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Israels arabische Minderheit

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Bei den Gewerkschaf tswahlen, die vor einigen Wochen, als Vorspiel zu den Parlamentswahlein, in Israel abgehalten wurden, erhielt „Eakach”, die nosfaautreue und arabischnationalistische, kommunistische Partei Israels 33 Prozent der arabischen Wähler. Diese Partei, die auch einige Dutzend jüdische Mitglieder hat’und offiziell als „bi-nationale Partei” geführt wird, erhielt bei den Gewerkschaftswahlen insgesamt etwas über 2 Prozent der. Wähler, von denen weniger als Vs Prozent jüdische Wähler waren. „Rakach” konnte ihre Wählerzahl bei diesen Wahlen gegenüber den vergangenen um zirka 60 Prozent erhöhen. Die meisten Wähler haben keine Ahnung, was Marxismus ist, noch wissen sie genau, was der Kommunismus darstellen soll. Es war hier mehr ein Protest gegen den Staat Israel, als eine Liebe für Moskau. Nach dem Sechstagekrieg änderte sich die Lage des israelischen Arabers, und jeder arabische Terrorakt gegen die israelische Zivilbevölkerung erschwert ihre Situation.

Die „offene Tür”

Leider versagte auch die israelische Regierung, die nicht fähig war, irgendeinen definitiven Beschluß für das Los der besetzten Gebiete zu fassen. Das einzige Positive war die „Politik der offenen Tür”. Ein richtiger Pendelverkehr zwischen den besetzten Gebieten und Jordanien wurde eingerichtet und bis auf den heutigen Tag fortgesetzt. Die Bevölkerung dieser Gebiete nahm in Ermangelung einer anderen Alternative gerne durch die „offene Tür” Instruktionen aus Jordanien und indirekt sogar aus Ägypten an. Die Entwicklung der verschiedenen Ter- rorongainisationen, die in Jordanien vielfach zu einer Regierung innerhalb einer Regierung wurden, führten auch dazu, daß die Terroranschläge langsam ein Faktor in den besetzten Gebieten wurden.

Nachdem es den Terrororganisationen gelungen war, einige Anschläge in Israel selbst durchzuführen, begann eine Verdächtigung gegen die arabischen Mitbürger Israels, denn es ist nicht immer leicht, sie von ihren Brüdern aus der Nachbarschaft zu unterscheiden. Es passierte, daß zum Beispiel aus den Autobussen Araber herausgeholt wurden, damit sie sich ausweisen und ihre Identitätskarte zeigen. Viele waren Einwohner der besetzten Gebiete, andere jedoch israelische Araber. Die jüdischen Mitreisenden änderten nach solch einer Kontrolle sofort ihr Verhältnis zu den arabischen Passagieren und sahen in jedem einen potentiellen Terroristen. Arabische Jugendliche, die vor dem Sechstage- krieg gerne ihre Freizeit in Tel Aviv — oft in jüdischer Gesellschaft — verbrachten, verzichteten darauf, denn vielfach sah man auch in ihnen potentielle Feinde, und das freundschaftliche Verhältnis wechselte nur allzuoft in feindliche Blicke — wenn nicht mehr — um. Die arabische Zivilverwaltung traute sich nicht von den Terrororganisationen zu differenzieren, denn es begann eine Welle politischer Morde, in denen die verschiedenen Terrororganisationen angebliche Kollaborateure mit Israel vielfach erschossen.

Die arabische Propaganda

Was durch Radio und Television aus den arabischen Staaten gesendet wird, sowie der Kontakt mit der traditionellen Führungsschicht in Cis- Jordanien begann nun Früchte zu tragen. Die ersten Ansätze einer fünften Kolonne innerhalb des Staates Israel wurden spürbar. Bis heute wurden von den 400.000 Arabern Israels nur 80 wegen Verdachts einer feindliche Haltung Israel gegenüber festgenommen.. Den wenigsten von ihnen konnte man eine Tat nachweisen, doch gab es bereits einige Terroraktionen. Am 28. Oktober dieses Jahres finden nun die Parlamentswahlen in Israel statt. Bei den vergangenen Wahlen veranstalteten die israelischen Parteien einen Wettlauf um die arabischen Stimmen. Dieses Mal haben sie darauf verzichtet. „Man vernachlässigt uns”, behaupten viele israelische Araber, „statt die arabischen Dörfer Israels weiter zu entwickeln, macht man nun alle Versuche, die Landwirtschaft in den besetzten Gebieten zu verbessern.”

Nun kommt auch das alte Lied der verletzten Ehre dazu. Die Einwohner der besetzten Gebiete sind auch heute noch überzeugt, daß in kurzer Zeit eine politische Änderung stattfindet. Entweder durch einen erneuten arabischen Krieg gegen Israel, der „selbstverständlich” mit einem arabischen Sieg enden wird, oder dank dem Drucke der Großmächte, der Israel zwingen soll, alle besetzten Gebiete zu verlassen. Die Pläne eines selbständigen palästinensischen Staates wurden von der israelischen Regierung nicht akzeptiert, weil sie, wie schon erwähnt, wegen innenpolitischen Differenzen zu keinem Entschluß fähig war. Nun spricht man von einer Rückkehr nach Jordanien. Allerdings werden auch die arabischen Brüder aus Israel in diese Gemeinschaft aufgenammen, und der Nationalismus der arabischen Jugend Israels steigt dauernd an. Hier geht es nicht nur um physisches Wohl, sondern auch um die Ehre, die durch den Brand der El-Aksa- Moschee noch mehr getreten wurde. Wenn früher die arabischen Araber zumeist von „unserem Staate Israel” sprachen, sagen sie heute: „Die Israelis müssen die besetzten Gebiete verlassen.” Damit meinen sie auch diejenigen von 1948.

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