6751188-1967_29_01.jpg
Digital In Arbeit

Jerusalem ohne Mauer!

Werbung
Werbung
Werbung

Wie soll da Friede werden? Diese Frage drängt stich einer ratlosen Welt auf, die — von welchem Standpunkt aus immer — die Entwicklung im Nahen Osten mit Unbehagen und wachsender Sorge 'beobachtet. Werden die letzten Dinge ärger sein als die ersten?

Die vom Kreml mit dem Einsatz aller propagandistischen Reserven erzwungene, mit Pauken und Trompeten eingeleitete Sondersitzung der UNO wird enden wie das Hornberger Schießen. Die entscheidenden Abstimmungen blieben ergebnislos, keines der beiden „Lager“ bekam für seine Resolution auch nur die einfache Mehrheit. Die Behauptung, das komme einer moralischen Niederlage der Sowjets gleich, war in dieser Lage ein fragwürdiger Trost. Man vertagte sich eine Woche lang in der Hoffnung, eine Kompromißformel zu finden, der Ost und West zustimmen könnten. Man fand sie nicht. Zwischen der Forderung nach Wiederherstellung des staitus quo ante, nach bedingungsloser Preisgabe der Positionen, die Israel in seiner Entlastungsoffensive errungen hat, und der Vorstellung, daß diese Faustpfänder nur gegen eine dauerhafte Friedensordnung im Nahen Osten, die Israels Existenz ein für allemal garantiert, einzutauschen seien, ist ein Kompromiß undenkbar.

Nur in dem Verlangen, Israel dürfe den Status von Jerusalem nicht verändern beziehungsweise müsse alle Maßnahmen, die auf ein fait accompli hinauslaufen, rückgängig machen, war sich die UNO mit großer Mehrheit gleich zweimal einig. Soweit es die Aufrechterhaltung der Teilung Jerusalems meint, ist aber auch 'dieses Verlangen unrealistisch, ja geradezu absurd. Hat die Welt nicht genug an der Mauer in Berlin? SoLl die widernatürliche Barriere zwischen einem israelischen und einem jordanischen Teil der Heiligen Stadt, mit Mascbinenge-wehrnestem und Heckenschützen armiert, im Zeichen einer Farce des „Friedens“ wieder aufgerichtet werden? So stellen es sich die Araber und ihr Anhang doch vor.

Anders verhält es sich mit dem alten Vorschlag zur Intemationalisie-rung Jerusalems, den das westliche Lager im Auge hatte, als es für die UNO-Resolutionen stimmte. (Ein Beweis mehr übrigens, wie problematisch zuweilen selbst diese scheinbaren, auf Kosten der klaren Formulierung und somit .aus völlig verschiedenen, wenn nicht gegensätzlichen Motiven zustande gebrachten „Mehrheiten“ der UNO sind.) Zum Fürsprecher einer solchen Lösung hat sich der Heilige Stuhl gemacht, und wenn nicht alle Anzeichen trügen, konnte Msgr. Felici, der Sonderbeauftragte Papst Pauls in Israel, zumindest beachtliche Teilerfolge aushandeln.

Jerusalem ist die Heilige Stadt dreier Religionen, des Christentums ebenso wie des Judentums und des Islam. Schon im ursprünglichen Plan zur Teilung Palästinas, von der UNO-Generalversammiung 1947 gebilligt, war daher vorgesehen, die Stadt und ihre Umgebung als „corpus separatum“, als eigenes Staatsgebilde, einer internationalen Regierung zu unterstellen. Daraus wurde aber nichts, denn die faktischen Grenzen entlang der Waffenstillstandslinie schnitten nach dem arabisch-israelischen Krieg auch Jerusalem entzwei. Nach dem dritten Palästinakrieg, dem Felidzug der fünfeinhalb Tage im vergangenen Juni, griff der Vatikan den Plan sofort wieder auf, „überzeugt davon“, dies sei „die einzige Lösung, die eine ausreichende Garantie für den Schutz Jerusalems und der heiligen Stätten bietet“.

Ob es dazu kommen wird, ist mehr als fraglich. Man muß auch den Standpunkt der Israelis verstehen, die vollendete Tatsachen schufen und die “ehemals jordanische Altstadt samt Umgebung in ihre Kommunal-verwaltung einbezogen. Für sie ist Jerusalem die natürliche Hauptstadt des Landes ihrer Väter, das sie nach fast 2000 Jahren zurückgewonnen haben. Die Lösung, die Msgr. Felici in Tel Aviv erreicht haben dürfte, scheint eher exterritorialen Status aller heiligen Stätten, auch jener des Islam, vorzusehen. Genaueres wird man vielleicht erst nach den Gesprächen Papst Pauls mit dem Patriarchen von Konstantinopel erfahren.

Am Suezkanal schweigen indes nicht einmal die Waffen, geschweige denn, daß eine Friedenslösung sich abzeichnete. Und der Flüchtlingsstrom, der sich aus dem Land westlich des Jordans nach Osten wälzt, verringert zwar die Minderheitsprobleme Israels, aber auch sein Prestige in der Welt. Die UNO hat einen einzigen Beschluß, der von Vernunft zeugt, durchgebracht, und den torpedieren — wie könnte es anders sein — die Ägypter: den Beschluß nämlich, UNO-Beobachter an beiden Ufern des Suezkanals zu postieren. Nasser jedoch beansprucht den ganzen Suezkanal für sich und sucht dadurch offenbar den Alptraum zu überspielen, daß im Juni die Panzer Dayans bis Kairo vorgerückt wären, hätte sie nicht die UNO gestoppt.

Wie soll da Friede werden? Der Ostblock hat auf einer Gipfelkonferenz in Budapest seine „Entschlossenheit bekundet“, alle denkbaren Anstrengungen „für die Wiederherstellung des Friedens im Nahen Osten zu machen“. Durch forcierte Wiederbewaffnung der Araber? Durch eine hysterische Propaganda gegen den „Aggressor Israel“? Durch „langfristige wirtschaftliche Zusammenarbeit“? Nur in letzterer Absicht liegt einige Hoffnung. Wenn Moskau diesen Hebel dazu benützt, die Araber zur Räson zu bringen, dann — ja dann könnte vielleicht die Zeit für den Frieden reifen. Doch die besseren Köpfe der Araber, die Klugen, Einsiahtsvollen, wie Burgiba, Hassan und Hussein, sind nicht Moskaus Partner. Moskaus Freunde sind die Unbelehrbaren, die Hitzköpfe, die Bankrottpolitiker: Nasser und Bou-medienne, Atassi und Aref. Sie sännen nach Rache und Krieg, auch wenn sie den „Frieden“ im Mund führten. Doch damit strapazieren.sie ihre Zunge erst gar nicht...

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung