsekretär und Wissenschaftssprecher Herbert Scheibner führt, angesprochen auf seine Kirchgangs-Praxis, Terminprobleme ins Treffen. Der „aufrechte Katholik" Scheibner regte aber dafür im Zuge der parlamentarischen Beratungen zum neuen Universitätsorganisati-onsgesetz an, die Sonderbestimmungen für die Katholischen Fakultäten aufzuheben.

Jörg Haider war, seiner Umgebung entrückt (FURCHE 26/1993), selbst mit dem „Bodenpersonal Gottes nicht immer zufrieden". Zeit-wie auch etwaige inhalthche Probleme mit diesem „Bodenpersonal" löste denn auch der Salzburger FP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 13. März schnell auf seine Art: durch Austritt (FURCHE 6/1994). Dazwischen: Haiders Papst-Audienz.

FPÖ-Pressesprecher Peter Westenthaler auf die Frage, wie da die FP-Annäherung an die Kirche konkret aussehe, zur FuRCHE: „Das müssen Sie Bischof Krenn selbst fragen."

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