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In Mosambik ist ein Wunder geschehen
Internationaler Druck schafft doch etwas: Mosambik, wo Versöhnung undenkbar schien, ist ein Beispiel friedlichen Wandels.
Internationaler Druck schafft doch etwas: Mosambik, wo Versöhnung undenkbar schien, ist ein Beispiel friedlichen Wandels.
Neunzehn Jahre lang zerfleisch-^ ten sich die Gegner und nie--L 1 mand mochte so recht glauben, daß der überaus grausame Bürgerkrieg in Mosambik, der zwischen 800.000 und 1,5 Millionen Tote verursacht haben soll, so einfach mit den Wahlen zu Ende gehen konnte (FURCHE 39 und 42/1994). Doch gerade das scheint der Fall zu sein. Vier Monate nach den Wahlen, die Joa-quim Chissano und der ehemaligen Staatspartei FRELJMO die Mehrheit brachten, herrscht Ruhe im Land. Ruhe bedeutet allerdings noch nicht volle Sicherheit - so manche Gruppe von einstigen Guerilleros hat sich in einfache Wegelagerer verwandelt. Das ist eine Erscheinung, die auch in Angola zu beobachten ist. Mit zwölf, dreizehn Jahren wurden viele Kinder in die Rebellenarmee der RENAMO gepreßt. Heute, Jahre später, ist der Umgang mit der Waffe alles, was sie gelernt haben. Familie haben sie meist keine mehr.
Zum Unterschied von den anderen ehemaligen portugiesischen Kolonien stammt der Konflikt zwischen RENAMO und FRELIMO nicht aus der Konkurrenz zwischen Tendenzen im Kampf gegen die Kolonialmacht Portugal. Alfonso Dhlakama war ursprünglich der Regleiter der rhodesischen Truppen, die nach der Unabhängigkeit Mosambiks versuchten, den Nachschub von Waffen für die Aufständischen des eigenen Landes zu unterbinden. Nach dem Ende der Herrschaft Ian Smiths und der Gründung Zimbabwes organisierte Südafrika die RENAMO, die „Nationale Widerstandsbewegung Mosambiks”.
All die Jahre hindurch führte die RENAMO einen äußerst grausamen Krieg gegen die Staatspartei. Diese war zu Reginn marxistisch und auf Moskau ausgerichtet. Angesichts der sowjetischen Versuche, als Entschädigung für Hilfe die Kontrolle über das Land zu bekommen, machte die FRELIMO einen ersten Schwenk in Richtung China. Als das auch nicht viel brachte, fand vor rund zehn Jahren die Öffnung zum Westen statt, mit
Aufgabe des Marxismus als Staats-doktrin. Unter dem Einfluß Muga-bes, des Präsidenten Zimbabwes, wurde die FRELIMO in eine „Mul-tipartei” verwandelt; also zwar weiterhin Staatspartei, aber mit dem Recht der Tendenzen auf weitgehende ideologische Unabhängigkeit.
wüten der renamo
In Zimbabwe konnte auf dieser Grundlage das Land befriedet werden. Ähnlich wie in Südafrika bei Buthelezi und Mandela gab es in Zimbabwe den Konflikt zwischen Mugabe und Nkomo, bei dem Spannungen zwischen Matabeles (verwandt mit den Zulus) und Schönas (verwandt mit den Xhosas) vom Ma-tabele Nkomo ausgenützt wurden. Die Matabele-Zulus, das Kriegervolk, herrschten stets über die Schönas. Die „Sklaven” unter Mugabe errangen allerdings über den Stimmzettel die Mehrheit im Parlament, eine für Aristokraten manchesmal auch anderswo empörende Situation. Es war die Mäßigung Mu-gabes, welche im Endergebnis eine friedliche Lösung des Konflikts ermöglichte. Von einer friedlichen Lösung schien bis ins Jahr 1994 hinein keine Rede in Mosambik zu sein. Angesichts der jahrelang von der RENAMO verübten spezifischen Art von Grausamkeiten, gegen die sogar Margret Thatcher heftig protestierte, schien Versöhnung fast undenkbar. Dhlakamas Truppe hatte gewütet wie die alten Sklavenjäger, ganze Familien „unfreundlicher” Dörfer umbringen lassen und die Kinder ab etwa zwölf Jahren in die eigenen
Guerillaverbände gezwungen. Erst der Druck von außen brachte einen Umschwung.
Es wird behauptet, seit der Aufgabe der Apartheid hätte der südafrikanische Geheimdienst aus den von ihm kontrollierten Schweizer Nummernkonten seiner diversen früheren Schützlinge alle noch vorhandenen Gelder abkassiert, also auch die Reserven der RENAMO. Falls das stimmt, ein harter Schlag, der allerdings von der internationalen Gemeinschaft mit rund 19 Millionen Dollar aufgewogen wurde. Doch dieses Geld wurde für den Zweck aufgebracht, die RENAMO unter der strikten Kontrolle der UNO-Speziali-sten in eine normale, zivile Partei umzugestalten. Daß es gelang, grenzt an ein Wunder.
Mörder und Diebe
Die Bewohner Maputos, der Hauptstadt, hatten sich noch lustig gemacht über die Wahl, die sie zwischen „Mördern und Dieben” hätten. Denn wie in all diesen Staaten mit Einparteienherrschaft hatte auch bei der FRELIMO die Korruption überhand genommen. Wiederum ist es der Druck von außen, der zusammen mit der inneren demokratischen Kontrolle helfen sollte, hier einigen Wandel zu schaffen.
Heute kann sich Mosambik endlich eingliedern in den Wirtschaftsraum, der sich über das ganze südliche Afrika entwickelt. Die Ressourcen Südafrikas, Zimbabwes, Mosambiks und dazu auch Zambias und Malawis ergänzen sich auf das glücklichste. Enorm viel bleibt zu tun, um die verwüsteten Gebiete wieder aufzubauen, die geistigen Wunden der überlebenden Rauern zu heilen.
So langsam das auch gehen mag, die Bevölkerungen Afrikas haben immer wieder gezeigt, daß sie imstande sind, wieder hochzukommen sowie Friede herrscht und der Bauer die Möglichkeit hat, das, was er sät, auch zu ernten.
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