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Ich hatt' einen Kameraden: Hanns Sassmann — hic et nunc!

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Gedanken eines FüRCHE-Her-ausgebers zum Tode seines Weggefährten, des langjährigen Styria-Generaldirektors Hanns Sassmann.

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Gedanken eines FüRCHE-Her-ausgebers zum Tode seines Weggefährten, des langjährigen Styria-Generaldirektors Hanns Sassmann.

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Ich hatt' einen Kameraden”: Dieses alte Soldatenlied, das unserer Generation nur allzu vertraut geworden ist, ist mir in den Sinn gekommen, als ich plötzlich von der Todesnachricht überrascht worden bin. „Einen bessern fmd'st du nit!”

Als (unfreiwillige) Soldaten des Zweiten Weltkrieges hatten wir uns vor mehr als einem halben Jahrhundert getroffen, beide an der Ostfront - in Offiziers- beziehungsweise Offiziersanwärterchargen -, verwundet, Hanns schwer, auf einen Stock gestützt, ich leichter mit dem rechten Arm in der Schlinge. Mir ist noch aus dem Herbst 1944 eine Jugendführertagung der damals noch illegal arbeitenden katholischen Jugend der Erzdiözese auf dem legendären Schloß Wildegg bei Heiligenkreuz, -durch einen Besuch Kardinal Innit-zers ausgezeichnet - in Erinnerung. Hanns hatte sich, aus dem Wehrdienst entlassen, wieder der Diözesanleitung der „Pfarrjugend” zur Verfügung gestellt. Ich hatte als „Heimschläfer” in einem Wiener Lazarett viel Bewegungsfreiheit und konnte dann mit Hilfe der Freunde aus dem österreichischen Widerstand in einem Infektionslazarett die Zeit bis zur Befreiung durch die Bote Armee überbrücken.

Sicherlich hätten Hanns Sassmann auch unter anderen Umständen die für ihn zeitlebens so charakteristischen soldatischen Tugenden ausgezeichnet: eiserne Pflichterfüllung, kämpferischer Einsatz, kameradschaftliches Verhalten den Freunden und Fairneß den Gegnern gegenüber, immer aber unter den Öffiziersqualitäten einer nüchtern kalkulierenden Strategie. Die Landesverteidigung war ihm Herzenssache. Am liebsten hätte er seine „ecclesia militans” als „acies ordina-ta” in fest gefügter Schlachtordnung gesehen!

Dann sind wir uns immer wieder begegnet, sei es auf der je anderen oder öfters noch auf der gleichen Seite des Verhandlungstisches, stets aber unter vollem Einsatz. Zum Beispiel als wir die Aufgabe hatten, Fragen zu behandeln, die sich aus den Beziehungen der in Wien damals gegründeten und der jungen Österreichischen Volkspartei nahe stehenden Österreichischen Jugendbewegung mit der nun mehr offiziell organisierten Katholischen Jugend als Teil der wiedererstandenen Katholischen Aktion ergaben.

Bald trafen wir uns wieder in der neuen Jugendzeitung mit dem programmatischen Titel „Die Wende”, die von der uns beide imponierenden Persönlichkeit Erwin Hesse herausgegeben und von Jaromir Kaspar redigiert worden ist. Hanns hatte damit den ersten Schritt in sein publizistisches Lebenswerk getan, ich hatte mich den internationalen Entwicklungen gewidmet.

Karl Maria Stepan - eine der markantesten Persönlichkeiten Österreichs schon in der Zeit der „Vaterländischen Front” und als Landeshauptmann der Steiermark - ist dann auf seine beruflichen Fähigkeiten und seine Führungsqualitäten aufmerksam geworden. Stepan war damals der Generaldirektor der dem katholischen Preßverein der Steiermark zugehörigen „Styria” . Ähnlich war das Verhältnis des Wiener Preßvereins zum Verlag Herold, welcher schon im Dezember 1945 die von Friedrich Funder gegründete „Die Furche” als erste österreichische Wochenzeitung herausgebracht hatte. Die eindrucksvolle Persönlichkeit Funders ist auch für Hanns Sassmann zum erfolgreichen Vorbild geworden. Die Gründung des Friedrich Funder Fonds ist eine der letzten großen Leistungen Sassmanns gewesen, nicht zuletzt auch zum Wohl der furche.

Hanns Sassmann verdankte dem Weitblick Stepans dann seine gründliche Ausbildung, auch und gerade im Ausland. Sein schrittweiser Aufstieg bis zur unmittelbaren Nachfolge hat niemanden mehr überrascht. Beide wußten nicht nur, was sie wollten, sie haben auch immer wieder gewußt, wie sie das verwirklichen können, was sie für notwendig gehalten haben.

Mein stets lebendiges Interesse an Presse und Publizistik hatte in der Zwischenzeit zu meinen ersten Artikeln in der damals jungen furche geführt, dann auch in den Preßverein Herold. Nach der kommerziell bedingten Trennung von Verlag und Druckerei ist es uns - wieder einmal im engsten Schulterschluß, diesmal auch mit Gebhard Koberger, Abt von Klosterneuburg - gelungen, fast alle katholischen Verlage und Preßvereine zu einer Beteiligung an einer neuen Betriebsgesellschaft zu bewegen. Auch wenn sich dann nicht alles nach den damaligen Vorstellungen entwickelt hat, so wurde doch das Engagement des Verlagshauses „Styria” ein Erbe Hanns Sassmanns.

Des Wortes und der Feder mächtig und seiner klassischen Bildung stets bewußt, war Hanns Sassmann ein Mann mit Visionen, aber kein Träumer. Seine Erfolge stehen mit Recht in allen den zahlreichen und verdienten Würdigungen im Mittelpunkt, vor allem Weggefährte Felix Gamillscheg hat sie in der letzten furche im einzelnen dargestellt.

Was immer Sassmann zu tun für notwendig gehalten hatte, er tat es „hier und heute”. Das entschlossene „hic et nunc” hatte er auch als Titel des Bandes gewählt, mit welchem er noch im Jahre 1994 fünfzig seiner eindrucksvollsten Reden und persönlichsten Aufsätze verlegt hatte.

Seine daseinsfreudige Lebensweise war der großen Kirchenreforme-rin der Renaissance, Theresa von Avila, nachempfunden: „Wenn Fasten, dann Fasten, wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn!” - Ein Grund mehr für alle seine Freunde, seine Freundschaft stets als ganz besonders angenehm zu erleben.

Hanns ist in allem ein pater fami-lias gewesen, vor allem natürlich in seinem stattlichen Familienkreis, in welchem er bei seiner hilfreichen und liebenswürdigen Gattin und seinen Kindern, die ihm viel Freude bereitet haben, gerade auch in den Phasen seines nicht immer nur erfolgreichen Leben, wie auch in der Zeit seiner mannhaft getragenen Todeskrankheit.

Hanns Sassmann hat in seinem jeweiligen Hier und Jetzt stets verantwortungsbewußt und leistungsfreudig gehandelt, nun ist er der Fesseln von Raum und Zeit ledig. Ein geglücktes Leben!

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