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Höhere Produktivität sichert die Vollbeschäftigung

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Seit dem Bestand der Zweiten österreichischen Republik also seit 1945 verbraucht die österreichische Bevölkerung mehr, als die österreichische Wirtschaft erzeugt, ein Zustand, der nur dadurch möglich war und heute noch ist weil uns dei Mehrverbrauch vom Ausland geschenkt wurde: in der ersten Zeit durch die UNRRA-Hilfe und jetzt durch den Marshall-Plan. Wir alle wissen aber, daß die Zuwendungen nach dem Marshali-Plan mit Juni 1952, also in einem Jahr, zu Ende geben Bis dahin soll und muß die österreichische Wirtschaft auf eigenen Füßen stehen, bis dahin muß das große Loch in der Zahlungsbilanz gestopft sein. Wir müssen mehr erzeugen als bisher und wir müssen mehr exportieren als in den letzten Jahren. Die Probleme, die dabei bewältigt werden müssen, sind um so größer, als ja Österreich leider in vielen wichtigen Rohstoffen, vor allem in Kohle, von den Weltmärkten abhängig ist und gerade jetzt die Auswirkungen der Koreakrise besonders stark zu verspüren bekommt. Dabei ist noch zu bedenken, daß bei einer Konsolidierung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in der gioßen Welt das Exportgeschäft immer schwieriger und die Konkurrenz auf allen Märkten wieder größer werden wird. Wir dürfen uns daher gar nicht einbilden, daß man uns in Frankreich und England, in Deutschland Ungarn, Jugoslawien oder den lateinamerikanischen Staaten unsere Erzeugnisse deswegen abkaufen wird, weil die Donau so blau ist, weil es in Wien einen Heurigen in Salzburg Festspiele und am Arlberg einen führigen Schnee gibt Man wird österreichische Waren nur dann kaufen, wenn mar. sie im Ausland braucht, wenn sie qualitätsmäßig gut und preismäßig billig sind, Damit aber sind wir beim entscheidenden Problem angelangt.

Veralteter Maschinenpark

Österreich produziert heute zu teuer. Die Ursachen dafür sind mannigfache: der Krieg bat in unserer Wirtschaft arge Verheerungen angerichtet, die auch heute noch nicht völlig behoben sind.

Unser Maschinenpark ist zu einem Großteil veraltet, zu 6einer Erneuerung fehlen vielfach die Mittel, teilweise aber sind neue Maschinen heute noch gar nicht oder nur zu sehr langen Lieferfristen zu haben. Mit unmodernen Maschinen kann man aber nicht rasch und billig produzieren. Wenn in einem österreichischen Stahlwerk eine fünfzig Jahre alte Walzstrecke, die schon zum alten Eisen geworfen war, infolge Demontage der neuen, wieder In Betrieb genommen werden mußte, wenn in einer österreichischen Spinnerei Maschinen aus den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts stehen, so hat dies zur Folge, daß unser Stahl und unsere Garne teurer sind als die Erzeugnisse des Auslandes, das mit den modernsten Maschinen arbeitet. Aber das Übel geht noch weiter: denn diese hohen Produktionskosten bei Stahl und Garnen belasten auch alle anderen österreichischen Werke, die Stahl und Garne zu Haibund Ganzfabrikaten verarbeiten, die dann ebenfalls und zwangsläufig teurer sein müssen als die Erzeugnisse der Konkurrenz.

Investitionsbegünstigungen

Dank der großzügigen Hilfe der Vereinigten Staaten ist es uns gelungen, seit 1945 zahlreiche wichtiqe Betriebe mit neuen Maschinen auszustatten Dieser Prozeß muß auch in Zukunft mit allen Mitteln gefördert werden. Darum fordert die Wirtschaft immer wieder Investitionsbegünstigungen und das Schillingeröffnungsbilanzgesetz, das dafür die rechnerischen Grundlagen schaffen muß. Aber auch wenn alle Kräfte aufgeboten werden, wird es noch Jahrzehnte dauern, bis die technische Ausrüstung unserer Wirtschaft den modernen Anforderungen entspricht. Wenn ausländische; Kritiker dann und wann das tangsame Tempo dieser Aktion bemängeln, dann muß darauf hingewiesen werden, daß wir 1945 vor dem Nichts standen und es aller Kräfte bedurfte, den Produktionsprozeß auch nur einigermaßen wieder in Gang zu bringen. Es liegt nicht am mangelnden guten Willen der österreichischen Unternehmer, sondern an der Vielfalt der Probleme, die gleichzeitig zu lösen sind und in ihren Auswirkungen“ nur zu oft die wirtschaftlichen Kräfte des einzelnen Betriebes und der gesamten österreichischen Wirtschaft übersteigen.

