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„Im Sinne des Fleckerlteppichs“

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FURCHE: Sie sind der Vorsitzende der Rektorenkonferenz.Wie stehen Sie und die übrigen Professoren zu der geplanten Teilung des Unterrichtsministeriums in ein Bundesministerium für Wissenschaft und Kultur und ein solches für Unterricht?

ZERBST: Die Rektorenkonferenz ist zum Kompetenzänderungsgesetz nicht angesprochen worden. Angeschrieben wurde nur die Universität Wien, sonst keine andere Universität oder Hochschule. Offenbar sind hier also schon bei der Versendung Unsicherheiten und Unklarheiten aufgetaucht. Die Universität Wien erhielt vier Tage Begutachtungsfrist, das bedeutete, daß ich tatsächlich nur mit einigen Herren in Verbindung treten konnte. Die Überlegungen hier im Hause waren folgende: Wenn das Forschungsministerium in der Lage ist, im Budget wesentliche Verbesserungen für Universität und Hochschulen zu erreichen, dann könnte man ein solches Ministerium durchaus verantworten.

FURCHE: Glauben Sie, daß damit auch die bestehenden Probleme der Hochschule gelöst werden können?

ZERBST: Gelöst werden sie dann, wenn wesentliche Budgetmittel für Lehre und Forschung zur Verfügung gestellt werden,die nicht nur in hundert Millionen, sondern in Milliarden gehen, und die natürlich bei der gesamten Budgetlage — das muß man ganz nüchtern sehen — nur in einer Verteilung auf einen längeren Zeitraum zu praktizieren sein werden.

FURCHE: Sie plädieren also für eine Umstrukturierung der finanziellen Mittel auf lange Frist? ZERBST: Um ein Beispiel anzuführen: Seit der 600-Jahr-Feder unserer Universität steht zur Frage, daß die Stadt Wien den Grund, auf dem das Allgemeine Krankenhaus steht, dem Bund zur Verfügung stellt, um dort die neue Großuniversität Wien entstehen zu lassen. Vorläufig ist die Grundübertragung noch nicht erfolgt, sie ist bisher immer daran gescheitert, daß die Gemeinde Wien gleichwertige Ersatzgründe haben wollte, die der Bund wieder nicht zur Verfügung hat; und so wurde die Frage hin und her geschoben.

FURCHE: Das sind Zukunftsprojekte. Wie soll aber wirklich heute, morgen an den Instituten und Fakultäten gearbeitet werden?

ZERBST: Ja — im Sinne des Fleckerlteppichs wird gearbeitet. Es erfolgen Anmietungen in der Nähe des Universitätsgebäudes, sofern sie nicht in der Adaptierung oder in den tatsächlichen Mietpreisen zu teuer sind, oder es wird jetzt das Semperit-Haus für die juristische Fakultät eingerichtet. In der Währingerstraße ist ein Hausmontagebau vorgesehen, es werden dort und da kleine Ventile geschaffen, die natürlich Verbesserungen darstellen, aber keine Lösung für die gesamte Universität bilden, nicht einmal für eine Fakultät.

FURCHE: Und der Fleckerlteppich soll weiterhin das Systemsymbol der Hochschulen bleiben? ZERBST: Wir haben ständig darauf gedrängt, daß eine Gesamtplanung für ganz Österreich vom Ministerium entwickelt werden muß — in Zusammenarbeit mit den Hochschulen. Das ist freilich bis jetzt immer noch ein Wunsch geblieben. Ohne daß eine solche Gesamtplanung also für Forschungsschwerpunkte, für Koordinierung von Forschungen nicht wirklich in die Tat umgesetzt wird, können wir kaum weiterkommen. Es geht ja nicht, daß ein so kleines Land gleichzeitig gleichartige Forschungsinstitute an verschiedenen Stellen wirklich effektiv ausstatten soll — dazu werden die Mittel in einem so kleinen Land, wie wir es sind, nie vollständig vorhanden sein.

FURCHE: Wo liegen dann die Funktionen der Rektorenkonferenz? Und des Rektors der Wiener Universität, dem die Führung zufällt?

ZERBST: Zufallen sollte. Sie fällt ihm tatsächlich nur insofern zu, als er in Gremien versuchen kann, zu den einzelnen Fragen Gutachten zu erstellen, aus allen Hochschulen Forschungsschwerpunkte zu erhalten, um sie zusammenzustellen und diese Vorhaben dann dem Ministerium zu übermitteln. Darum bin ich ja der Meinung, daß ein Ministerium ständig mit der Rektorenkonferenz, mit Hochschulen und Universitäten verhandeln muß, ein Vorgang, der natürlich seine Zeit braucht, der aber allein wirklich die Dinge wedtertreiben kann.

FURCHE: Die einzige Möglichkeit für eine Umstrukturierung der bestehenden Universitäten,für eine Effizienz des Bildungswesens sehen Sie also darin, daß Sie finanzielle Mittel freibekommen?

ZERBST: Leider ist es so, daß das Geld tatsächlich den wunden Punkt der ganzen Problematik darstellt. Man kann nicht wirklich für die Studenten etwas tun, wenn nicht zugleich eine Vermehrung der Lehrstühle erfolgt, wenn nicht zugleich das wissenschaftliche und nichtwissenschaft-liche Personal verstärkt, wenn nicht eine Raumerweiterung vorgenommen wird. Hier liegt der Angelpunkt. Und ich muß leider sagen, die Verwirklichung aller dieser Ideen und Vorstellungen hängt am Gelde.

FURCHE: Die bisherige finanzielle Aushungerung der Hochschulen ist also eine Realität, die somit auch durch eine Teilung des Unterrichtsministeriums nicht behoben wird?

ZERBST: Die Trennung der beiden Ministerien kann keine Besserung gewährleisten, wenn nicht Umschichtungen oder Erweiterungen im Budget vorgenommen werden. Das ist eine Frage an das gesamte Budget, das eine Regierung vorlegt, vorlegen kann und vorlegen muß. Auf dieses Budget müssen wir warten. Und müssen hoffen, daß hier nicht nur Verständnis gezeigt wird — das ist ja im Parlament langsam schon seit Jahren durchgedrungen —, daß tatsächlich etwas getan wird, daß wesentlich größere Mittel zur Verfügung gestellt werden.

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