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Graz-Köln-Wien

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Es ist nicht leicht, in Kürze die Geschichte eines Unternehmens darstellen zu wollen, wenn diese schon in Buchform vorliegt. („Stückwerk im Spiegel“, Verlag Styria, Graz-Wien-Köln.) Weiß man doch dann, wie komplex diese verlief, wie viele Personen und Ereignisse maßgeblichen Einflusses sie ausübten.

Zwei Bischofsgestalten prägten im neunzehnten Jahrhundert das religiöse Leben der steiermär-iischen Diözese: Roman Sebastian Z ä n g e r 1 e, ein Schwabe, und Johannes Z w e r g e r, ein Südtiroler. Der erste brachte in einer nimmermüden, missionarischen Tätigkeit den Eisgang der Aufklärung zum Stehen, die man in Oesterreich gemeinhin als Josephinismus bezeichnet. Zän-gerles Sorge galt vor allem seinem Klerus, den er in einem heute nicht mehr vorstellbaren Zustand des Verfalles angetroffen hatte. Er gründete das Knaben- und Priesterseminar, rief neue Ordensgesellschaften ins Land, gab das Beispiel seines heiligmäßigen, rastlosen Priesterlebens und vollendete in den vierundzwanzig Jahren, in dem Vierteljahrhundert seines Hirtenamtes, die Gegenreformation, die ein halbes Jahrhundert zuvor durch die Auflösung des Jesuitenordens auf so jähe und folgenschwere Weise unterbrochen worden war.

Im Jahre 1867 — dazwischen hatten Othmar Ritter von Rauscher und Ottokar Maria Graf A 11 e m s den Seckauer Hirtenstab geführt — berief der Salzburger Metropolit den zweiten großen Fürstbischof des neunzehnten Jahrhunderts zu des letzteren Nachfolge. Das öffentliche Leben hatte indes grundlegende Umwälzungen erfahren. Die Restauration war gescheitert, das Konkordat gekündigt, das Bürgertum, mächtig geworden in der Wirtschaft und Wissenschaft, getragen von den Ideen der französischen Revolution, übernahm die politische Macht und glaubte, der altgewordenen Kirche den Todesstoß versetzen zu können. Im Bauernstand und im Kleinbürgertum hätte es Kräfte genug gegeben, die kirchenfeindlichen Angriffe abzuwehren. Aber diese entbehrten der Führer und waren in keiner Weise geordnet und schlagkräftig. In solcher Lage schuf Zwerger den stei-rischen Katholiken die Mittel, deren sie bedurften: eine politische Organisation — die katholisch-konservative Partei —, eine katholische Tageszeitung, den Katholischen Preßverein in der Diözese Seckau, der den Bestand des neugegründeten „Grazer Volksblattes“ sichern und nicht zuletzt katholische Literatur aller Kategorien herstellen und verbreiten helfen sollte.