Zweckmäßige Gestaltung des Arbeitsplatzes

Zur Steigerung der Produktivität unserer Wirtschaft müssen daher neben der Beschaffung moderner Maschinen auch noch andere Wege gegangen werden. Der Arbeitsprozeß muß rationeller werden durch zweckmäßige Gestaltung des Arbeitsplatzes, durch ein wohldurchdachtes Zubringersystem, das Warlezeiten vermeidet, durch eine zweckmäßige Betriebsorganisation, durch Ausschaltung jeden Leerlaufes, durch eine planmäßige Zusammenarbeit aller Abteilungen, sowie durch eine stete Anpassung an die sich jeweils oft sehr rasch ändernden äußeren Produktionsbedingungen Der Unternehmer darf sich heute nicht mehr in seinem eigenen Betrieb abschließen und ein betriebliches Eigenleben führen, bei dem alles, was im Betrieb geschieht, als strenges Geschäftsgeheimnis behandelt wird. Dadurch wird die Gefahr einer „Betriebsblindheit“ heraufbeschworen: derjenige, der Tag für Tag und Jahr für Jahr immer die gleichen Verhältnisse vor Augen hat, verliert mit der Zeit den Blick für betriebliche Schwächen, für Mängel und Unterlassungen den Sinn für oft sehr leicht durchführbare Verbesserungen, die nur den einen Fehler haben, einer alten Tradition zu widersprechen.

Erfahrungsaustausch

In der amerikanischen Wirtschaftspraxis zeigt sich immer wieder daß ein reger Erfahrungsaustausch immer neuen Anstoß zu gesteigerter Produktivität bildet, Mißerfolge im Betrieb aber fast immer auf Verletzung oder Nichtbeachtung irgendwelcher Gesetze der Betriebsorganisation zurückzuführen 6ind. Es kommt dabei bei der B-

triebsfTihnmg nicht darauf an, alles selbst zu tun: darunter leidet die Konzentration, es fehlt durch die Beschäftigung mit dem Nebensächlichen die Zeit für die eigentliche schöpferische Arbeit. Die richtige Betriebsorganisatfon setzt klare Kompe-tenzen, Aufgaben Funktionen und Verantwortlichkeiten voraus, Betriebsziel und Betriebspolitik sind aber keine feststehenden Größen, sondern immer abhängig von der allgemeinen Wirtschaft6-entwicklung. Sie müssen daher immer wieder mit den Umweltbedingxingen in Einklang gebracht v.-orden.

Änderungen im Arbeitsgang

Aus der inneren Abschließung der Betriebe resultiert, auch die geringe Beachtung, die. man bei uns bisher in der Produktion, z. B. den Fragen der inneren Transporte sowie der Werkstatt- und Arbeitsplatzgestaltung, schenkt. Gerade aber in der bei uns üblichen Kleinserien- und Einzelfertigung kommt diesen Faktoren oft entscheidende Bedeutung zu. Es ist erstaunlich, welche Verbesserungen durch Änderungen im Arbeitsgang .und in der Arbeitsemteilung, durch eine zweckmäßigere Gestaltung der Arbeitsplätze und dos Zubringersystems erzielt werden können. Es gibt keinen Betrieb, wo solche Verbesserungen nicht möglich wärep. Jeder Betriebsangehörige, vom Werksdirektor bis zum Hilfsarbeiter, muß es sich aber freilich zur Aufgabe machen, in seinem Wirkungskreis nach solchen Verbesserungsmöglichkeiten Ausschau zu halten.

Betriebliches Rechnungswesen

Schließlich und endlich muß aber auch darauf hingewiesen werden, daß das betriebliche Rechnungswesen nicht Selbstzweck ist, sondern in ereter Linie ein Hilfsmittel für die Betriehsführung darstellt. Gerade auf diesem Gebiete der Betriebskontrolle hat die moderne Wissenschaft eine Reihe von Systemen entwickelt, die volle Beachtung verdienen,

Zweckmäßige Organisation

Wenn vom Rationalisieren die Rede ist, denkt man gewöhnlich immer nur an neue große Maschinen. Ebenso wichtig ist aber auch die zweckmäßigste Form der Betriebsorganisation. Hier lassen sich oft bei allergeringstem Spesenaufwand die allergrößten Einsparungen erzielen. Darauf aber kommt es heute mehr denn je an. Gesteigerte Produktivität bedeutet ja nicht nur erhöhte Produktion und größeren Export, sondern bedeutet auch gleichzeitig Sicherung der Vollbeschäftigung und höheren Lebensstandard, bedeutet gleichzeitig erhöhtes Volkseinkommen, ausgeglichene Zahlungsbilanz, Wohlstand und inneren Frieden.

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