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IM SPIEGEL DER PRESSE

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„Das erschütternde Ende der Amtszeit des letzten Operndirektors gebietet, offen auszusprechen, daß der Tod Dr. Hilberts zum überwiegenden Teil auf das Schuldkonto der systematischen, mit beispielloser Brutalität geführten Verhetzung der Öffentlichkeit gegen die Person Hilberts geht. Was sich — ob in fremdem Auftrag oder nicht, ist jetzt gleichgültig — einer der Opernkritiker und die fana- tisierten Kunstrowdies unter dem Anschein sachlicher Kritik an persönlicher Verunglimpfung, Beleidigung und Diffamierung Direktor Hilberts und des von ihm geleiteten Instituts seit Jahren geleistet haben, war nichts anderes als planmäßiger psychologischer Mord, der in seinen Mitteln vor dem offenen Terror so wenig zurückscheute wie vor der infomsten persönlichen Verletzung."

„Die sowjetische ,Literatürnaja Gazėla' gibt einen Ausspruch Mao Tse-tungs aus dem Jahr 1957 wieder, den dieser auf der Gipfelkonferenz der kommunistischen Parteien in Moskau tat.

Er schlug den Parteiführern vor, im nächsten Krieg ein Drittel bis zur Hälfte der Menschheit auszurotten, um den Sieg des Sozialismus zu ermöglichen. Wörtlich soll er gesagt haben: ,Kann man die Zahl dei Opfer im nächsten Krieg vorausberechnen? Möglicherweise ist dies ein Drittel von 2,7 Milliarden Menschen. Das sind also nur 900 Millionen Menschen... Ich stritt darüber mit Nehru. Er war pessimistischer als ich. (Nehru erwiderte nach sowjetischen Angaben, es würde die ganze Menschheit umkommen.) Ich entgeg- nete ihm: Ist die Hälfte der Menschheit vernichtet, so bleibt immer noch die andere Hälfte übrig. Dagegen ist dann der Imperialismus restlos vernichtet und nur der Sozialismus wird die Welt beherrschen. In einem halben oder ganzen Jahrhundert wird die Menschheit diesen Verlust wieder ausgeglichen haben.'

Die ,Literatürnaja Gazėta' berichtet, diese Worte Maos seien damals zum Teil als in der Hitze des Gefechtes so hingesagte Äußerungen verharmlost worden. Heute wisse man, daß Maos Politik exakt dieser Strategie entspreche. Dberall heize er Konflikte an.’

„Nichts anderes als Sachverstand und Vertrauen in die eigene Kraft dürften das neue Ministeriengesetz bestimmen. Dominiert der ängstliche Blick auf das Wahljahr 1970 oder abermals blinder Partikularismus, wird es mit der Volkspartei bergab gehen, weil dann nämlich schon die erste Bewährungsprobe bewiesen hätte, daß die Konzentration der Kräfte nicht gelang. Gewiß, die Sache erfordert Behutsamkeit und Überlegung, doch nicht zuletzt auch eiserne Konsequenz. Tag für Tag und Fall für Fall zumindest dieselbe Konsequenz, die das Kabinett Klaus-Wit- halm eben mit dem Lakog-,Beharrungsbeschluß' zeigte.

Gerechterweise muß man zugeben, daß es diese Regierung so schwer hat wie kaum eine andere zuvor. Angesichts sich auftürmender Schwierigkeiten hilft aber allein die Geschlossenheit von Regierung und Partei. Mit dem eigenen Mut zur Konsequenz ist auch das nötige Vertrauen und die Mitarbeit des Volkes zu erreichen. Man braucht von den Österreichern nicht zu gering zu denken, läßt man es nur selbst nicht an überzeugender Führung fehlen.’

Hans Thür

„Neulinge im Sitzungssaal des Parlaments erkennt man daran, daß sie Türen, die nach innen aufgehen, dort anfassen, wo zu diesem Zweck Griffe angebracht sind: Im Augenblick der Berührung zucken sie zusammen, denn sie erhalten einen elektrischen Schlag. Deshalb vermeiden es Abgeordnete, Parlamentsredakfeure und wer sonst noch (wie bei den bekannten Tierversuchen) durch die Stromstöße zum .Lernen' gezwungen wurde, die Türen an ihren metallenen Teilen zu berühren und drücken, sehr zum Unwillen der Raumpflege-

Glasflächen. Leider ist dies nicht bei allen Pforten in den Sitzungssaal möglich, weil einige von ihnen nur nach außen zu öffnen sind.

