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„Ich hätte alle Sezessionisten ausnahmslos erschießen lassen“

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Ein Jahr nach der Zerstörung der Babri-Moschee in Ayodhya durch radikale Hindus, elf Monate nach dem Blutbad zwischen Hindus und Moslems in Bombay herrscht Ruhe auf dem Subkontinent. Militanten Hindus - wie Bal Thackeray, Chef der Shiv Sena-Partei - schwebt noch immer ein Hindu- Reich in Indien vor.

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Ein Jahr nach der Zerstörung der Babri-Moschee in Ayodhya durch radikale Hindus, elf Monate nach dem Blutbad zwischen Hindus und Moslems in Bombay herrscht Ruhe auf dem Subkontinent. Militanten Hindus - wie Bal Thackeray, Chef der Shiv Sena-Partei - schwebt noch immer ein Hindu- Reich in Indien vor.

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DIEFURCHE: Als es im Järmer vergangenen Jahres in Bombay zu blutigen Unruhen zwischen Hindus und Moslems kam, lehnten viele Hindus das Ausmaß der Gewalt ab. Gleichzeitig argumentierten sie, daß es richtig war, den Moslems „eine Lektion zu erteilen“. Welcher Art war die Lektion? Haben die Moslems sie verstanden?

BAL THACKERAY: Jedes Land würde Anti-Nationalisten eine Lektion erteilen. Die Moslems verstehen die Bedeutung von Nationalismus nicht. Sie erkennen Indien nicht als ihre Nation an. Ich gebe nicht allen Moslems die Schuld. Viele sind stolz darauf, indische Staatsbürger zu sein. Aber insgesamt sind sie pro-pakistanisch. Wenn Pakistan ein Cricket- Spiel gewinnt, ob gegen Indien oder die West-Indies, feiern die Moslems hier in Indien das mit Knallkörpern und Feuerwerken.

Nach ihrem Verhalten zu schließen, haben die Moslems seit vergangenem Jänner nichts dazugelernt. Sie standen hinter den Bombenexplosionen im letzten März in Bombay, sie gewähren weiter Extremisten aus Pakistan Unterschlupf. Sie stehen seit jeher unter dem Einfluß irgendwelcher Mullahs und Maulvis, zweit- und drittrangiger religiöser Führer.

DIEFURCHE: Was erwarten Sie von den Moslems?

THACKERAY: Wir Hindus erwarten, daß sie hier leben wie unsere Brüder, wie Bürger dieses Landes. Indem sie sich Moslems nennen, dürfen sie sich nicht isolieren. Und wenn sie pro-pakistanisch sind, werde ich diesen Unsinn nicht dulden.

DIEFURCHE: Welche Maßnahmen würden Sie Vorschlägen^

THACKERAY: Derzeit kann ich keine Maßnahmen ergreifen, da ich keine Regierung habe.

DIEFURCHE: Und wenn Sie an die Macht kämen?

THACKERAY: Warum sind alle Ausländer für Pakistan, für die Moslems? Als ob Hindus keine Gefühle hätten, keinen Respekt verdienten. Niemand hat Pakistan kritisiert, wenn dort Hindus verfolgt oder

Tempel zerstört wurden. Aber uns Hindus hier in Indien attackiert man immer sofort. Die internationale Presse stellt mich immer als Hitler dar.

DIEFURCHE: Wie erklären Sie das?

THACKERAY: Ich weiß, daß das Recht auf unserer Seite ist. Ich weiß, daß ich, mein Charakter, mein Land und meine Hindus immer verzerrt und ungerecht dargestellt werden. Doch Sie sollten stolz sein, mit mir zu reden. Hier ist ein Mann, der die Wahrheit und nichts als die Wahrheit spricht.

Die gesamte moslemische Welt steht heute gegen uns. Wir Hindus aber haben nur zwei Länder, Indien und das winzige Nepal. Sonst gibt es auf der ganzen Welt kein Fleckchen, das den Hindus gehört. Könnt Ihr das nicht in Betracht ziehen und Gerechtigkeit walten lassen?

Wir wollen Pakistan, dieses unser altes Land, nicht zurückerobern. Aber wir können nicht dulden, daß der pakistanische Geheimdienst ISI seine Fühler über ganz Indien erstreckt, daß er Bombenexplosionen, Morde und Unruhen verursacht.

Aber meine törichte Regierung läßt hilflos alle Extremisten gewähren.

DIEFURCHE: Welche Schritte hätten Sie in der Krise um die Hazratbal- Moschee in Kaschmir vorgeschlagen (wo von Pakistan unterstützte moslemische Sezessionisten ein Waffenlager anlegten und sich von Oktober bis November verschanzten)?

THACKERAY: Wäre ich Premier gewesen, ich hätte alle Sezessionisten erschießen lassen. Alle, ohne Ausnahme. Dies ist eine Nation. Jeder Angriff auf ihre Integrität muß abgewehrt werden.

Als sich der Verdacht über ein geplantes Attentat auf Ex-US-Präsident Bush verstärkte, griff Bill Clinton den Irak an. Er wollte Bagdad eine Lektion erteilen: Dies ist Amerika und für jeden geplanten Angriff werden wir Rache üben. Warum handelte unsere Premier Rao nicht wie Clinton?

DIEFURCHE: Warum nicht? THACKERAY: Weil es der Kongreßpartei immer um Wählerstimmen gegangen ist, und da besonders um die der Moslems. Um die zu bekommen, haben sie den Moslems gegenüber immer Konzessionen gemacht, sie haben ihnen ihren eigenen Zivilkodex gewährt, obwohl die Verfassung einen einheitlichen Zivilkodex für alle Inder, unabhängig von ihrer Religion, vorsieht. Und sie haben die Moslems in Kaschmir (Furche 51/52/1993) ihr Unwesen treiben

lassen. Alles andere kümmert die Regierung wenig. Delhi hat nie einen Finger gerührt, um das Bildungsniveau der Moslems zu erhöhen oder etwas für ihr wirtschaftliches und soziales Wohl zu tun. Mir tun ja die Moslems leid. Man braucht sich nur hier in Bombay umzusehen, unter welch miserablen Bedingungen sie leben.

Aber es geht nicht an, daß - wie zuletzt in Kaschmir - ein paar Dutzend militante Sezessionisten meine Regierung herausfordern. Ich möchte, daß mein Land als starke, militante Nation dasteht.

DIEFURCHE: Sie beendeten kürzlich ein Interview im indischen Fernsehen mit dem Aufruf an die Hindu-Jugend, militant zu sein. Schließt das Gewalt mit ein?

THACKERAY: Die Militanz muß ins Blut übergehen. Dafür arbeite ich. Zu lange haben wir Hindus uns alles gefallen lassen. Warum sollten wir Gewalt anwenden? Niemand möchte Gewalt. Aber jeder, der stark genug ist, wehrt sich, wenn er angegriffen wird. Die Provokation kommt von der anderen - der moslemischen — Seite. Ich werde nicht machtlos dasitzen. Ich werde zurückschlagen, je nach Stärke der Provokation. Es ist mein Naturrecht, zurückzuschlagen, um mein Leben zu verteidigen. Es ist ein universelles Gesetz. Ich weiß nicht, wer es gemacht hat.

Mit Bal Thackeray,

dem Chef der radikalen Shiv Sena-Partei, die lange nur in Bombay und in Maharashtra aktiv war, nun aber auch im Norden Indiens sich eine Basis aufbauen will, sprach Brigitte Voykowitsch.

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