Neben seinem Oberhirten steht in jener Zeit Alois K a r 1 o n. Ein steirischer Priester glühenden Herzens, überragenden Verstandes, stahlharten Willens, restloser Hingabe und kühnen Weitblicks. Er begann sein später so vielfältiges Wirken als Subdirektor des Priesterseminars und schloß seine Augen nach einem ununterbrochenen Kampf für die Freiheit und das Recht der Kirche und des katholischen Volkes als Dompropst. Ueber seinen Antrag hatte der erste stei-rische Katholikentag im Jahre 1869 die Gründung eines „Katholischen Pressevereines für die Diözese Seckau“ beschlossen, in dessen Besitz das schon bestehende „Grazer Volksblatt“ überging. Karion wurde zum Leiter der Druckerei bestellt, die man brauchte, um das Blatt billig herstellen und damit überhaupt erhalten zu können. Er war es, der diesen anfänglich so bescheidenen Kleinbetrieb so auszubauen verstand, daß er als „Universitätsbuchdruckerei Styria“ um die Jahrhundertwende schon zu den führenden der graphischen Großbetriebe in der Monarchie zählte. Nie hat er fremde Mittel oder Spenden in Anspruch genommen. Und alles !?at er zuwege gebracht, obwohl er als nimmermücier Reichstags- und Landtagsabgeordneter, als rastloser Seelsorger, ein Uebermaß von zermürbender Arbeit zu verrichten hatte. Sein Bruder Johannes wurde zum ersten Chefredakteur des ..Grazer Volksblattes“ bestellt, das getreu seiner Devise „veritas liberabit“ den aussichtslos erscheinenden Kampf gegen die erdrückende Ueber-macht seiner Gegner aufnahm. Unerschrocken, mit heute beschämend anmutenden Mitteln ausgerüstet, tat er seine schwere Pflicht, bis sich' Erfolg über Erfolg einstellte Prälat Johann Karion wurde von Msgr. Franz Zapletal und dieser von dem unvergessenen Msgr. Karl Schwechler abgelöst, der nach zwei Dezennien seine wortgewaltige Feder in die Hand des Lambrechter Benediktiners P. Udalrich Gra s c h i t z legte. Nach diesem war der heutige. Grazer Dompfarrer Prälat Dr. Rochus Kohlbach der Hauptschriftleiter der katholischer/ Tageszeitung Steiermarks bis zu jenem Tag, an! dem ein Sturmtrupp der SA in die Räume der] Schriftleitung eindrang und das Blatt gleichgeschaltet wurde. Dasselbe Schicksal widerfuhr den übrigen Unternehmungen des Katholischen!

Fressevereines. Sie wurden von der „Gauleitung“ . okkupiert.

Nach dem für Karion schmerzlichen Ausscheiden war für kurze Zeit der heute hochbetagte Universitätsprofessor i. R. Dr. Anton M i c h e-1 i t s c h an die Spitze der Preßvereinsanstalten getreten. Er hatte seine Funktion an den heutigen Seckauer Dompropst Prälat Dr. Franz Puchas weitergegeben. Unter der Generaldirektion dieses hochverdienten Priesters, Schriftstellers und Politikers setzte die zweite Blütezeit der Unternehmungen ein.

Puchas modernisierte die technischen Einrichtungen und erweiterte das räumliche Tätigkeitsgebiet des Hauses durch den Ankauf neuer Unternehmungen in Steiermark, Kärnten, Salzburg, Wien und Deutschland. Den schweren Zeiten im und nach dem ersten Weltkrieg wußte er ebenso erfolgreich zu begegnen, wie verschie- , denen Bemühungen, den Preßverein und sein nun schon beträchtliches Wirtschaftspotential einer gewissen Parteigründung einzugliedern.

Schon im Jahre 1870 hatte Karion einen Verlag gegründet, der später den Namen „Styria“ annahm und bald das monumentale

Geschichtswerk des in Graz wirkenden Historikers Dr. Johann Baptist Weiß herausbrachte. Der Einfluß, den die 23 Bände auf das Geschichtsbild dreier Generationen ausübten, ist nur selten von einem ähnlichen Unternehmen übertroffen worden. Unter Dr. Puchas brachte der Verlag eine zweite, rühmenswerte Tat, eine „Volksbücherei“ heraus, die zum Schluß über 300 Bände zählte und nicht nur den Familien, sondern auch Vereins- und Pfarrbibliotheken einen gediegenen Grundstock einwandfreier Literatur zu wirklich mäßigen Bedingungen zu bieten vermochte. Mit der Herausgabe der „Summa Theologica“ des hl. Thomas von Aquin in lateinischer und deutscher Sprache wurde später ein anderer bedeutsamer Höhepunkt verlegerischer Tätigkeit erreicht. ,

Heute steht der Verlag unter der Leitung Willy Schreckenbergs und hat wie vor dem Krieg, unterstützt durch eine vor wenigen Jahren in Köln am Rhein gegründete Niederlassung, auch in der westdeutschen Bundesrepublik wieder eine geachtete Stellung gewonnen.

