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Im Dienst des Neuen

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„Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit.” Diese Worte über dem Portal der Wiener Secession könnten auch als Motto der Universal-Edition gelten. Die erste „heroische Periode” dieses großen, vor allem dem zeitgenössischen Schaffen zugewandten Verlages war nach dem ersten Weltkrieg, als die wichtigsten europäischen Komponisten von der U.-E. als Verlagsautoren gewonnen und betreut wurden. Zu den Wienern Schreker und Schönberg, Alban Berg, Krenek und Webern traten bald Bartök und Kodaiy, Malipiero und Casella, Janäcek und Szymanowski. So fanden sich die durch politische Grenzen getrennten Kinder der alten Doppelmonarchie — fast alle glühende Patrioten! — hier, im Hause am Karlsplatz, wieder friedlich zusammen.

In jenen auf allen Gebieten der Kunst so produktive goldenen zwanziger jahren fand auch Alfred Schlee zur Universal- Edition, die er heute gemeinsam mit dem Seniorchef Alfred A. Kalmus und Ernst Hartmann leitet. Damals kam er weder als Komponist noch als Geschäftsmann, sondern als Propagator einer von Rudolf von Laban erarbeiteten Tanzschrift zur U.-E. Früher schon war Schlee, der in diesen Tagen seinen 60. Geburtstag begeht, als Pianist ausgebildet worden und hatte Yvonne Georgi auf ihren Tanztourneen begleitet. Überdies interessierte er sich für alles Neue in der Kunst, speziell auf dem Gebiet der Musik, so daß er die von Emil Hertzka und seinem Adlatus Hans Heins- heimer initiierte Linie und Richtung des Verlages aus Neigung und echter Überzeugung fortsetzen konnte. Für ein solches, kompromißlos dem Neuen zugewandtes und auf internationale Zusammenarbeit angewiesenes Unternehmen waren die Jahre 1933 und 1938 besonders bös. Daß die U.-E. diese Periode ohne Einbuße an Rang und Ansehen „übertauchte”, ist ein Hauptverdienst Alfred Schlees, der aus seiner Gesinnung — damals wie heute —

kein Hehl machte und für die damaligen Machthaber in höchstem Grade suspekt und vorbelastet war.

Nach 1945 kam, wie für alle fortschrittlichen Unternehmen dieser Art, auch für die Wiener Universal-Edition ein neuer Frühling, trotz schwierigster materieller Verhältnisse. Es zeigte sich, daß einige Komponisten (im Unterschied zu den Schriftstellern) etwas in der Lade hatten. Diese Zeit fand Direktor Alfred Schlee voll Initiative, Tatkraft und neuer Ideen. So gelang es ihm, neue Autoren von internationalem Rang für seinen Verlag zu gewinnen, von denen nur Frank Martin, Petrassi, Blacher und Liebermann genannt seien. Die Reihe österreichischer Autoren der U.-E. wurde durch die folgenden Ko ponist .peit jßotirf von Einem, Theodor Berger,,. Hanns Jelinek, Karl Siske, Alfred1 Uhl, Paul Angi- rer und Friedrich Cerhä. Nach dem Grundsatz „Der Zeit ihre Kunst” tritt Alfred Schlee auch heute wieder für die europäische Avantgarde ein und verlegt die Werke von Boulez, Stockhausen, Pousseur und Berio, deren Anliegen und Kompositionsmethoden in den sorgfältig redigierten Publikationen der „reihe” (bisher etwa ein halbes Dutzend Hefte) dargelegt und kommentiert werden.

In seinem „Betrieb” im Musikvereins- gebäude gilt Direktor Schlee als angenehmer, freundlicher Chef. Die mit ihm verhandelnden schaffenden Künstler konnten stets den Eindruck gewinnen, es mit einem Menschen ihresgleichen zu tun zu haben, dem die gute Sache, die Musik und ihre Weiterentwicklung, zumindest ebensosehr am Herzen liegt wie das „Geschäft”, von dem ja schließlich auch die Autoren leben. Und Berlins erster Musikkritiker, H. H. Stuckenschmidt, sagte einmal: sosehr er Schlees gegenwärtige Tätigkeit schätze, sosehr bedauere er es, ihn nicht unter den schreibenden Kollegen zu wissen.

Franz Krieg

Dame” von Guillaume de Machaut. Die Gegenüberstellung je eines Hauptwerkes der „ars antiqua” und der „ars nova” wirkte nicht nur historisch interessant, sondern seltsam lebendig und anregend. Dachte man beim Credo der Messe nicht an das Credo aus der Messe von Strawinskij? Die Messe „Nostre Dame” wurde zu Allerheiligen in der Kirche Maria am Gestade zur Liturgie musiziert und im Rundfunk übertragen. Eine Neubearbeitung für allgemeinen kirchlichen Gebrauch wäre überaus wünschenswert, dürfte aber ihrer Schwierigkeiten wegen kaum durchführbar sein. Die Aufführung hatte hohes geistiges Niveau, dem das musikalische erfreulich nahe kam.

Ein junger Bariton aus Kanada, John B o y d e n, gab einen Liederabend, von Erik Werba am Klavier begleitet und ergänzt. Nach Gesängen von Johann Löhner, David G. Corner und Phil. Em. Bach gelang ihm in fünf Liedern von Schubert der Beweis seines Berufenseins. Schuberts Eigenart war gut erfaßt und im Ausdruck durchaus gelungen. Ähnliche Wirkung erreichte er mit drei Michelangelo-Gesän- gen von Hugo Wolf, während die zwölf Eichendorff-Lieder ihn nicht nur zahlenmäßig etwas überanstrengten. Leider sang er keine englischen Lieder. Doch wir hoffen ihn bald wieder im Konzertsaal zu begegnen.

Das Weiner-Quartett, erst vor einigen Jahren gegründet, aber bereits mit zwei internationalen Preisen ausgezeichnet und in vielen europäischen Städten konzer

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