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In caritate servire

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Theodor Innitzer wurde om 25. Dezember 1875 als Sohn einas Textilarbeiters in Weipert bei Neutitiehein in Nordböhmen geboren. Sein Großvater war nach den Befreiungskriegen aus dem obersfeirischen Weihenbach dörthin gezogen. Der junge Innitzer arbeitete nach seiner Schulentlassung zunächst ein Jahr als Fabrikarbeiter. Von seinem Dechanten unterstützt, konnte er dann das Gymnasium in Kaaden beziehen, an dem er 1898, schon 23 Jahre alt, die Matura ablegte.

Nach dem -Theologiestudium am Wiener Priesterseminar wurde Theodor Innitzer 1902 zum Priester geweiht. Er wirkte zunächst als Kooperator in Prefjbaum bei Wien sowie als Studienpräfekf am Prieslerseminar, wurde 1906 zum Doktor der Theologie promoviert und habilitierte sich zwei Jahre später an der Theologischen Fakultät der Wiener Universität als Dozent für neutesfamentliche Exegese. 1911 wurde Dr. Innitzer zum außerordentlichen, 1913 zum ordentlichen Professor ernannt. 1912 war er mafjgeblich an der Organisation des Eucharistischen Kongresses in Wien beteiligt. Als Nachfolger von Prälat Schindler übernahm er die Leitung der Oesterreichischen Leo-Gesellschaft.

Jede freie Zeit widmete der Universitätsprofessor Innitzer auch damals der Seelsorge und der Unterstützung hilfsbedürftiger Kirchen. Dreimal stand er als Dekan an der Spitze der Theologischen Fakultät, für das Studienjahr 1928/29 wurde er zum Rektor der Wiener Universität gewählt. Seif 1923 wirkte er ferner als Superjor der von Kardinal Piffl gegründeten Missionsgesellschaft „Königin der Apostel“, die besonders in Indien zum Einsatz kam. Das 1918 gegründete „Canisiuswerk zur Heranbildung katholischer Priester“ baute Innitzer zu einer in ganz Oesterreich verbreiteten wirkungsvollen Organisafion aus. 1929/30 gehörte er als Sozialminister der Regierung des Bundeskanzlers Schober an, der ein Kabinett der Persönlichkeiten und der Fachleute gebildet halte. Als Sozialminister gelang es Prälat Innitzer vor allem, verschiedene Maßnahmen zugunsten der Rentner durchzusetzen.

Nach dem Tode von Kardinal Piffl wurde Theodor Innitzer am 19. September 1932 zum Erzbischof von Wien ernannt, am 16. Oktober geweiht und am 30. Oktober feierlich inthronisiert. Im Geheimen Konsistorium vom 13. März 1933 wurde Erzbischof Innitzer zum Kardinal erhoben und vier Tage später mit dem Pallium bekleidet.

Kirchenpolitisch gesehen, umfaßten die 23 Jahre seiner Regierung die ungemein schwierige Zeit vom Zerfall der parlamentarischen Demokratie in Oesterreich über die Aera des „Christlichen Ständestaales“ und die Herrschaft ds Nationalsozialismus über den zweiten Weltkrieg hinweg bis zum Wiedererstehen eines unabhängigen Oesterreichs. An den Beginn dieses Zeilabschnittes fiel der große Katholikentag des Jahres 1933 zur Erinnerung an die 250. Wiederkehr der Befreiung Wiens aus der Türkennot. Die glanzvolle Veranstaltung stand bereits im Schatten der aufziehenden politischen Gegensätze. 1934 richtete der Kardinal die Katholische Aktion ein, an der er stets persönlich starken Anteil nahm. 1939 von den nationalsozialistischen Machthabern aufgelöst, wurde diese Bewegung 1945 neu gegründet und zur schlagkräftigen La'enorganisation der Kirche ausgebaut.

Innerkirchlich waren diese Jahre charakterisiert durch einen intensiven Aufbau und Ausbau des kirchlich-religiösen Lebens. Der Gedanke der lebendigen Pfarrgemeinde führte zur Gründung von 70 neuen Pfarren, das sind mehr als zehn Prozent aller Pfarren der Erzdiözese Wien überhaupt: Während der Regierung des Kardinals wurden somit mehr neue Pfarren gegründet als in den 150 Jahren vorher seit Kaiser Joseph II.

Eingedenk seines Wahlspruches „In caritate servire“ — „In Liebe dienen“, ließ sich Kardinal Innitzer besonders den Ausbau der Caritas angelegen sein. In einer Zeit der Diffamierung der Juden gehörte viel Mut dazu, im Erzbischöflichen Palais eine „Hilfsstelle für nichtarische Christen“ einzurichten.

Aus dem Neuaufbau des kirchlichen Lebens nach 1945, an dem der Kardinal stets lebhaftesten persönlichen Anteil nahm, sind zu nennen die Gründung der Wiener Katholischen Akademie, die aus der Zeil vor 1938 fortgeselzfe Förderung der liturgischen Bewegung und die Errichtung zahlreicher Institutionen zur Erfüllung kirchlicher und seelsorglicher Spezialaufgaben. Maßgebliche Förderung ließ Kardinal Innitzer dem Wiederaufbau des zerstörten Stephansdomes angedeihen, dessen Wiedereröffnung im Frühjahr 1952 einen der Höhepunkte in diesem letzten Jahrzehnt seines Wirkens darstellte. Mit dem Allgemeinen Oesterreichischen Katholikentag im September 1952, zu dem ihn der Heilige Vater als Kardinallegaten entsandte, erreichte der Wiener Oberhirfe auch persönlich den Höhepunkt eines vom Dienst an der Kirche und an den Menschen reich erfüllten Lebens.

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