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Hans Schmitz zum Gedenken

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Am Abend des 20. März verließ Universitätsprofessor Dr. Hans Schmitz für immer diese Welt. Österreich, die österreichische Wissenschaft und vor allem auch das Haus „Herold“ erleiden durch diesen Tod einen großen Verlust.

Univ.-Prof. Dr. Hans Schmitz war der jüngere Bruder von Richard Schmitz, der, wie alle Welt weiß, als Sozialminister Unterrichtsminister, Bürgermeister der Stadt Wien und Vizekanzler und vor allen Dingen auch als Vertrauter von Bundeskanzler Seipel eine eminent politische Rolle im Leben der Ersten Republik Österreichs spielte. Hans Schmitz war um elf Jahre jünger als sein Bruder Richard. Die Familie Schmitz, die ursprünglich vom Niederrhein stammte, war in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in das mährische Städtchen Muglitz eingewandert.

Hans Schmitz ka-, - am 25. Februar 1897 in Favoriten in Wien zur Welt. Die Eltern von Richard und Hans Schmitz hatten eine große Kinderschar, im ganzen 14, wovon allerdings nur sieben am Leben blieben. Sparsamkeit, Fleiß und Genügsamkeit waren deshalb selbstverständlich in der Familie Schmitz. Aber auch eine tief christliche Gesinnung erbten die Kinder, die aus diesem Haus kamen. Dazu kam, daß sie im Arbeiterbezirk Favoriten aufwuchsen und das Elend so vieler Menschen mitansehen mußten. Die Ideen eines Vogelsang, eines Lueger fanden deshalb einen sehr tiefen Widerhall in den Herzen der Familie Schmitz. Als der erste Weltkrieg ausbrach, war Hans Schmitz Sextaner. Sein Bruder Richard, zunächst Redakteur bei der „Reichspost“ und dann bei den „Tiroler Nachrichten“ — seine Leitartikel in dieser Zeitung erregten das Interesse der Politiker in Wien — hatte 1911 diese Stellungen aufgegeben und war Direktor des neugegründeten Volksbundes der Katholiken Österreichs geworden. Noch vor Beginn des Krieges rückte Richard Schmitz als Einjährig-Freiwilliger zu seiner Truppe ein, und der Sextaner Hans Schmitz bettelte bei seinem Vater solange, bis er ihm die Bewilligung gab, 1915 ebenfalls den Waffenrock anzuziehen. Zurückgekehrt aus dem Feld, studierte Hans Schmitz Rechtswissenschaft und beendigte sein Studium mit dem Doktorat.

Johann Staud, dieser große Arbeiterführer, berief ihn in die Arbeiterkammer. 1936 wurde Hans Schmitz über Vorschlag des damaligen Sozialministers Dobretsberger Generalsekretär der Angestelltenversicherung. Zwei Jahre nach seiner Berufung“ auf diesen hohen, verantwortlichen Posten kam das Dritte Reich und Hans Schmitz verlor sofort seine Stellung. Zwei Jahre mußte er sich mühsam fortbringen, bis er 1940 zum Militär einberufen wurde, um bis zum Ende des zweiten Weltkrieges den Rock einer fremden Wehrmacht tragen zu müssen. Aber in all diesen Jahren glaubte Hans Schmitz unerschütterlich an die Auferstehung Österreichs und 1945 wurde sein Glaube bestätigt. Österreich war wieder frei. Hans Schmitz kehrte an seinen alten Posten in der Angestelltenversicherung zurück und wurde schließlich auf Wunsch des damaligen Staatssekretärs für soziale Vervoaltung, Johann Böhm, Direktor dieser Anstalt. Die Arbeit war sehr schwer, denn die Anstalt war vom Dritten Reich. aufgelöst worden, die Aktenbestände nach Berlin gebracht, das Personal in alle Winde verstreut. Ein Minimum an Geldmitteln stand ihm zur Verfügung. Aber Hans Schmitz gelang die Leistung, die Angestelltenversicherung wieder zu einem großen Instrument der sozialen Sicherheit Österreichs zu machen. Neben seiner Arbeit in dieser Anstalt vergaß er nicht die Wissenschaft und konnte sich sogar an der Wiener Universität habilitieren. Als er 1963 die Leitung der Pensionsversicherungsanstalt seinem Mitarbeiter Albert Nowak übergab, hatte er bereits den Titel eines ordentlichen Professors an der Wiener Universität erworben. Es war die Krönung seines Lebens, als er nun, von der Last administrativer Verpflichtungen befreit, seine ganze Kraft der wissenschaftlichen Arbeit zuwenden konnte und an der Wiener Universität Arbeit- und Sozialrecht lehrte. 1968 ließ er sich emeritieren. Aber weiterhin arbeitete er ohne Rast auf dem Gebiet der Wissenschaft und ebenso galt seine Sorge immer dem

Haus „Herold“, dem er als Obmannstellvertreter des Vereines Herold mit Rat und Tat zur Seite stand. Im August 1969 mußte er sich einer schweren Operation unterziehen. Alle Welt hoffte, daß er nicht ein Opfer jener schweren Krankheit werden möge, die wie ein Würgeengel um die Erde geht. Die Operation schien zunächst gelungen, aber Hans Schmitz magerte weiterhin ab und mußte sich vor einigen Wochen neuerlich in Spitalspflege begeben. Bald wurde es seinen Angehörigen und Freunden, aber auch ihm klar, daß eine Rettung nicht mehr möglich sei. Völlig ergeben ließ sich der Christ Hans Schmitz die Sterbesakramente reichen, um seine Seele seinem Schöpfer zurückgeben zu können.

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