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Hochschulpolitik in Bewegung (II)

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Wenn man Kritik der Regierenden, Kontrolle der Regierenden, Entwicklung von Alternativen zur Regierung als die wesentlichen Aulgaben demokratischer Opposition bezeichnet, muß man den traditionellen oppositionellen Gruppen in dre Hochschulpolitik — im wesentlichen die Fraktion des Ringes Freiheitlicher Studenten und der Verband Sozialistischer Studenten — zumindest was die Vergangenheit betrifft, diese Funktion zum Großteil absprechen — die Kritik am Wahlblock blieb an Äußerlichkeiten hängen, Kontrolle fand kaum statt, Alternativen wurden nicht enttwik-kelt. Die Lethargie des regierenden Wahlblocks wirkte ansteckend auf die opponierenden Fraktionen.

Die erste echte Alternative zur Politik des Wahiblocks war die 1965 in Graz gegründete „Aktion“. Nach den gescheiterten Versuchen, eine Grazer FÖST-Sektion zu bilden, nach der kurzsichtigen Ausschaltung der nidhtkorporierten Studenten durch die damalige Grazer Wahlblockführung (der Gründer der „Aktion“. Gerfried Sperl, kam aus den Reihen der Katholischen Hochschuljugend) kam es zur Abspaltung der „Aktion“ und damit zu einer ersten unabhängigen Formierung, die dieselben Studenten ansprach wie der Wahlblock. Wie sehr sich die Wahlbiockpolitik bereits von den studentischen Realitäten entfernt hatte, wie stark das Bedürfnis nach „frischem Wind“ und nach „neuen Ideen“ war, zeigte der Erfolg der „Aktion“ bei den letzten Hochschull-wahlen, wo sie auf Anhieb rund 20 Prozent der abgegebenen Stimmen erreichte, wovon mehr als die Hälfte auf das Konto des Wahiblocks, der Rest zu Lasten des RFS und des VSStö gingen. Der Wahlblock sieht hier zurechit seinen potentiell gefährlichsten Gegner — vor allem,, falls es der Aktion gelingen sollte, sich doch in allen Hochschulstädten zu etablieren (zuletzt wurde es in Innsbruck versucht).

Was will die „Aktion“?

Der Cartellverband wirft ihr vor, sie lebe nur vom Ressentiment der nichtkorporierten gegen die korpo-rderten Studenten. Die Ablehnung des Traditionsverfoandswesens, die Allergie gegen „Kappl, Bier und Kommers“, gegen die „aufgewärmte Alt-Heddelberg-Romantik“ ist, wie die erst kürzlich aufgestellte Forderung nach einer zeitgemäßeren Vertretung der Studenten bei akademischen Feierlichkeiten unter dem Titel „Chargierte raus!“ bewies, nach

wie vor heftig. Obwohl sich die „Aktion“ auf keine Ideologie beruft, obwohl sie überhaupt weltanschauliche Programme ablehnt, wurde sie bald mit der Etikette „ffimkskatho-lisch“ oder zumindest „linker als die

neukreierte progressive Mitte“ versehen und geriet in manchen Kreisen (wo dieser Schluß offenbar zwingend ist) in den Verdacht, „von Sozialisten unterwandert“ zu sein. Die führenden Mitglieder rekrutieren sich zwar aus katholischen Organisationen, dennoch ist von Kaitholizismius in ihren Publikationen kaum die Rede. Worauf es ihnen ankommst, ist das Handeln, die „Aktion“. Die Ziele dieses Handelns werden nicht expii ziert. „Aktion kommt von agieren. Auch Sie können zur Aktion kommen — auf das Risiko hin, dort Ihre eigene Meinung vertreten zu müssen. Ideologische Reihenhäuser, schlüsselfertig und von Parteien feirnge-heizt, finden Sie dort freilich nicht. Aber die geastige Konfrontation, die Sie suchen, und den Willen, zu ändern. Und aus der Erkenntnis der gleichgerichteten Unzufriedenheit; unter den Studenten wird die Aktion zum Ort des Handelns, so wird die Unzufriedenheit produktiv ...“, heißt es in der Zeitschrift der Aktion.

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