über die Ursache dafür, daß der Sitzungssaal elektrisch .geladen' ist (auch wenn keineswegs ein hochbrisantes Thema behandelt wird), gibt es bisher nur Vermutungen. Das soll nun anders werden. Diplomingenieur Zwierina, Fachmann für elektrisches Meßwesen an der Technischen Hochschule Wien, wurde beauftragt, die .gespannte Lage' zu untersuchen und ein Gutachten zu erstellen. Dann soll der Mangel endlich behoben werden. Zwischen Regierung und Opposition, meint man, gebe es auch so noch Spannung genug."

M. S.

„Die Entwicklung rollt mit Präzision und Rasanz. In der Bundesrepublik Deutschland arbeitet heute nur noch jeder dritte in dem Beruf, den er einst erlernt hat, weil es die Eltern so wollten, weil es Familientradition war, weil er eine besondere Berufung fühlte. Damals konnte man noch nicht wissen, welche Wunderwerke die Technik hervorzaubern würde.

Wie jene amerikanische Maschine, Modell 68 und Schrecken aller Werkzeugmacher, die zweihundert Bewegungen im Raum fertigbringt, Lasten bis 35 Kilogramm hebt und an einem anderen Ort festsetzt, einen Meter pro Sekunde zurücklegt und der man den Arbeitsvorgang nur ein einziges Mal erklären muß. Wird der Vorgang geändert, vergißt die Maschine, was sie früher gelernt hat, sie ist ohne Vorurteile, sie muckt nicht auf, sie streikt rvichl, sie rennt nicht zur Gewerkschaft. Willig tut sie, was man ihr anschafft. Und daß sie Dutzende hochqualifizierte Werkmeister aus dem Werk geekelt hat, ärgert sie nicht und stimmt sie nicht traurig: Maschinen weinen nicht, sondern haben dem Fortschritt zu dienen.’

,.Sfeh auf und g h!

„Vor einem sowjetischen uericnt zu stehen ist etwas anderes als arme Professoren auszubuhen oder redlich sich abrackernde Bürgermeister in Verlegenheit zu bringen. Der Moskauer Prozeß hat gezeigt, wie eng die Grenzen für eine sogenannte Liber ralisierung gezogen sind. Und dennoch sagte einer der Angeklagten, sieben Jahre Arbeitslager würden ihn nicht davon abhalten, immer wieder seine Wahrheit zu verkünden; denn die Freiheit sei das höchste Gut, welches er kenne, nächst dem eigenen Gewissen. Demnach sieht es so aus, als finde die notwendige Auseinandersetzung mit dem bösen Establishment dort auf einer höheren Stufe statt; vom moralischen Standpunkt nämlich, der allerdings bei uns oft nur müde belächelt wird."

„Streiflicht

„Der Weltbund der christlichen Gewerkschaften mit Sitz in Brüssel hat das Internationale Arbeitsamt ersucht, Südvietnam keine technische Hilfe mehr zu leisten. Der Weltbund verweist auf ,die von der Regierung von Saigon ausgeübte Unterdrückung gegenüber den Gewerkschaften'. In einem Communique werfen die christlichen Gewerkschaften der süd- vietnamischen Regierung vor, daß sie namentlich gegen den südvietna- mischen Gewerkschaftsbund hartnäckig vorgehe, der die repräsentative Gewerkschaft des Landes sei. Die Polizei von Saigon habe Gewerkschaftsführer, darunter Generaldirektor Vo Van Tai, verhaftet und infolge des Streikes der Arbeiter des Wasser- und Elektrizitätswerkes die Gebäude des Gewerkschaftsbundes angegriffen.

Auch der Christlichnafionale Gewerkschaftsbund der Schweiz hat mit großer Bestürzung Kenntnis genommen von der Unterdrückung der Gewerkschaftsfreiheit durch die süd- vietnamische Regierung: .Durch eine brutale Polizeiaktion ist der Sitz des vietnamesischen Gewerkschaftsbundes besetzt worden. Die verantwortlichen Führer dieser mehr als eine halbe Million Mitglieder umfassenden Organisation, die dem Internationalen Bund christlicher Gewerkschaften an- geschlossen ist, wurden verhaftet.

Diese schwerwiegende Verletzung der Gewerkschaftsfreiheit ist um so weniger verständlich, als die Con- fėderation vietnamienne du travail im Hinblick auf die schwierige Situation des Landes Immer eine sehr verantwortungsbewußte Politik verfolgt hat.'"

AFP und AO

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