Inzwischen haben sich gerade im Verlagswesen große innere Wandlungen vollzogen. Weite Absatzgebiete sind dem deutschen Buch verlorengegangen. Die Zahl der Verlagshäuser, auch der katholischen, ist gestiegen und noch immer erfolgen Neugründungen. Die Verlagsproduktion hat besorgniserregende Ziffern erreicht. Auf der letzten Frankfurter Buchmesse wurden allein 9000 Novitäten ausgestellt! Die katholischen Autoren finden bereitwillige Aufnahme bei „neutralen“ Verlagen. Und so sieht sich der katholische Verleger in einem immer heftigeren Konkurrenzkampf verwirklicht, der ihn langsam an der Aufgabe zweifeln läßt, die ihm einst so klar und fraglos gestellt war.

Das Herzensanliegen des Katholischen Preß-vercines in der Diözese Seckau galt der Gründung einer Tageszeitung und die Beschaffung der finanziellen Mittel, um ihr ständiges und beträchtliches Defizit zu decken. Eine Feststellung,, die fast ausnahmslos auch für die Schwesterunternehmungen in den übrigen Diözesen Oesterreichs gilt. An die Stelle der „Weltanschauungspresse“ sind 'heute Parteizeitungen getreten, von denen man zumindest bis jetzt behaupten darf, daß sie den besonderen religiösen Auftrag ihrer Vorgängerinnen nicht außer acht lassen. Wenn überhaupt einmal daran gedacht werden muß, eine katholische Tageszeitung — die Bezeichnung ist für viele höchst problematisch — ins Leben zu rufen, so kann diese nur als Zentralorgan für alle österreichischen Diözesen gegründet werden.

Unter dem Generaldirektor Prof. Dr. Anton Michelitsch war im Zeitungsverlag der „Styria“ ein Blatt, das einem nur in Oesterreich bekannten Typus zugehört, gegründet worden: die „Kleine Zeitung“. Die nationalsozialistischen Machthaber bauten sie, die bis dahin nur Nachfichten und eine oft recht billige Unterhaltung vermittelt hatte, in wirklich beispielgebender Weise zu einem außerordentlich wirksamen Instrument der Meinungsbildung in ihrem Sinne aus. Die Russen verboten dem Blatt das weitere Erscheinen. Die Engländer konnten sich lange nicht entschließen, es wieder zu erlauben. Dann erhoben sich Widerstände in jenen Kreisen, die Nutznießer des bisherigen Zustandes gewesen waren. So vergingen mehr als drei Jahre, bis die /.Kleine Zeitung“ als „unabhängiges“ Tagblatt wieder erscheinen konnte. Heute steht seine Auflage in ziemlichem Abstand an der Spitze aller der Zeitungen, die außerhalb der Bundeshauptstadt erscheinen. Sie übersteigt an Sonntagen den Hunderttausender.

Die „Kleine Zeitung“ isf unabhängig von jeder Partei, sie gehört keiner Bank oder Wirtschaftsgruppe, sie wird auch von niemandem „gefördert“. Sie weiß sich nur den Normen des göttlichen und menschlichen Sittengesetzes unterworfen.

Sie weiß sich aber auch verpflichtet, diese zu verkünden und zu verteidigen. Alle die geistigen und wirtschaftlichen Möglichkeiten, die einem Tagblatt von sö weiter Verbreitung gegeben sind, auszuschöpfen, zum inneren und äußeren

Nutzen seiner Leser und des Hauses, dem es gehört, ist das ernste und hingebungsvolle Bemühen des Zeitungsverlagsleiters Dr. Hanns S a ß-m a n n und des Chefredakteurs Dr. Otto Schönherr.

In drei Jahren vollenden die, Anstalten des Katholischen Preßvereines, auf ihrem Weg und in ihrem Wirken sichtlich von Gott gesegnet, das neunte Jahrzehnt ihres Bestandes. Das rühmliche und nicht genug dankenswerte Beispiel ihrer Vorgänger verpflichten jene, die heute für sie Verantwortung tragen, die Unternehmungen nach bestem Wissen zu führen und immer mehr auszubauen, damit auch durch sie wie in der Vergangenheit das Reich Gottes in unserer stei-rischen Heimat wachse für alle Zukunft.

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