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FRANZ KORINEK / FERNAB VOM SPEKTAKULAREN

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Es gibt wohl kaum einen anderen österreichischen Politiker, der mit größerer Berechtigung als ein politischer Freund und Weggefährte Julius Raabs bezeichnet werden kann, als Dr. Franz Korinek. Mit Raab verbanden ihn Nüchternheit und Realismus des politischen Stils, eine aus dem Persönlichen kommende Abneigung gegen alles Pathetische, eine ungespielte Bescheidenheit und der Wunsch nach enger, phrasenloser Zusammenarbeit mit allen zur Kooperation bereiten Kräften Österreichs. Franz Korinek, der frühere Generalsekretär der Bundeswirtschaftskammer und Bundesminister für Finanzen, begeht am 20. Mai seinen 60. Geburtstag.

Der gebürtige Wiener Korinek begann seine politische Karriere in Kärnten. Nach der Promotion zum Dr. jur. in Wien und nach einer dreijährigen Gerichts- und Anwaltspraxis (von 1931 bis 1934) baute er als leitender Sekretär den Landesgewerbeverband für Kärnten auf. 1938 wurde Korinek verhaftet und machte in Kärnten und in Wien nähere Bekanntschaft mit Hitlers Kerkern. Als Schütze Korinek mußte er dann einige Zeit auch den ihm fremden Krieg mitmachen, bevor er sich in Wien als Rechtsanwalt etablieren konnte.

Rechtsanwalt blieb Korinek bis 1947. In diesem Jahr holte ihn Julius Raab, der ihn aus der Pionierzeit der gewerblichen Organisation kannte, in die Bundeswirtschaftskammer. Korinek wurde stellvertretender Generalsekretär. 1948 bis 1950 Kammeramtsdirektor der Wiener Kammer und schließlich, 1950, Generalsekretär der Bundeswirtschaftskammer. Diese Funktion bedeutete in den Jahren des wirtschaftlichen Aufschwunaes eine Schlüsselposition, von der aus Korinek Entscheidendes auf wirtschafts-, finanz- und sozialpolitischem Sektor leisten konnte. In dieser Zeit lernten ihn die Sozialisten als einen Verhandlungspartner kennen, der im Gespräch der Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertreter immer das Sachliche vom Persönlichen zu trennen wußte und so wesentlich zu einem Klima beitrug, in dem die Zusammenarbeit der Sozialpartner gedeihen konnte. Auch als Vizepräsident des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Pensionsversicherungsanstalt für Angestellte konnte er, gemeinsam mit dem sozialistischen Präsidenten Hillegeist, den Beweis liefern, daß die Parole des Miteinander mehr als nur eine rhetorische Floskel sein kann.

1963, als Raab bereits aus der Regierung ausgeschieden wart wurde Korinek in die Bundesregierung berufen. Er machte der ÖVP zuerst den Vorschlag, sich aus zwei anderen Persönlichkeiten einen Finanzminister auszusuchen, und erst als die Partei auf seiner Berufung bestand, zog er ohne große Gesten in das Palais in der Himmelpfortgasse. Noch heute rühmt man im “Ministerium das politische Geschick des neuen Ministers, der das drei Monate nach Jahresbeginn noch immer nicht beschlossene Budget im Parlament rasch durchgebracht hat. Schon ein Jahr später zog Korinek die Konsequenz aus einem Regierungswechsel, der ihm nicht die Gewähr für die Fortführung des bisherigen Kurses zu bieten schien, schied aus der Regierung aus und beschränkte sich auf seine Funktion als Generalsekretär. Zwei Jahre danach zeigte der wegen seiner Konzilianz gerühmte Korinek neuerlich, daß er im Prinzipiellen auch hart sein kann: Nach einem Konflikt mit dem Handelsminister glaubte er die Unabhängigkeit der Kammer gefährdet und demissionierte. Daß auch Differenzen in der Integrationsfrage in den Konflikt hineinspielten — Korinek war immer Verfechter eines vorsichtigen Kurses —, ist ein offenes Geheimnis.

Kann es sich Österreich leisten, auf einen Politiker zu verzichten, dessen Format sich weniger im Spektakulären und mehr in der konkreten Arbeit äußert, auf einen Politiker, der die für unsere Demokratie notwendige Fähigkeit besitzt, sachliche und menschliche Kontakte zu politisch Andersdenkenden zu gewinnen? Vielleicht warten auf den Politiker und den Wirtschaftsexperten Korinek noch große Aufgaben.

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